Das Federvieh vermehrt sich geradezu exponentiell. | Ultima Hora

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Es ist ein Thema, das inzwischen auch Lokalpolitiker nachgerade kirre macht: Seit Monaten vermehren sich im blütenweißen Ferienort Cala d’Or, wo ansonsten das gepflegte Balkon- und Ferienhaus-Leben neben türkisblauen Buchten seinen gediegenen Gang geht, herrenlose Hähne und Hennen fast in exponentiellem Tempo. Immer mehr dieser Kreaturen gackern und krähen in Vorgärten, entern Geschäfte und Hotels, flattern einem laut um die Ohren oder erschrecken Autofahrer mit ihrer höchst unwillkommenen Anwesenheit auf dem Asphalt.

Die oppositionellen Sozialisten im zuständigen Gemeinderat zu Santanyí schlugen Alarm und forderten ein konsequenteres Vorgehen der Behördenvertreter zur Entfernung des lästigen Federviehs. Sie ließen allerdings nicht unerwähnt, dass man dagegen sei, die Tiere en gros zu schlachten, auf dass Freunde ihres Fleischs sie auf Grillspießen befestigen oder in Suppentöpfe legen können, um sich hernach die Mägen vollzuschlagen. Vielmehr müssten die Kreaturen umgesiedelt oder zur Freude vogelfreundlicher Insulaner zur Adoption freigegeben werden, hieß es.

Es wurde im Allgemeinen bemängelt, dass die für solche Angelegenheiten traditionell zuständige Stiftung Natura Parc und die Gemeinde Santanyí zu zaghaft bei der Lösung des Problems vorgingen. Käfige aufzustellen, reiche nicht aus, so die sozialistischen Lokalpolitiker. Das gelte auch für die im Raum stehende Drohung, 300 Euro Strafe von Menschen zu verlangen, wenn diese die lästigen gefiederten Mit-Einwohner füttern.

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Cala d’Or ist auf Mallorca nur ein weiterer Ort mit einem Hühnerproblem. Auch woanders auf der Insel und auf den Nachbareilanden Menorca und Ibiza kann es passieren, dass einem die Federtiere über den Weg laufen oder dass es im Gehölz auf einmal verdächtig laut raschelt – am Wegesrand oder auf Kreisverkehren etwa. Im britischen Feriendorado Magaluf kreucht und fleucht es an den Gehwegen neben der Ausfallstraße Richtung Autobahn so dicht, dass der geneigte Spaziergänger mitunter Mühe hat, dem flatternden Getier auszuweichen, um nicht draufzutreten.

Im kollektiven Inselgedächtnis durchaus verankert ist noch eine Anreihung von teils vergnüglichen Episoden aus den schon fernen Jahren 2013, 2014 und 2015: Dutzende Hühner sorgten damals immer wieder für gefährliche Situationen im Kreisverkehr an der Plaça Madrid der Stadt Manacor, weil Autofahrer plötzlich anhielten und Fotos schossen. Die Tiere vermehrten sich derart rasant, dass auch zwei weitere „Rotondas” von ihnen erobert wurden. Doch damit nicht genug: Auf einer eigens eingerichteten Facebook-Seite beschäftigten sich etwa 400 Fans damals mit dem Alltagsleben der zu Kultstatus gelangten, lärmenden Vögel. Ein anonymer Verehrer der Tiere forderte dort gar, dass ihr Aufenthaltsort bitteschön schleunigst zum Schutzgebiet erklärt werde.

Im September des Jahres 2015 rang sich die Stadt Manacor angesichts der Häufung problematischer Situationen dann zu einer finalen Maßnahme durch: Sämtliche dieser „Rotonda”-Hühner wurden in einer mit Bedacht vorbereiteten Aktion rücksichtslos entfernt. Die nachfolgende Stille ließ viele jubilieren, einige andere Anwohner aber Trübsal blasen. Von letzteren wurde sogar eine offizielle Abschiedsfeier organisiert und ein Blumengebinde auf der Plaça Madrid niedergelegt.

Ob den Hühnern von Cala d’Or in Bälde das gleiche Schicksal wie in Manacor blüht, ist nicht auszuschließen. Zu sehr verstören die Tiere mittlerweile die Nachbarn. Einige Anwohner beschwerten sich bereits, dass die Plage den Tourismus in dem im Jahr 1933 gegründeten Künstlerort akut gefährden könnte. Und wer will das schon auf Mallorca.