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Das Thermometer an der roten Ampel zeigt 32 Grad Celsius. Es wird ein heißer Tag. Ich habe den ersten Termin, dann den zweiten. Ich hetze, um meine Fotos entwickeln zu lassen, spurte für ein paar Einkäufe durchs El Corte Inglés. Dann noch ein kurzer Sprung in die Redaktion. Es ist knapp 14 Uhr und mittlerweile wahnsinnig heiß.

Ich fahre nach Hause, in mein Büro. Ein Blick auf das, was noch bearbeitet werden muss und deshalb die Gewissheit: alles erledigt.
Meine Schlussfolgerung: Siesta. Im Schlafzimmer, bei geschlossenen Läden. Kühl und ruhig. Von draußen kommt nur das Summen der Zikaden. Im Chor. Einige höher als andere, in unterschiedlichem Rhythmus. Ihr Gesang dringt in Wellen, in unaufhörlichem Auf und Ab in mein Ohr. Ich werde schläfrig.

Es ist die Stunde des Pan, jenes kleinen Ungeheuers mit Bocksbeinen und Hörnern, über den die griechische Götterwelt schon immer herzlich lachen musste. Homer hat darüber berichtet. Der Sohn des Götterboten Hermes und einer Nymphe stammte aus Arkadien, wurde zum Gott der Hirten. Er soll hässlich und geil gewesen sein. Um seinen Nachstellungen zu entgehen, wurde die Nymphe Syrinx in ein Schilfrohr verwandelt. Daraus soll sich Pan eine Flöte geschnitzt haben. In der sommerlichen Stille des Mittags verbreitete er damit ,,panischen Schrecken”. Ein grundloser Schrecken, denn böse war er nicht, nur ein bisschen boshaft.

Die Grillen zirpen wie Pan auf seiner Flöte. Mich befällt keinerlei Schrecken. Ich schlafe ein. Nach einer Stunde bin ich frisch und bereit zu neuen Taten. Die Siesta, so haben Ärzte herausgefunden, soll für Körper und Seele gesund sein. Man sei bei regelmäßigem Mittagsschlaf weniger krankheitsanfällig und ausgeglichener.

Früher gehörte die Siesta zum spanischen Alltag. Zwischen 14 und 16 Uhr lag die Welt brach. Heute halten laut einer Umfrage des Madrider Institutes für Schlafforschung nur noch dreizehn Prozent aller Spanier regelmäßig Siesta. Und bei Pan sei's geklagt: Ich gehöre leider nicht dazu.