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Zur Person: Celestí Alomar
Der 52-jährige Sozialist ist seit 1999 Tourismusministers der Balearen. Der studierte Geograph und Historiker (verheiratet, zwei Kinder) war vorher Pressechef der spanischen Staatskanzlei und beim spanischen Rundfunk (RTVE), Ibatur-Direktor, Staatssekretär im balearischen Tourismusministerium und im spanischen Wirtschaftsministerium.

MM: Sie wollen laut „Focus” den Ballermann in drei, vier Jahren beseitigen?
Alomar: Den Ballermann habe ich erwähnt, aber nie gesagt, dass wir ihn beseitigen wollen.

MM: Was hat es mit der geplanten Reduzierung des Pauschaltourismus auf 20 Prozent auf sich?
Alomar: Ich habe nie Zahlen genannt. Jeder, der von Tourismus etwas versteht, weiß, dass es nicht in der Macht einer Regierung steht, in den Markt einzugreifen und den Anteil der Pauschalreisenden zu senken. Wie man darauf kommen kann, dass wir den freien Personenverkehr europäischer Bürger behindern wollen, ist mir unerklärlich.

MM: Viele deutsche Pauschaltouristen fühlen sich jedenfalls zurückgewiesen.
Alomar: Wir arbeiten doch dafür, dass die vier Millionen deutschen Besucher hier so glücklich wie möglich sind. Ich hatte die Hoffnung, dass „Focus” helfen könnte, diese positive Nachricht zu verbreiten. Leider ist genau das Gegenteil herausgekommen.

MM: Es heißt, die Regierung wolle Qualitätstourismus: mehr Golftouristen, Naturliebhaber, Kultururlauber und Individualreisende. Da ist es kein Wunder, wenn sich der gewöhnliche Pauschaltourist auf Mallorca nicht mehr willkommen fühlt.
Alomar: Ich habe schon oft gesagt, dass Qualität nichts mit der Zahl der Sterne zu tun hat. Qualität ist, wenn der Kunde zufrieden ist.

MM: Vielleicht ist der Eindruck entstanden, dass Qualität gleich Luxus ist, weil eine balearische Regierung, die sich Fortschrittspakt nennt, mit einem sozialistischen Ministerpräsidenten und einem sozialistischem Tourismusminister, Werbung für Golf macht, den einfachen Familienurlauber aber ignoriert. Der Ballermann-Tourist entspricht vielleicht eher der klassischen Wählerschaft der Sozialisten.
Alomar: Das ist ein veraltetes Vorurteil. Ich kenne viele Sozialisten, die Golf spielen, und viele Konservative, die lieber Bier trinken. Was wir Sozialisten wollen, ist den Marktbedingungen mit den bestmöglichen Voraussetzungen zu entsprechen. Dafür muss das Produkt stimmen, auch außerhalb des Hotels. Der Besucher muss das tun können, was er möchte. Dafür braucht der Wanderer Wege, der Golfer Plätze, der Geschäftsreisende Kongresszentren, der Shopper Geschäfte und so weiter. Im Bereich Urlaubstourismus sind wir Marktführer, in anderen Bereichen nicht. Also müssen wir dort besonders viel tun.

MM: Es wird viel diskutiert – könnte es sein, dass man sich auf den Balearen kaum bewusst ist, welchen Niederschlag jede Äußerung, jede Nachricht, in deutschen Medien hat?
Alomar: Während vieler Jahre gab es keine öffentliche Debatten. Seit wir vor zwei Jahren die Regierung übernommen haben, hat sich das stark gewandelt. Das spiegelt sich in den Medien wider. Gesellschaftlich gesehen ist das positiv, auch wenn es in der Tourismusbranche deswegen manchmal Probleme gibt. Die Tatsache, dass wir das bevorzugte Urlaubsziel sind, führt auch dazu, dass wir bevorzugtes Thema in den Medien der Länder sind, aus denen die meisten Touristen kommen. Mit allem Vor– und Nachteilen: Es gibt schlechte Nachrichten, aber auch viele gute.

MM: Sogar Regierungsmitglieder haben sich dafür ausgesprochen, den Verkauf von Immobilien an Ausländer einzuschränken. Glauben Sie nicht, dass Urlauber den Eindruck bekommen, dass Deutsche auf Mallorca nicht mehr willkommen sind?
Alomar: Die Regierung hat davon nie gesprochen.

MM: Umweltminister Grosske hat sich so in der Öffentlichkeit geäußert. Halten Sie das für sensibel?
Alomar: Jeder kann seine Meinung frei äußern. Die Regierung hat das nie geplant. Die Ziel ist, das Land vor zu viel Bebauung zu schützen. Das gilt für alle: Mallorquiner, Spanier, Franzosen, Engländer, Deutsche.

MM: Das müssen Deutsche nicht wissen, wenn sie Grosskes Äußerung lesen.
Alomar: Unsere Zuneigung zu den Urlaubern steht außer Zweifel. Wir schützen unser Land auch gegen die eigenen, persönlichen Interessen. In meiner ersten Abstimmung im Kabinett habe ich für einen Baustopp in einem Gebiet votiert, wo ich jetzt selbst nichts mehr bauen darf. Das macht mir nichts aus, denn das Gemeinwohl muss über dem Eigenwohl stehen.

MM: Thema Ökosteuer für Touristen. Es war klar, dass die deutschen Medien darauf anspringen würden. Hätte man diese Politik von Ihrer Seite aus nicht von Anfang an besser kommunizieren müssen, gerade auch im Ausland?
Alomar: Ich bin davon überzeugt, dass die Ökosteuer zu den Vorhaben der Regierung gehört, die von den Menschen am besten verstanden werden. Dazu gibt es Umfragen, eine neue werden wir in Kürze veröffentlichen. Es geht darum, die Umwelt und damit die Lebensqualität für alle, Einwohner und Besucher, zu verbessern.

MM: Sind Sie meiner Meinung, dass die bittere Debatte zwischen Hoteliers und anderen Unternehmern auf der einen und der Regierung auf der anderen Seite dem Image Mallorcas geschadet hat?
Alomar: Da spielen wirtschaftliche Interessen eine Rolle. Die daraus resultierende Debatte schlägt sich in der Presse nieder, dabei ist das Bild in der Tat manchmal negativ. Ich bin davon überzeugt, dass die Maßnahmen, die mit den Einkünften aus der Ökosteuer finanziert werden, unser größtes Kapital sein werden, um künftig für die Balearen zu werben. Mit einer kleinen Anstrengung aller werden wir einen großen Schritt nach vorne in Sachen Respekt gegenüber der Umwelt, dem Kulturerbe und der Gesellschaft in einem Urlaubsziel machen.

MM: Anstrengung aller? Die Ökosteuer sollen nur Urlauber zahlen, die in Hotels absteigen.
Alomar: Sie dürfen nicht vergessen, dass alle anderen schon für die großen Anstrengungen im Bereich der Müllentsorgung, der Bildung, dem Sozialwesen, der Wasserwirtschaft, der Infrastrukturen aufkommen. Deswegen setzen wir alles daran, nicht nur, aber auch mit den zusätzlichen Einnahmen der Ecotasa, die Balearen langfristig zu dem zu machen, was sie schon heute sind: die beliebteste Ferienregion in Europa.

MM: Ihr Ministerium und das für Umwelt haben Projekte vorgestellt, die durch die Ökosteuer finanziert werden sollen. Mit diesen Plänen sind sie locker 20 oder 25 Jahre beschäftigt. Welche Prioritäten setzen Sie?
Alomar: Nach dem Gesetz wird es eine Kommission von Vertretern der beteiligten Ministerien geben, die die Prioritäten festlegen wird. Für die Projekte, die nicht aus diesen Mitteln finanziert werden, werden von Fall zu Fall andere Finanzierungsmöglichkeiten gesucht.

MM: Das spanische Verfassungsgericht wird wohl die geplante Klage der Zentralregierung zulassen. Damit wäre das Projekt sicher sechs Monate gestoppt, wahrscheinlich bis zu einem Urteil, was vier, fünf Jahre dauern kann.
Alomar: Die Möglichkeit besteht. Wir werden sehen, was das Verfassungsgericht macht. Wir sind aber sicher, dass das Gesetz der Verfassung entspricht.

MM: Wenn das Gesetz auf Eis gelegt würde und keine Einnahmen flössen – was dann?
Alomar: Dann werden wir dennoch investieren.

MM: Was wollen Sie unternehmen, um das Image der Balearen in Deutschland zu verbessern?
Alomar: Wir sprechen weiter mit deutschen Medien. Wir sind dabei, eine Informationskampagne durchzuführen. Ich glaube, dass das Image besser wird, wenn Projekte fertig sind, wie die Radwege in Llucmajor oder die Wanderwege auf Menorca. Das sind gute Nachrichten, die unsere Politik verdeutlichen.

MM: Wie weit sind die Pläne gediehen, in Berlin eine balearische Vertretung zu eröffnen?
Alomar: Wir sind dabei, Räume zu mieten.

MM: Wann soll Eröffnung sein?
Alomar: Zur ITB im März 2002.

Mit Celestí Alomar sprach Michael Blum