A m Montag um neun war für die Spieler von Fußball-Erstligist
Real Mallorca der Urlaub vorbei. Zum Aufgalopp für die nächste
Saison bat mit Bernd Krauss ein deutscher Trainer. Vor der Abreise
ins Trainingslager, am Samstag geht's nach Kössen (Österreich),
sprach MM mit dem Fußball-Lehrer.
MM: Die erste Trainingseinheit ist vorbei. Wie war das
Gefühl?
Krauss: Sehr gut. Ich hatte mir zwar nach Dortmund selbst ein Jahr
Pause verordnet und habe bewußt keinen neuen Verein übernommen,
obwohl es die Möglichkeit dazu gegeben hätte. Aber auf dem Platz zu
stehen und mit einer Mannschaft zu arbeiten, das habe ich schon
vermisst.
MM: Am Freitag sind Sie angekommen, bleibt das Hotel Ihr
Domizil?
Krauss: Nein, auf keinen Fall. Wir haben uns schon zwei Wohnungen
am Paseo Marítimo angesehen, aber da ist es doch ziemlich laut. Ich
möchte auf jeden Fall nicht zu weit vom Trainingsgelände wohnen.
Aber ist die Stadt ja nicht so groß. Und sie gefällt uns gut
schließlich waren wir noch im März auf Urlaub hier.
MM: Hauptwohnsitz bleibt aber Mönchengladbach?
Krauss: Ja, sicher. Man muss in diesem Beruf einen Anlaufpunkt
haben. Und meine Frau ist aus Gladbach, ich war zwölf Jahre dort.
Außerdem haben wir noch ein Haus in St.Jean de Luz, an der
spanisch-französischen Grenze. Da muss man sehen, was wird.
MM: Mit Co-Trainer Schorsch Dreßen haben Sie einen zweiten
Deutschen mitgebracht.
Krauss: Weil das passte. Wir haben noch zusammen bei Borussia
gespielt, als Co-Trainer in Gladbach ist er '95 mit mir zusammen
Pokalsieger geworden. Wir verstehen uns blind. Außerdem macht er
hier regelmäßig Urlaub, kennt die Insel. Das passt einfach.
MM: Wie ihr Kader genau aussehen wird, ist noch nicht klar. Ob
Samuel Eto'o kommt, ist ungewiss, eventuell werden noch Spieler
verkauft. Wie können Sie da planen?
Krauss: Ich gehe davon aus, dass der Kader so bleibt wie er ist
und dass auch Eto'o bleibt. Natürlich haben wir ein Problem auf der
linken Abwehrseite, aber mit Neuverpflichtungen kann ich jetzt
nicht mehr rechnen. Aber ich habe Vertrauen in diesen Kader.
MM: Real Mallorca hat immer wieder die besten Spieler verkauft,
um wirtschaftlich zu überleben. Reicht das für die Champions
League?
Krauss: Dafür müssen wir uns zunächst einmal qualifizieren. Wichtig
ist, dass der Stamm der Elf bleibt. Sechs oder sieben Spieler zu
integrieren, das wäre jetzt schwierig, weil nur drei Wochen Zeit
sind bis zum wichtigen Qualifikations-Spiel.
MM: Über Trainertypen wird viel diskutiert. Wie sehen Sie
sich?
Krauss: Ich lache gern, aber ich haue auch dazwischen. Die Leute
sollen mit Spaß bei der Sache sein. Ich versuche, ein gutes
Arbeitsklima herzustellen. In Gladbach haben mich die Spieler
geduzt, weil ich mit den meisten noch gespielt habe. Trotzdem
hatten wir viel Erfolg. Als sie mich in San Sebastian dann „Mister”
genannt haben, hab' ich mich anfangs immer umgeschaut, ob da noch
einer hinter mir steht.
MM: Was unterscheidet deutsche und spanische Profis?
Krauss: Die Einstellung der Spieler ist hier viel besser. Wenn es
hier heißt „laufen”, dann laufen sie und diskutieren nicht. Das ist
in Deutschland anders.
MM: Wie sieht es mit dem Spielsystem aus?
Krauss: Hier ist der Fußball technischer, es wird mehr im Raum
gedeckt. Letztlich muss man sehen, was die Mannschaft kann. Als ich
in Gladbach mit der Viererkette anfangen wollte, gab es große
Bedenken bei den Spielern, letztlich hatten wir damit Erfolg.
MM: Was die Clubs angeht, da ist die Kluft zwischen reich und
arm noch wesentlich ausgeprägter.
Krauss: Sicher, aber ein Verein wie Real Madrid muss halt jedes
Jahr einen absoluten Star wie Zinedine Zidane holen. Das erwartet
man eben von denen. Wie lange solche Summen noch gezahlt werden
können, das ist eine andere Frage. Da müssen wir eben als
Mannschaft dagegenhalten. Real Mallorca hat zuletzt vor Barcelona
gestanden. Und in San Sebastian waren wir am Saisonende vor Real
Madrid.
MM: In San Sebastian haben Sie anfangs noch mit Dolmetscher
gearbeitet, jetzt geht's ohne. Ist die Sprache noch ein
Problem?
Krauss: Ich will mich zwingen, obwohl ich kein Professor bin. Im
letzten Jahr habe ich noch Spanisch-Unterricht genommen, das war
gut so. Jetzt klappt es schon viel besser mit der
Verständigung.
MM: Wie hat Ihre Frau Andrea den neuen Job aufgenommen? Bleibt
gemeinsame Freizeit?
Krauss: Welche Freizeit? Kaum, denn irgendwie ist man immer bei der
Mannschaft. Aber das ist zwischen uns geregelt. Sie nimmt mir alle
Dinge ab, die nichts mit dem Fußball zu tun haben. Auf Mallorca
freut sie sich, schließlich hat sie Französisch und Spanisch
studiert.
MM: Von der Öffentlichkeit fühlen Sie sich gut
aufgenommen?
Krauss: Ja, ich habe mit der Presse eigentlich nie Probleme gehabt,
selbst in Dortmund nicht. Geärgert haben mich einige Schlagzeilen
in Deutschland, wie „Krauss trainiert die Ballermänner”. Viele
haben wohl gar nicht mitbekommen, dass Real Mallorca um die
Champions- League-Qualifikation spielt. Die denken wohl, ich
trainiere hier eine Theken-Mannschaft. Außerdem lebt doch diese
Insel von den Gegensätzen. Gegen diese üblichen Vorurteile werde
ich kämpfen. Es wird sicher kein Bild mit mir am Ballermann geben.
(ma)
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