Zumindest die Möwen in Son Reus können es sich
gut gehen lassen. 30.000 Vögel ernähren sich Schätzungen zufolge
auf der Müllkippe nördlich von Palma und Hunger leiden sie sicher
nicht. Denn Jahr für Jahr produzieren die Bewohner der Insel
700.000 Tonnen Hausmüll. Der Verbrennungsofen der Anlage wird mit
den Massen schon lange nicht mehr fertig und so landet ein guter
Teil davon noch immer auf der Müllkippe.
Schuld an Mallorcas Abfallbergen ist zum einen die hohe
Müllproduktion. Auf jeden Inselbewohner kommt jährlich fast eine
Tonne Müll - beinahe die doppelte Menge eines Bundesbürgers. Zwar
betont der für die Abfallentsorgung zuständige Inselrat stets die
Bedeutung der Müllvermeidung, wie es darum bestellt ist, lässt sich
jedoch in jedem Supermarkt beobachten: Hier gibt es noch immer so
viele Plastiktüten geschenkt, wie der Kunde tragen kann. "Unsere
Hauptaufgabe ist es, die Bürger für das Thema zu sensibilisieren",
heißt es beim zuständigen Dezernat des Inselrats.
Mallorcas überproportionale Müllproduktion aber ist nicht allein
hausgemacht. So schnellt die Abfallmenge in den Sommermonaten, in
denen Millionen Touristen die Insel besuchen, stets drastisch in
die Höhe. Während im Winter lediglich 40.000 Tonnen pro Monat nach
Son Reus gekarrt werden, sind es in der Hochsaison gut und gerne
60.000.
Es wird auf der Insel aber nicht nur besonders viel Müll
produziert - gleichzeitig ist die Recycling-Quote verhältnismäßig
gering. Laut Daten des europäischen Statis-tikamtes ist Deutschland
EU-weit Recycling-Meister mit einer Wiederverwertungsquote von 68
Prozent. Auf Mallorca werden dagegen aktuell nur 20 Prozent der
anfallenden Müllmenge recycelt. Bis 2013 soll die Quote auf 40
Prozent steigen.
Die rechtlichen Voraussetzungen für eine moderne Müllpolitik
sind dabei grundsätzlich vorhanden. Wie von der Europäischen Union
vorgeschrieben sind auch in Spanien solche Unternehmen, die
verpackte Waren herstellen und vertreiben, dazu verpflichtet, die
Wiederverwertung dieser Verpackungen zu finanzieren. Während das
Recycling in Deutschland allerdings bereits seit 1990 auf diese
Weise geregelt ist, stammt das spanische Verpackungsgesetz erst aus
dem Jahr 1997.
Die Hauptursache für die geringe Wiederverwertungs-Quote auf
Mallorca aber ist das Verhalten der Bürger, da ist sich Joan Mateu
sicher. Er ist Sprecher des Unternehmens Tirme, das vom Inselrat
die Konzession für die Abfallverarbeitung auf Mallorca übertragen
bekommen hat, und sagt: "Zum Recyceln ist teutonische
Selbstdisziplin nötig. Die geht vielen Spaniern einfach ab."
Zumindest die Müllkippe in Son Reus soll aber bald der
Vergangenheit angehören: Die Schließung ist für das Jahr 2010
geplant. Derzeit entsteht ein zusätzlicher Verbrennungsofen, der
die Kapazität von derzeit 300.000 auf 700.000 Tonnen erhöhen wird.
Ungewiss ist allerdings noch, was dann mit den vielen Möwen
geschieht, die sich kreischend um die Reste der mallorquinischen
Wegwerfgesellschaft zanken. "Sie werden sich eine neue Heimat
suchen müssen", sagt Mateu.
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