Die Vorabmeldung des Nachrichtenmagazins „Focus” hat am
Wochenende in Deutschland für Riesen-Wirbel gesorgt. Unter Berufung
auf den balearischen Tourismusminister Celestí Alomar (PSOE)
berichtet das Blatt, dass der Anteil der Pauschalurlauber auf 20
Prozent gesenkt werden solle, den Ballermann werde es in wenigen
Jahren nicht mehr geben, Sauftouristen müssten sich ein anderes
Ziel suchen.
Begierig nahmen deutsche Medien den Ball auf, viele spielten ihn
weiter. „Mallorca, du Undankbare” kommentierte die „Berliner
Zeitung” Alomars Plan, noch schönere, noch reichere und noch
umweltschonendere Urlauber auf die Insel zu locken. Der NDR 2
scherzte, Besucher müssten einen Golf-Test absolvieren („Was ist
ein Birdie?”), bevor sie auf die Insel dürfen.
Unter dem Strich: Schlechte Presse für Mallorca. „Der
Imageverlust für Mallorca ist immens”, spricht Gudrun Borgards,
Bereichsleiterin Spanien beim Reiseveranstalter TUI, der
Tourismusbranche aus der Seele. „Als wir das gelesen haben, sind
wir hier fast umgefallen, waren empört und entsetzt”, so die
Direktorin, die viele Jahre selbst auf Mallorca lebte. In einem
Jahr, in dem die Buchungen für das Urlaubziel Nummer eins eher
schleppend eingingen, könnten solche Berichte enormen Schaden
anrichten, „und dass, wo sich die Zahlen wieder nach oben
bewegen.”
Minister Alomar, der so sehr gehofft hatte, mit einem Interview
im „Focus” seine Politik in einem positiven Licht darstellen zu
können, wurde bitter enttäuscht. „Ich habe das nie gesagt”,
dementierte er die „Focus”-Meldung umgehend. In einem Brief an
„Focus”-Chefredakteur Helmut Markwort fordert er eine
Richtigstellung.
Selbst wenn die kommen sollte – das Echo im deutschen
Blätterwald wird darauf bedeutend geringer ausfallen als auf den
Knall der Vorabmeldung. Damit ist der Imageschaden, nach den Worten
der Pressesprecherin eines großen Tourismusunternehmens handelt es
sich um einen „PR-GAU”, nicht so schnell wieder gut zu machen.
Dabei wäre er, zumindest in diesem Fall, relativ leicht zu
vermeiden gewesen. „Der Autor des ,Focus'-Beitrages ist in der
Branche hinlänglich bekannt”, so ein Mitglied der Chefetage eines
Reiseveranstalters, „da darf man nicht so blauäugig sein und ein
positives Interview erwarten”. Alomar hätte darauf bestehen, nicht
nur anbieten müssen, das geplante Interview vor dem Abdruck zu
autorisieren.
Mehr als zwei Stunden, so bestätigen Alomar und der Autor des
Beitrages, habe man miteinander gesprochen. Dass es nicht zum
Abdruck eines Interviews kam, war Künstlerpech: Kurz vor dem Abflug
nach München wurde dem Redakteur der Mietwagen aufgebrochen, das
Aufnahmegerät mit dem Mitschnitt gestohlen. „Deswegen habe ich
daraus kein Inverview im Wortlaut gemacht.”
Die Äußerungen des Ministers, so der Journalist, seien jedoch so
gefallen, er habe sich die „Kernaussagen” während des Interviews
notiert, der Block sei nicht abhanden gekommen. Deswegen habe er
auch keine Veranlassung, den Bericht oder Teile davon
zurückzunehmen.
Dass Minister Alomar keine Zahl genannt habe, auf die der Anteil
der Pauschaltouristen gesenkt werden sollte, bestätigt er immerhin.
„Aber er hat mir mit fünf Kästchen aufgezeichnet, aus welchen
gleichbedeutenden Segmenten der balearische Tourismus künftig
bestehen soll: Golftourismus, Kulturtourismus, Individualtourismus,
Naturtourismus – und das fünfte Kästchen war Pauschaltourismus.”
Fünf gleichbedeutende Segemente, nach Adam Riese also je 20
Prozent.
„Einen mittleren Lachanfall” hat Klaus Laepple, Präsident des
Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verbandes (DRV) bekommen,
als ihn der Focus-Redakteur mit der Aussage konfrontierte. Lothar
Buss, Bereichsvorstand bei C&N (Condor/Neckermann) meint, „dass
kann Alomar gar nicht gesagt haben”. Schließlich können auch Golf–,
Natur– und Kulturtouristen als Pauschalreisende unterwegs sein.
So zieht der Focus-Autor nach mehrmaligen Nachfragen die
Möglichkeit eines „Übersetzungsfehlers” in Betracht. Der
Ressortleiter Reise einer der größten deutschen Tageszeitungen
sieht das anders: „Er hätte es besser wissen müssen”, ein
Touristik-Manager: „Seit Jahren schreibt er über die Reisebranche,
da hätte er nachfragen müssen.”
Da das Kind in den Brunnen gefallen ist, werden die Forderungen
der deutschen Reiseunternehmen nach einer Image-Kampagne der
Balearen-Regierung immer lauter. „Professionelle Hilfe” solle sich
Alomar suchen, heißt es unisono.
Wie ernst Alomar diesen Ruf nimmt, wird sich in den nächsten
Wochen zeigen. Gegenüber den deutschen Partnern hat man
entsprechende Bemühungen angekündigt, andererseits sehen die
Besucherstatistiken für die Balearen relativ gut aus. Der deutsche
Markt schwächelt zwar deutlich, wird aber vor allem aus
Großbritannien, Skandinavien und dem spanischen Festland weitgehend
ausgeglichen.
Was für die deutschen Touristikunternehmen kein Trost ist.
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