Wer Steuern zahlt, möchte in der Regel
gerne wissen, was mit all dem Geld geschieht. Das herauszufinden
ist aber nicht immer einfach. Paradebeispiel dafür ist die
Ökosteuer, die Touristen in den Jahren 2002 und 2003 auf den
Balearen zahlen mussten. Umstritten wie sie war, sollte man meinen,
es sei ganz besonders penibel Buch geführt worden. Das aber ist
nicht der Fall. Mehr als 90 Millionen Euro hat die
Regional-Regierung durch diese "Urlaubersteuer" eingenommen. Wohin
dieses Geld geflossen ist, lässt sich schon heute, weniger als zehn
Jahre später, kaum noch rekonstruieren.
Klar ist, dass genau 92.652.408 Euro durch die Ökosteuer
eingenommen wurden, wie das balearische Finanzministerium mitteilt.
92 Millionen Euro - eine Menge Geld. Der Umwelt, dem Schutz von
Kulturgütern und der Förderung eines nachhaltigen Tourismus sollten
die Einnahmen zugute kommen. Eine Liste mit Dutzenden Projekten
legte der Mitte-Links-Pakt 2002 vor, die nach und nach abgearbeitet
werden sollte.
Längst nicht alle Vorhaben wurden umgesetzt. So scheiterte das
ehrgeizigste Projekt, die Errichtung einer Wasserleitung in den
Norden der Insel, schon in der Planungsphase. Auch der angekündigte
Kauf des Stadthauses Can Weyler in Palma wurde damals nicht
realisiert und ist erst Ende vergangenen Jahres beschlossen worden
- allerdings mit Geld aus anderer Quelle.
Das balearische Institut für Tourismus-Strategie (Inestur) hat
einen Großteil des per Ökosteuer eingenommenen Geldes verwaltet.
Nach mehrfachen Nachfragen rückt die Behörde - die in vergangenen
Tagen eine umrühmliche Rolle im Korruptionsfall "Voltor" spielte -
schließlich eine Liste mit den Projekten heraus, die finanziert
wurden.
Der mit Abstand größte Posten ist der Kauf des Landguts Son Real
in Can Picafort im Norden der Insel. 17.382.056 Euro hat der Kauf
der Finca gekostet, die heute als Museum der Öffentlichkeit
zugänglich ist. Eine Millionensumme kostete auch das alte
Armeequartier in Palmas Altstadt, das Quarter d'Intendéncia
(3.120.138 Euro). Dieses ist aufwendig renoviert worden und
beherbergt nun Einrichtungen der Stadt Palma.
Rang drei der Großinvestitionen belegt das Programm "Neteja
Platges" (Strandsauberkeit). Dabei handelt es sich laut Inestur in
erster Linie um die Finanzierung einer Flotte von Booten, die vor
Mallorcas Küste Müll aus dem Meer fischen. Hierfür sind in den
Jahren 2004 und 2005 insgesamt 2.507.503 Euro ausgegeben
worden.
Ein weiteres Großprojekt war das Radwegenetz der Insel.
2.229.354 Euro sind in Fahrbahnausbesserung, Anlegen von Radwegen
und Ausschilderung geflossen.
1.648.295 Euro kostete der Kauf und Umbau des Landguts Sa Coma d'en
Vidal in Estellencs. Das Gebäude soll in Zukunft zum
mallorquinischen Netz der Wanderhütten gehören.
Insgesamt tauchen in der Liste fast 30 Projekte auf. Viel Bedarf
gab es demnach auch an Öffentlichkeitsarbeit. Für PR-Maßnahmen
wurden insgesamt fast drei Millionen Euro ausgegeben. Der kleinste
Posten beträgt 232 Euro. Laut Inestur ist dies der Preis eines
Gutachtens über den Wert von Can Weyler gewesen - des Stadthauses,
das am Ende gar nicht gekauft wurde.
Alles in allem hat Inestur 33.174.191 Euro ausgegeben, die aus
den Ökosteuer-Einnahmen stammten. Dies jedoch ist nur etwa ein
Drittel der Gesamtsumme. Der größere Teil ist in den Etat der
Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft sowie des Präsidialamtes
geflossen. Dort allerdings ist keine Auskunft zum Verbleib des
Geldes zu bekommen. Offenbar ist es schlicht und einfach in den
Gesamthaushalt eingeflossen - obwohl bei der Ökosteuer stets eine
zweckgebundene Verwendung des Geldes versprochen worden war.
Das "Gesetz zur Besteuerung von Übernachtungen in touristischen
Beherbergungsbetrieben" sah eine tägliche Abgabe vor, die in den
meisten Fällen einen Euro betrug. Gestaffelt war die Steuer je nach
Qualitätsstandard des Hotels.
Nach langem Hin und Her, vielen Negativschlagzeilen in
Deutschland, massivem Widerstand der Hoteliers und einem
Rechtsstreit, den die damals konservative Zentralregierung bis vor
das spanische Verfassungsgericht trug, wurde die Ökosteuer
letztendlich im Mai 2002 eingeführt.
Scharf war die Kritik an der Abgabe vor allem deshalb, weil die
mallorquinische Tourismuswirtschaft ohnehin am Boden lag. Die
Terror-Anschläge vom 11. September 2001 und die folgende
Krisenstimmung hatten auch Mallorca schwer getroffen und zu einem
dramatischen Rückgang der Touristenzahlen geführt.
Die Urlauber selbst sahen die Ökosteuer allerdings längst nicht
so kritisch, wie Politiker, Touristiker und manche Medien glauben
machen wollten. "Deutsche Urlauber zeigen sich verständnisvoll",
titelte das Mallorca Magazin etwa am 10. Mai 2002, als die
ersten Touristen die Sondersteuer zahlen mussten. Das mochte auch
daran gelegen haben, dass in vielen Fällen Reiseveranstalter oder
die Hoteliers selbst die Steuer für ihre Kunden übernahmen oder als
Entschädigung Gutscheine ausgaben.
Eine lange Lebenszeit war der Ökosteuer nicht beschieden. Der
Mitte-Links-Pakt wurde bei der Regionalwahl im Frühjahr 2003
abgewählt - wobei die Ökosteuer durchaus eine Rolle gespielt haben
dürfte -, die konservative Volkspartei PP errang die absolute
Mehrheit. Schon im Wahlkampf hatte der damalige PP-Spitzenkandidat
Jaume Matas die sofortige Abschaffung der Abgabe angekündigt,
sollte der Machtwechsel gelingen.
Ganz so schnell ging es dann jedoch nicht. Erst im Oktober 2003
beschloss das Balearen-Parlament mit den Stimmen der neuen
Regierungsmehrheit das Ende der Ökosteuer - da die Abgabe
quartalsweise abgerechnet wurde, war ein früherer Ausstieg nicht
möglich. Die Matas-Regierung ging dann als Legislaturperiode der
Megaprojekte (Palma Arena, Metro) und des Straßenbaus in die
Inselgeschichte ein.
Gerade eineinhalb Jahre lang währte also eines der
umstrittensten Projekte der jüngeren mallorquinischen Geschichte.
Darum blieben die Einnahmen auch hinter der angestrebten Summe
zurück. Ursprünglich hatte der Sozialist Francesc Antich 130
Millionen Euro innerhalb von drei Jahren einnehmen wollen.
Tatsächlich war es am Ende also deutlich weniger. Einen Teil der
Summe haben die Hoteliers obendrein bis heute noch nicht
überwiesen. Mehr als 15 Millionen Euro standen Mitte Dezember noch
aus. Viele Hoteliers hatten die Steuer zwar eingenommen, aber auf
ein Treuhandkonto überwiesen, um den Ausgang der mehr als 100
Gerichtsverfahren gegen die Steuer abzuwarten.
Erst im Mai 2009 erklärten die Hoteliers, auf eine weitere Klage
beim spanischen Obersten Gerichtshof verzichten zu wollen. Deshalb
würden die Außenstände nun nach und nach überwiesen, so eine
Sprecherin des balearischen Finanzministeriums.
Insgesamt mussten auf den Balearen 1965 Übernachtungsbetriebe
die Steuer von ihren Gästen eintreiben.
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