Die Chronik des angekündigten Untergangs begann im Jahr 1984.
Damals musste Bernat Balaguer sein Traditionsrestaurant Oriente Can
Tomeu an der Plaza Pio XII. (heute Plaça Rei Joan Carles)
schließen. Der Grund: der Hauseigentümer vergab die Lizenz an einen
lukrativeren Partner. McDonald's öffnete bald darauf hier die erste
Filiale auf Mallorca.
Can Tomeu war schon damals eine Institution. Aus allen Teilen
der Insel kamen Kunden und Gäste. Vor allem der Paella wegen, die
in ihrer Variante ,,Ciega” (Ciega = blind, d.h. ohne Knochen oder
Gräten) Berühmtheit erlangt hatte. Außerdem speiste hier, wer auf
Mallorca Rang und Namen hatte: Politiker, Honoratioren,
Journalisten, Wissenschaftler. In ganz alten Zeiten wurden hier
sogar noch ,,Tertulias” abgehalten, jene intellektuellen
Gesprächsrunden, bei denen meist ein bestimmtes Thema vorbereitet
war.
Als Can Tomeu geschlossen wurde, klagten die Palmesaner und
schimpften. Irgendwann aber fügten sie sich in ihr Schicksal, zumal
Can Tomeu bald in neuen Räumen unter neuem Namen, aber unter
gleicher Leitung wieder eröffnete. Geradezu nahtlos ging Can Tomeu
in das neue Restaurant ,,Es Parlament” über, das seinen Namen aus
seinem neuen Standort ableitete: dem Parlament.
Tertulias waren hier nicht mehr möglich, aber die Paella war so
gut wie zuvor, und die Gäste blieben die gleichen: Politiker,
Honoratioren, Journalisten. Das Restaurant war und blieb eine
Nachrichtenbörse. Hier traf man, wen man treffen wollte, hier
erfuhr man, was zu erfahren war. Die Kellner waren die gleichen.
Sie wussten um Vorlieben und Abneigungen, sie waren eisern
verschwiegen. Und als Tomeu Balaguer ein wenig älter wurde, war es
völlig logisch und klar, dass ein Sohn Guillermo die Leitung
übernahm.
Jetzt wird das Restaurant vermutlich schließen müssen. Das
Parlament als Hauseigentümer hat dem Parlament als Restaurant die
Lizenz nicht verlängert, sie statt dessen an die Firma Francina
Hotels vergeben. Gründe für die Entscheidung wurden bisher noch
nicht angegeben.
Die Gründe sind eigentlich auch unwichtig. Fest steht, dass
eines der letzten traditionsreichen Etablissements schließen wird.
Mit dem Verschwinden von Bars wie Miami oder Formentor musste man
sich längst abfinden. Vielleicht hat die Chronik des Untergangs
schon vor 1984 begonnen.
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