Das Gesicht von Städten ändert sich mit den Jahreszeiten, sogar
mit den Tageszeiten. Palma ist besonders schön an einem frühen
Sommermorgen. Oder am Abend, wenn die Hektik des Tages langsam
nachlässt, wenn die Stadt sich aber noch nicht endgültig zur Ruhe
begeben hat.
Es ist ein großes Vergnügen, zwischen 19 und 20 Uhr in einem
Café zu sitzen und zu schauen. Auch, wenn die Baumaschinen, die zur
Zeit fast überall in Palma zu finden sind, mit lautem Getöse zum
letzten Mal für diesen Tag Erde verschieben, baggern, bohren,
Asphalt aufschütten. Als wollten sie noch schnell nachholen, was
sie vielleicht über Tag versäumt haben. Doch irgendwann bringen die
Bauarbeiter die Absperrungen wieder in die rechte Position und
gehen nach Hause.
Über die Plaça Eulalia schlendern um diese Zeit viele junge
Leute, die aus der Hochschule für Tourismus kommen. Eltern, die
ihre Kinder aus den umliegenden Schulen abgeholt haben, legen einen
Stopp in der Bar ein. Ein kleiner Junge präsentiert voller Stolz
die Zeichnung, die er gemacht hat, ein anderer zeigt seinem Vater
Noten von Kinderliedern und gibt ein paar Kostproben. Seine Stimme
ist laut und fröhlich. Manche Passanten haben es eilig, sie
erledigen noch die letzten Einkäufe. Ein sehr soignierter Herr
betritt eine Parfümerie und kommt mit einem smarten Päckchen – und
einem leisen Lächeln – wieder heraus. Ein Geschenk für jemanden,
den er mag?
Wohl gekleidete Damen mit frisch ondulierten Haaren und
perfektem Make–up sitzen in den Cafés und sind vor allem bestrebt,
gut auszusehen. Reden sie über die Kinder, über die Nachbarin, über
den neuesten Klatsch?
Einige Touristen kommen vorbei. Sie wirken unschlüssig. Zurück
ins Hotel oder in der Stadt bleiben? Sie sind eindeutig hier nicht
zu Hause.
An einer Straßenecke fällt sich ein junges Paar in die Arme; die
beiden waren einen ganzen langen Tag getrennt. Ein leichter Glanz
umhüllt sie. Ein Vorgeschmack auf die kommende Nacht?
Ein paar junge Männer sind schon für den Abend aufgestylt und
lassen Muskeln spielen. Antonio Banderas lässt grüßen.
Noch ist die Stadt in Sonnenlicht getaucht, doch alles wirkt
milder. Die Steine der Häuser bekommen einen sanften Schimmer. Ist
es noch Tag oder ist schon der Abend da? Es ist die Stunde zwischen
Tag und Traum.
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