Auf den ersten Blick wirkt die
Schreinerei von Bernat Sintes wie ein ganz gewöhnlicher Betrieb.
Der bärtige Mittvierziger im roten Holzfällerhemd werkelt an einem
Regal herum, beizt das helle Holz auf dunkel um. Dass in diesem
winzigen Betrieb in Consell im Herzen der Insel Einzigartiges
entsteht - das landesweit sogar unter dem Schutz des spanischen
Patentamtes steht - erschließt sich dem Laien erst nach langem
Prüfen, Betasten, Befühlen, Ausprobieren ...
"Als infolge der Bau- und Wirtschaftskrise die Zeiten schlechter
wurden und die Aufträge ausblieben, habe ich mir überlegt, was wir
in der Schreinerei alternativ machen könnten", erzählt
Tischlermeister Sintes. Dabei war ihm von Anfang an klar, dass
konkurrenzlos nur derjenige ist, der sich den kniffligsten
Herausforderungen stellt. "Und zwar je schwieriger, desto
besser!"
Also begann Bernat Sintes aus einem einzigen Stück Holz Regale,
Tischchen, Hocker oder andere Gerätschaften zu schnitzen, ganz so,
wie ein Skulpteur eine Göttin aus einem Klotz Marmor herausschlägt.
"Mit dem Unterschied, dass sich die Gliedmaßen meiner Göttin
bewegen lassen", betont der Tischler. Und nicht nur das: Die
einzelnen Teile etwa der aufklappbaren Regale sind zwar beweglich -
aber entfernen oder ablösen lassen sie sich nicht. Sie sind
ineinander und miteinander verbunden, ohne geleimt, verschraubt,
verkantet oder konstruiert zu sein, denn die Objekte sind - wie
gesagt - aus einem einzigen Stück Holz herausgearbeitet.
Auf dieses hölzerne Verbindungselement hat die Schreinerei 2009
das Patent erhalten. Denn als reines Scharnier kann das bewegliche
Gelenksystem nicht bezeichnet werden. Ein Scharnier fixiert immer
zwei voneinander unabhängige Elemente.
Bernat Sintes' Kollege macht auf ein weiteres Detail aufmerksam:
Anders als bei einer Marmorgöttin, die allenfalls einen dekorativen
Zweck erfüllt, sollen die Objekte der Schreinerei auch eine
praktische Funktion aufweisen. So dienen die bislang 30
hergestellten Prototypen unter anderem als Weinflaschenregal,
Zeitschriftenhalter, Klapphocker, zusammenlegbare Bücher- und
Notenständer, Präsentationsborde oder als Stifte- und
Visitenkartenhalter, der mit einer hölzernen Kette verbunden ist.
Er wurde aus einem einzigen Vierkantholz geschnitzt. Die einzelnen
Glieder der Kette wurden gleich im Verbund aus dem Holz
herauswirkt, denn anders hätten die Glieder gar nicht
ineinandergreifen können.
Selbst ein Schachbrett hat Sintes geschaffen. Es lässt sich
aufklappen und in eine entsprechende Spielfläche zusammenschieben,
ohne dass die beweglichen Teile von einander zu trennen sind. Es
war ein befreundeter Schlosser, der die Schreiner auf die Idee
brachte. "Er hatte geträumt, dass wir mit unserem System auch ein
Schachspiel kreiert hätten. Also machten wir uns daran."
Die Werke, die Sintes geschaffen hat, kosten zwischen 300 und
900 Euro. Es sind allesamt Unikate, die sich in Handarbeit
allerhöchstens kopieren lassen. "Das ist mein Problem: Ich kann die
Objekte nicht auf Vorrat produzieren, sondern nur auf Bestellung."
Denn zwischendurch wollen in dem Betrieb auch ganz normale Tische,
Stühle, Türen gefertigt sein. Um die Familie zu ernähren.
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