Elvira Touati:Es ist echt schwer, sich auf eine Finca oder einen Ort festzulegen. Wir bieten ein Produkt an, aber es ist auch so vielfältig, dass jede Finca ihren ganz eigenen Charme und Vorteile hat. Die Ausstattung, die Lage oder der Blick. Es ist wirklich schwer, sich da auf eine Finca zu reduzieren.
Benjamin Schleining:Ich sehe das ganz ähnlich und würde sagen, bei den mehr als 1500 Fincas in unserem Programm kommt es auch drauf an, mit wem man hier auf die Insel kommt. Mietet man mit den Kumpels eine Finca, sucht man sicher etwas ganz anderes als für einen Familien-Urlaub.
Touati:Genau. Ich bin als Mutter mit zwei Kindern gerne hier im Inselosten. Einfach, weil es hier so viele schöne kleine Buchten gibt, die gleichzeitig kinderfreundlich sind. Dementsprechend gibt es hier auch viele Fincas, die sich besonders gut für Familien eignen.
MM:Welche Fincas sind bei deutschen Gästen besonders beliebt? Welche Ausstattung muss die Finca haben?
Schleining:Also, ganz wichtig sind Ausstattungsmerkmale wie ein Pool oder der Grill. Dabei ist es egal, ob es der Weber-Grill oder der gemauerte hinten in der Ecke ist. Die Hauptsache ist, es kann im Freien gegrillt werden. Die Kunden achten auch auf gewisse sportliche Angebote. Ganz hoch im Kurs ist da die Tischtennisplatte. Während die einen unter der Dusche stehen, überbrücken die anderen die Wartezeit mit einer Runde Ping-Pong. Das sind Dinge, die immer wieder gerne nachgefragt werden.
MM:Sicherheit und Infektionsschutz waren wahrscheinlich ganz neue Buchungsfaktoren der Urlauber in den beiden vergangenen Jahren. Ist das heute auch noch so?
Touati:Ich würde schon sagen, ja, wobei die Themen letztes Jahr sehr viel spezieller auf die Hygienemaßnahmen fokussiert waren. Jetzt ist es eher der Wunsch, etwas distanzierter von einer größeren Reisegruppe zu sein. Einfach etwas mehr für sich. An den Zahlen sehen wir ganz deutlich, dass die Nachfrage wächst. Wir haben 20 Prozent mehr Buchungen als im vergangenen Jahr.
MM:Auch im Jahresvergleich 2019, also vor Corona, und 2022?
Touati:Ja, es ist auch mehr im Vergleich zu vor der Pandemie. Schon davor gab es den Finca-Trend, der von Saison zu Saison zugenommen hat, aber jetzt merkt man das wirklich extrem, ja.
MM:Anfang Juni und jetzt im Juli gab es wieder Finca-Betrugsfälle mit Online-Anbieter, die es dann gar nicht gibt. Worauf können Urlauber schon vor dem Buchen achten, um nicht in eine solche Falle zu tappen?
Schleining:Also, Online-Bewertungen helfen. Was sagen andere Kundenstimmen über den Anbieter? Ein Tipp ist vielleicht auch, dass man immer darauf achtet, dass die Lizenznummer online vermerkt ist. Die ist ein Garant dafür, dass es ein offizielles Haus ist, dass es registriert und von der Tourismusbehörde genehmigt ist. Dann darf es auch für die Ferienvermietung auf den Markt gebracht werden. Man kann sich natürlich auch immer nach namhaften Anbietern richten. Ich meine, wir machen den ganzen Tag nichts anderes als Ferienvermietung und schützen Mieter sowie Vermieter vor Betrug, damit am Ende des Tages alle zufrieden sind.
Touati:Ein Blick ins Impressum der Homepage kann auch nicht schaden. Dort sieht man oft, ob das Unternehmen alle rechtlichen Voraussetzungen für die Ferienvermietung erfüllt. Die Mitgliedschaft in Reiseverbänden ist immer ein gutes Zeichen. Wir sind beispielsweise im deutschen Reiseverband. Das ist immer ein Indiz dafür, dass das Unternehmen wirklich existiert und man sich sicher sein kann, dass man nicht betrogen wird.
MM:Wirkt sich der Finca-Urlaub auf Mallorca anders auf die lokale Wirtschaft aus als der Urlaub im Hotel?
Schleining:Ja, definitiv! Das beginnt bei der Reinigungskraft oder dem Gärtner, der die Finca bereit macht für neue Gäste. Erstere stammen meistens aus der Gegend und sind selten Saisonkräfte. Die Finca-Besitzer selbst sind lokal und fest im Dorf verankert. Oftmals vermitteln sie die Urlauber dann zum lokalen Gemüsehändler, um diese Sachen eben nicht im großen Supermarkt kaufen zu müssen. Das macht den Finca-Urlaub für viele auch besonders. Dass sie nachher im Büro an der Kaffeemaschine erzählen können, der Nachbar habe jeden Morgen die Frühstückseier von den eigenen Hühnern vorbei gebracht.
MM:Was sind die aktuellen Probleme der Finca-Besitzer auf Mallorca?
Schleining:Zum einen natürlich die allgemeine operative Hektik der Hochsaison. Es ist viel los, und da treten auch immer wieder Probleme auf. Was dieses Jahr noch so ein bisschen hinzu kommt, ist der Beigeschmack der Negativ- schlagzeilen von der Playa de Palma. Die Sorge, dass die Urlauber so viel Nachholbedarf haben, dass sie eine „nach mir die Sintflut-Mentalität” an den Tag legen.
Touati:So etwas ist natürlich noch nicht vorgekommen, aber die Menschen sind durch die Vorfälle dahingehend sehr sensibilisiert worden. Gerade nach den schwierigen vergangenen Jahren sind die meisten Finca-Besitzer aber zuversichtlich. Zurecht, denn gerade die Nebensaison, also April, Mai, September und Oktober, sind um bis zu 70 Prozent stärker gebucht als vor der Pandemie.
MM:Was sind aktuell die Kriterien für Finca-Besitzer, um heute offiziell vermieten zu dürfen?
Schleining:Der Prozess der touristischen Vermietlizenz ist das A und O. Da wird sichergestellt, dass man nicht einfach ein Waschbecken und eine Toilette in die Garage baut und das dann als Ferienhaus vermietet. Das größere Problem für alle, die künftig vermieten wollen, ist aber, dass derzeit keine neuen Lizenzen mehr vergeben werden. Mal schauen, wo da die Reise hingeht.
MM:Wird das im Juni verabschiedete Tourismus-Gesetz sonst noch Auswirkungen auf den Finca-Markt haben?
Touati:Vor allem Vermieter, die zwar eine Lizenz haben, aber aktuell nicht vermieten wollen, müssen aufpassen. Denn die Lizenz erlischt bei Nichtnutzung nach drei Jahren. Wir stoßen immer wieder auf Finca-Besitzer, die sich mit der Thematik noch gar nicht auseinandergesetzt haben, und darauf legen wir gerade den größten Fokus.
MM:Politische Unsicherheiten machen vielen Menschen Angst. Wie schätzen Sie die touristische Entwicklung für die kommenden Jahre auf Mallorca ein?
Touati:Natürlich können sich Pandemie, Krieg, Inflation oder Ähnliches künftig weiter negativ auswirken. Was wir direkt bemerkt haben, war ein Einbruch der Buchungen, als der Ukraine-Krieg im Februar ausgebrochen ist. Mittlerweile hat sich der Trend aber umgekehrt. 40 Prozent der Buchungen, die jetzt gemacht werden, sind für 2023 und das nimmt von Monat zu Monat zu.
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