Mit geschicktem Buchen kann man viel Geld sparen. | Ultima Hora

TW
0

"Schau nicht weiter”, so die Aufforderung, die in Großbuchstaben auf der Internetseite des Hotels Nautic Hotel & Spa in Can Pastilla zu lesen ist: „Bester Online-Preis, garantiert!” Tatsächlich kostet die Urlaubswoche für zwei Personen im Mai kommenden Jahres bei der Buchung direkt auf der Seite derzeit 472,95 Euro. Wer auf Booking.com reserviert, zahlt schon 540 Euro, als Pauschalreise inklusive Flug ab Hamburg kostet das Ganze beim Reiseveranstalter FTI 1138 Euro. Während die Vermittler jeweils eine Kommission einstreichen, kann das Hotel bei der Direktbuchung den gesamten Betrag für sich behalten.

Das aber ist noch nicht alles: Kunden, die ihren Aufenthalt direkt auf der Internetseite des Viersterne-Hauses buchen, bekommen eine Flasche Wein und bevorzugte Behandlung, wie es heißt. „Es ist in unserem Interesse, Kunden über unsere Internetseite zu gewinnen, weil wir so von Anfang an direkten Kontakt zu ihnen haben”, sagt Gaspar Rodríguez, Verkaufsdirektor der Gruppe Illa Beach Hotels, zu dem das Nautic gehört. „Wenn die Kunden dagegen über einen Reiseveranstalter zu uns kommen, haben wir am Tag der Ankunft zum ersten Mal Kontakt.” Direktbuchern dagegen könne man bereits im Vorfeld weitere Zusatzleistungen anbieten: ein Upgrade oder ein Spa-Paket etwa. Außerdem könne man die Gäste nach dem Besuch um eine Bewertung bitten und ihnen einen Rabattgutschein zukommen lassen, damit sie wiederkommen.

Mallorcas Hoteliers sind dabei, ihre Strategien an das veränderte Reise- und Buchungsverhalten der Touristen anzupassen. Laut Gaspar Rodríguez hat zuletzt die Pandemie noch einmal eine deutliche Veränderung bewirkt. Landeten vorher noch etwa 80 Prozent der Urlauber über einen Reiseveranstalter in den beiden Hotels des Unternehmens, sind es nun häufig nur noch 60 Prozent, schätzt er. Der Rest bucht entweder direkt auf der hauseigenen Internetseite oder aber über eine sogenannte Online Travel Agency wie Booking.com oder Expedia. „Die Pandemie hat bewirkt, dass viele Leute eher kurze Reisen unternehmen wollen”, sagt Rodríguez, die sie vorzugsweise individuell planen und buchen. „Wir erleben hier einen grundlegenden Wandel”, ist er überzeugt.

Für die Hoteliers bedeutet das, dass sie umdenken müssen. „Mit den Reiseveranstaltern haben wir zum jetzigen Zeitpunkt schon fixe Preise für das gesamte Jahr 2024 ausgehandelt”, sagt Rodríguez. Im Falle der Online Travel Agencies dagegen behalte man einigermaßen die Kontrolle, da es dort möglich ist, die Tarife je nach Bedarf anzupassen. Außerdem erlaube es dieser Verkaufskanal, gezielt bestimmte Quellmärkte anzusprechen. Man könne beispielsweise eine Rabattaktion oder ein Sonderangebot nur für den schwedischen oder französischen Markt auflegen. „Das funktioniert sehr gut”, sagt Rodríguez. Auf diese Weise sei es gelungen, die Abhängigkeit von deutschen Touristen zu verringern.

Aus verschiedenen Perspektiven kennt das Thema Tomeu Escalas. Der Mallorquiner entstammt einer Hoteliersfamilie, die sich ursprünglich in Calviàs Urlaubsort Magaluf dem Strand-und-Sonne-Tourismus widmete, bevor sie dann im Jahr 2007 auch ein kleines Hotel in einem historischen Altstadtgebäude mitten in Palma eröffnete. Während er schätzt, dass die Direktbucherquote in den bei Individualreisenden beliebten Boutique-Hotels bis zu 60 Prozent ausmacht, liege sie in Strandhotels in der Regel nur bei 20 oder 30 Prozent – allerdings mit steigender Tendenz.

„Das wichtigste Kriterium ist, dass du durch die Direktvermarktung deine Gewinnmarge erhöhst, weil keine Kommissionen an Vermittler bezahlt werden müssen”, sagt Escalas. Außerdem behalte der Hotelier die Kontrolle über die Preise. „Du kannst sie senken oder anheben, je nachdem, wie sich die Saison entwickelt, je nachdem, wie die Nachfrage ist.” In diesem Jahr etwa, in dem die Urlauber bereit waren, auch hohe Preise zu zahlen, hätte sich eine frühzeitige vertragliche Bindung an einen Reiseveranstalter negativ ausgewirkt. Üblicherweise kaufen diese ihre Kontingente mit mehreren Monaten Vorlauf ein. „In guten Jahren bist du froh, wenn du die Preisgestaltung selbst in der Hand behältst”, sagt Escalas. „In schlechten bist du eher froh, wenn du einen Reiseveranstalter an deiner Seite hast.” Entweder man habe mehr Sicherheit und büße dafür Rentabilität ein, oder umgekehrt.

Ähnliche Nachrichten

„Die großen Stadthotelketten haben bereits vor vielen Jahren begonnen, ihre Kanäle zur Direktvermarktung auszubauen”, sagt Javier Vich, Vorsitzender des Verbandes der Stadthotels in Palma. In diesem Bereich habe es immer viele Kunden gegeben, die direkt beim Hotel buchten. „Früher eben per Telefon oder Fax, später dann per E-Mail.” Vor allem in den vergangenen fünf Jahren habe die Direktvermarktung bei den Stadthotels stark zugenommen. Mittlerweile mache diese in vielen Häusern bis zu 60 Prozent aus – mit steigender Tendenz. Die übrigen 40 Prozent nutzen laut Vich Booking.com, Expedia und Co. Reiseveranstalter spielten in diesem Segment praktisch keine Rolle. Der Vorteil sei, dass der Kontakt zu den Gästen unmittelbar ist und sich so eine bessere Kundenbindung erreichen lässt. Außerdem handele es sich um den rentabelsten Verkaufskanal. „Du musst aber natürlich investieren, etwa in Online-Marketing”, sagt Vich.

Laut Maria Frontera, der Vorsitzenden des mallorquinischen Hotelverbandes Fehm, ist vor allem der richtige Mix der Verkaufskanäle wichtig. „Die richtige Mischung zu finden, ist von wachsender Bedeutung”, sagt sie. Die Firmen bedienten sich in diesem Bereich immer ausgeklügelterer Strategien. Vor allem das Auftauchen der Billig-Airlines und der Ausbau der Flugverbindungen etwa nach Deutschland habe geradezu für eine Revolution gesorgt, da Urlauber zunehmend auf eigene Faust auf die Insel kommen. Die Direktvermarktung sei inselweit in den vergangenen Jahren um 25 Prozent gewachsen, schätzt sie. Es gebe Hotels, die auf diesem Weg bis zu 70 Prozent ihrer Kunden finden.

„Trotzdem haben die Reiseveranstalter auf der Insel weiterhin großes Gewicht”, sagt Frontera. Zu sehen gewesen sei das beispielsweise bei der Pilotphase unmittelbar nach dem pandemiebedingten Reisestopp, als es die Reiseveranstalter waren, die wieder erste Touristen auf die Insel brachten. Dazu komme, dass viele Veranstalter ihr Angebot der Nachfrage angepasst haben und mittlerweile auch Pakete verkaufen, die sich die Kunden individuell zusammenstellen können. Welche Verkaufskanäle am besten geeignet sind, sei von Einzelfall zu Einzelfall verschieden und hänge von der Zielgruppe und Größe des jeweiligen Hotels ab, von der Lage und weiteren Faktoren.

„Die Pleite von Thomas Cook hat dazu geführt, dass auch Hoteliers, die damals noch ausschließlich mit Reiseveranstaltern zusammenarbeiteten, ihr Marketing angepasst haben, um Risiken zu minimieren”, sagt Frontera. Die Direktvermarktung ermögliche den Hoteliers zwar, ihre Einkünfte zu steigern, dafür seien die Schwankungen bei den Buchungen oft sehr hoch, weil Individualreisende ihren Urlaub eben oft kurzfristig planen und beispielsweise von der Wettervorhersage abhängig machen. „Die Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern garantiert dir dagegen eine gewisse Konstanz.”

Auch viele deutsche Urlauber wissen die Vorteile der Pauschalreise durchaus zu schätzen. Und so spiegeln die Daten die Entwicklung hin zur Individualreise noch nicht wider. Die Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. aus Kiel etwa belegt, dass der Anteil von Pauschalreisen im Mittelmeerraum aktuell bei 65 Prozent und damit fast auf Vor-Corona-Niveau liegt. Der jährlich erstellten Urlauberbefragung zufolge ist der Wert zuletzt auch weitgehend stabil gewesen – außer in den Pandemiejahren. „Zwar wurde die Pauschalreise bereits oft ,totgesagt’, hat aber immer ,überlebt’, weil sie sich auch weiterentwickelt hat, zum Beispiel durch All-Inclusive-Angebote oder das Baukastensystem”, sagt Jürgen Schmude, Professor für Tourismuswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Eine Lanze für die Pauschalreise bricht auch Martin Xamena, Direktor und Eigentümer des Hotels Bon Sol in Illetes. „Für uns ist die Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern sehr sinnvoll”, sagt er. „Die Reiseberater sorgen dafür, dass Kunden zu uns kommen, die genau das suchen, was wir anbieten.” Wer sich nur durch Online-Kommentare anderer Urlauber inspirieren lasse, komme häufig mit falschen Vorstellungen. „Zu uns kommen Leute, die Bequemlichkeit suchen, individuelle Betreuung.” Wer sich nur schnell am Buffet satt essen wolle, werde im Bon Sol, wo es eher gediegen zugeht, unter Umständen nicht glücklich.

Xamena schätzt, dass etwa 20 Prozent der Buchungen in seinem Hotel über die eigene Internetseite zustande kommen. Etwa die Hälfte der Kunden bucht über einen klassischen Reiseveranstalter. Die Kommissionen lägen dort in der Regel bei etwa 25 Prozent. Für ihn lohne sich das aber, da viele Urlauber andernfalls nicht kämen, wie er vermutet. „Die Buchung über einen Reiseveranstalter erleichtert unseren Gästen vieles”, sagt Xamena: „Vor allem für ältere Leute ist das sehr bequem.” Spätestens, wenn es Probleme gibt, weil etwa der Rückflug wegen eines Streiks ausfällt, erkenne man rasch die Vorteile. „Wer individuell bucht, hat niemanden, der ihm seine Probleme löst.” Vor allem ältere Leute, die zehn Tage oder länger bleiben, wollten keine Komplikationen. Und so sucht man auf der Internetseite des Bon Sol denn auch vergeblich nach Preisgarantien oder sonstigen Vergünstigungen für Individualreisende.