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Nach dem Jahrhundertsturm, der vergangene Woche verheerende Naturschäden auf Mallorca angerichtet hat, ist ein politischer Streit um die Beseitigung der Folgen entbrannt. Orkanartige Windböen mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 130 Stundenkilometern haben allein auf der größten Baleareninsel über 113.000 Bäume wie Streichhölzer abknicken lassen oder vollständig entwurzelt.

Noch gravierender für die vom Tourismus abhängige Insel ist die Tatsache, dass im Norden Mallorcas zahlreiche Sandstrände vom aufgepeitschten Meer zum Teil massiv fortgespült wurden. Während Spaniens Umweltminister Jaume Matas (PP) die Strände rasch regeneriert – das heißt künstlich aufgeschüttet – wissen möchte, hat sich seine balearische Amtskollegin Margalida Rosselló (Grüne) strikt gegen eine solche Maßnahme ausgesprochen. „Die künstliche Aufschüttung der Strände ist eine seit 20 Jahren bestehende Praxis, die wir wegen ihrer hohen Kosten und gravierenden Folgen für das Ökosystem absolut ablehnen”, zitierte eine Sprecherin die Ministerin.

Das heftige Unwetter, das die Insel über eine Woche fest im Griff hatte, verabschiedete sich am vergangenen Freitag mit sintflutartigen Regenfällen und einem Hagelschauer, der zeitweise den Verkehr zum Erliegen brachte und die Sandstrände an der Playa de Palma mit einer weißen Eisschicht überzog. Die Unwetter-Bilanz fällt so schlimm aus wie seit mindestens 50 Jahren nicht mehr: Vier Menschen kamen zu Tode, zahllose Inselbewohner mussten tagelang ohne Strom ausharren, etliche Straßen, Hafenanlagen und Uferpromenaden wurden zerstört. In zahlreiche Häuser drang Wasser ein, nachdem Torrentes wie in Sóller über die Ufer getreten waren. Gewächshäuser und landwirtschaftliche Anbauflächen sowie die Kartoffelernte in Sa Pobla wurden verwüstet.

Zur Beseitung der Schäden stellten die Balearen-Regierung und Madrid Hilfen von insgesamt über zehn Milliarden Pesetas (117'5 Millionen Mark) in Aussicht. Der Govern will mit rund 7'9 Milliarden Pesetas (92'9 Millionen Mark) den Löwenanteil aufbringen. Spaniens Umweltminister Matas steuert 2'2 Milliarden Pesetas bei, die dem Aufbau der zerstörten Infrastruktur an den Küsten dienen sollen.

Der auf Mallorca beheimatete Matas zeigte sich zuversichtlich, dass die Arbeiten noch vor Beginn der Sommer-Saison abgeschlossen sein werden. Der Politiker stieß damit in das Horn der Hoteliers, die angesichts der geschrumpften Strände um Sommergäste fürchten. Bis zu neun Meter hohe Wellen hatten an den Playas im Norden ganze Strandabschnitte ins Meer gerissen. Zwischen Can Picafort und Port d'Alcúdia fraßen sich die Brecher stellenweise bis zu zehn Meter weit ins Land hinein. Der Verlust an Ufersubstanz führte dazu, dass der Stadtkern von Can Picafort dem nächsten Sturm vollkommen schutzlos ausgeliefert daliegt.

Die Federführung zur Sanierung der Strände liegt in erster Linie beim Umweltministerium in Madrid und der ihm unterstellten Küstenbehörde, sagte die Pressesprecherin des balearischen Ministeriums. Die balearische Behörde habe zu jedem einzelnen Vorhaben eine Stellungnahme zu erarbeiten, deren Ergebnis aber für Madrid nicht bindend sei. „Noch ist bei uns kein einziges Projekt zur Prüfung eingegangen.”

Angesichts der unterschiedlichen Auffassungen der beiden Umweltminister über die Vorgehensweise zur Strandsanierung ist der politische Streit zwischen Madrid und Mallorca vorprogrammiert. Das balearische Ministerium plädiert bekanntlich für die zwar langwierige, aber natürliche Regenerierung der Playas durch Wind und Wellen samt der Rückhaltung der Sandkörner etwa durch Röhricht-Pallisaden.

Ärger steht Rosselló auch angesichts der Unmengen an Bruchholz ins Haus. Mallorcas Politiker sind sich einig, dass das Bruchholz so rasch wie möglich aus den Wäldern zu schaffen ist, um im Sommer Brände und Insektenplagen zu vermeiden. Da der Holzmarkt gesättigt ist, will der sich für zuständig haltende mallorquinische Inselrat die Stämme ins Ausland verkaufen. Dagegen reklamiert der Govern die Kompetenzen für sich. Im Laufe der kommenden Tage will Umweltministerin Rosselló Verhandlungen mit staatlichen Holzverarbeitungsbetrieben aufnehmen, um eine inländische Lösung für das Bruchholz zu finden.

Umstritten ist auch die Frage der Wiederaufforstung. Während sich etwa die Hoteliers für Neuanpflanzungen stark machen, setzt Rosselló auf die Kräfte der Natur. Dem Unterholz solle neuer Wald entsprießen.