Alte Türen, ein ansehnlicher Kirchturm, Katzen und nochmals Katzen: Ses Salines bietet Ruhe fürs Gemüt. | Ingo Thor

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Der Ort ist so ungeheuer klein ... Weniger als drei Minuten dauert es, Ses Salines auf der Ma-6100 im Auto zu durchqueren. Der Blick auf den mit Betonfliesen belegten Rathausplatz ist fast das Einzige, was diejenigen mitbekommen, die nicht in dem Dorf im Südosten Mallorcas anhalten. Dazu zählen auffallend viele auffallend saubere Autos mit deutschen Nummernschildern, die der MM-Emissär in nur wenigen Minuten von einer Bank aus auf der Hauptstraße erspäht.

Dabei lohnt es sich, sich in Ses Salines ein paar Stunden aufzuhalten, etwa die Sant-Jordi-Kirche und Gebäude aus Marès-Stein zu beäugen! Schreitet man auf der Hauptstraße, so saugt man innerhalb von Sekunden die Essenz des vor genau 100 Jahren zur Gemeinde geadelten Ortes in sich hinein: Wiewohl das angenehm trutschig-spanische Gestern mit Stühlen am Straßenrand, Losverkäufern und schwätzenden bis krakeelenden Gästen im rustikalen Niedrigpreis-Café „Ca Na Moreneta” durchaus weiter präsent ist, ist das auf Ausländer ausgerichtete schicke Heute unübersehbar.

Alte Türen, ein ansehnlicher Kirchturm, Katzen und nochmals Katzen: Ses Salines bietet Ruhe fürs Gemüt. Fotos: it

Die Restaurants „Cassai” und „Es Magatzem, Fat y Salat” richten sich mit hellem und aufgeräumtem Interieur an das Latte-Macchiato-Publikum, das in schnittigen Cabriolets und jeepartigen Gefährten mit deutschen oder österreichischen Nummernschildern durch den Ort fährt und zuweilen auch anhält. Die Mittvierzigerin aus Hamburg-Uhlenhorst, die ohne vegane Pizza nicht leben kann, wird in Ses Salines ebenso zufriedengestellt wie der Anwalt oder Skilehrer vom Ammersee, der wie zuhause Aperol Spritz konsumieren will.

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Feinschmecker müssen sich noch bis Februar gedulden, wenn das inselweit bekannte Gourmet-Etablissement „Casa Manolo” wieder aufmacht. Ein neu errichteter sogenannter „Coworking-Space” dürfte die Blicke von SUV- und Hafermilch-Freunden genauso auf sich ziehen wie einige in jüngster Zeit aufgehübschte Dorfhäuser und neu errichtete Minivillen mit Pools und Buddhafiguren.

Ureinwohner Paco bekommt das alles eher aus der Ferne mit: Ein bisschen verloren auf einem Stuhl an der Hauptstraße sitzend, beobachtet der bemützte Rentner stoisch den Verkehr. „Viel ist hier nicht los, aber ich langweile mich nicht”, röhrt er, ohne besonders mitteilsam zu wirken. „Ich gucke halt gern.” Wenige Schritte weiter kann man in das noch urtümlichere Ses Salines vordringen – dorthin, wo Katzen auf Türschwellen ruhen und sich ältere Hausfrauen mit gutturalen Lauten auf Mallorquinisch unüberhörbar laut mit ihren Nachbarn unterhalten.

Das alte Spanien lebt in Ses Salines durchaus noch fort: Ein Rentner lässt das Geschehen von einem Stuhl vor seiner Haustür auf sich wirken.

Nachbarschaftlich auf Tuchfühlung wird es hier auch zugegangen sein, als 1925 unter dem noch heute in Ehren gehaltenen Bürgermeister Bartomeu Garcias i Garcias feierlich die Abtrennung von Santanyí vollzogen wurde. Dafür war ein Wappen ersonnen worden, das einfacher kaum sein kann: Es besteht lediglich aus einem stilisierten Salzberg und Feldern – Hingucker, die es noch immer ein paar Kilometer draußen bei „Flor de Sal” nahe Colònia de Sant Jordi gibt, wo das weiße Gold unter der gleißenden Sonne wie eh und je heranreift. Ses Salines fristet im Schatten des einstigen Mutterortes Santanyí nach wie vor ein frugales Dasein in ländlicher Idylle, umgeben von Palmen, Kakteen oder Granatapfelbäumen.

Ungewohntes Leben ins Dorf dürfte das blasen, was man im neuen Jahr anlässlich des großen Jubiläums vorhat: Am 1. Mai beginnt der Kick-off mit einer Messe („fira”) und diversen Spektakeln, wie eine Gemeindesprecherin gegenüber MM mitteilte. „Danach folgen weitere Festivitäten, das offizielle Jubiläum wird am 1. Juni begangen.”