Direkt unterhalb der Kathedrale zieht sich der Parc de la Mar an der Stadtmauer entlang. | Pixelio

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Während sich im Parc de la Mar vor der Kathedrale von Palma de Mallorca in den Sommermonaten Tag für Tag die Touristen drängen, geht es dort jetzt, mitten im Dezember, eher beschaulich zu. Auf dem Spielplatz mit der Riesenrutsche schauen zwei junge Eltern ihrem Sprössling dabei zu, wie er im Sand buddelt. Ein junger Mann in kurzen Hosen schießt seinen Ball immer wieder gegen die Stadtmauer.

Zwei Rentner in Jogginganzügen marschieren strammen Schrittes vorüber. Eine Gärtner-Kolonne der Stadtwerke macht gerade Pause. Ein paar Meter weiter blinzeln auf der Café-Terrasse direkt am künstlichen See ein paar Urlauber in die Morgensonne. Die junge Frau in der Touristen-Info plaudert entspannt mit einer Passantin.

Vor mittlerweile 40 Jahren ist er eingeweiht worden, der Parc de la Mar, der sich gleich unterhalb der Stadtmauer und der Kathedrale erstreckt. Hinter dem Bellver-Stadtwald und dem Sa-Riera-Park handelt es sich um die drittgrößte Grünfläche der Stadt. Wegen des Parkhauses, das sich unmittelbar neben dem Park befindet und den Bushaltestellen auf der Alten Mole, beginnt hier für viele Mallorca-Urlauber der obligatorische Palma-Besuch. Dazu kommt: Nirgendwo hat man einen besseren Blick auf das Altstadt-Ensemble rund um Almudaina-Palast, Kathedrale und Bischofs-Sitz. Es dürfte sich um eine der meistfotografierten Panorama-Ansichten auf Mallorca handeln.

Und das ist einer stadtplanerischen Radikalmaßnahme zu verdanken: dem Bau der Schnellstraße von der Altstadt in Richtung Flughafen, die 1960 fertiggestellt wurde. Ursprünglich reichte das Meer nämlich bis fast an die Stadtmauer heran. Palmas Kathedrale spiegelte sich im Wasser – ein einzigartiger Anblick und ein geradezu identitätsstiftendes Alleinstellungsmerkmal. Welche Bedeutung das für die Mallorquiner hatte, zeigte sich, als es in den 1970er Jahren darum ging, wie der durch den Bau der Straße entstandene Flächenraum genutzt werden sollte. Tatsächlich hielt es die damalige Stadtverwaltung für eine gute Idee, zu Füßen des wohl wichtigsten Wahrzeichens Mallorcas einen riesengroßen Parkplatz einzurichten. Und das geschah dann auch.

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Zahlreiche Skulpturen schmücken heute das Parkgelände. Hier das Sandstein-Ensemble von Josep Guinovart.

Womit die Machthaber im spätfranquistischen Mallorca nicht gerechnet hatten, war der entschlossene Widerstand eines Teils der Bevölkerung. Es formierte sich eine Protestbewegung, wie es sie während der Diktatur auf der Insel noch nicht gegeben hatte. Letztendlich hatten die Bürger Erfolg und zwangen das Regime zum Einlenken. Es gab eine neue Ausschreibung, aus der die Architektengruppe „Zócalo” als Sieger hervorging. Kernelement ihres Vorschlags war der künstliche See, der inmitten des Parks angelegt werden sollte, damit sich die Kathedrale auch weiterhin im Wasser spiegele.

„Seit Jahrhunderten ist dies ein echtes Erkennungsmerkmal unserer Stadt”, heißt es in der ursprünglichen Projektbeschreibung. Der Bau der Autobahn und die damit verbundene Auffüllung des Raumes, der sie von der Stadtmauer trennt, bedeute die Zerstörung dieses bedeutenden Merkmals. Die Idee der Architekten: „Das Meer erobert einen Teil seiner früheren Domäne zurück und dringt unter der Autobahn zu den Mauern vor, die ihm so lange standgehalten haben.” Und so bildet heute der künstliche See den Mittelpunkt des Parc de la Mar, wenngleich die ursprünglich angedachte Verbindung zum Meer nie realisiert wurde. Bis heute reguliert eine Pumpanlage, die einst provisorisch installiert worden war, den Pegelstand im See.