Am hässlichsten zeigte sich das Gesicht der
Fremdenfeindlichkeit im Mai dieses Jahres: Am Eingang ihres
Elektronik-Geschäfts in Alcúdia hatten die Inhaber, frei jeder
Scham, folgendes Schild angebracht: „Hunde und Rumänen haben keinen
Zutritt.” Etwas Ähnliches hat sich seither offenbar nicht mehr
zugetragen. Dennoch: Um den Ruf rumänischer Einwanderer auf
Mallorca – und nicht nur hier – ist es weiterhin nicht gut
bestellt; schnell und gern werden sie mit Delikten wie Raub,
Diebstahl und Betrug assoziiert.
Zahlen, die diese Vorurteile belegen, gibt es nicht, sagt Ángel
Garcia Sanz von der Lokalpolizei in Palma. Einzig unter den
„trileros”, den Hütchenspielern an der Playa de Palma, seien
überdurchschnittlich viele Rumänen zu finden, so der
Polizeisprecher. Und: Werden einige dieser Hütchenspieler beim
Diebstahl ertappt, handelt es sich überproportional häufig um
Rumänen, sagt Ángel Garcia Sanz. Ansonsten seien gerade Rumänen als
„no violentos” bekannt – was auch im Zusammenhang von Delikten
gelte.
Vor allem voreilige Verallgemeinerungen sind für Nicolae Dobos,
Priester der Orthodox-Rumänischen Kirche, für das Image seiner
Landsleute verantwortlich: „Die große Mehrheit der Rumänen sind
ehrliche Menschen, die für ihr Geld hart arbeiten. Von denjenigen,
die kriminell werden, wird auf das ganze Volk geschlossen.” Ein
weiterer Punkt: „Viele unterscheiden nicht zwischen Roma und
Rumänen.” Was daran liegen mag, dass die größten Gemeinschaften der
weltweit zwischen acht und zwölf Millionen Roma, so die grobe
Schätzung, in südosteuropäischen Ländern leben (Rumänien: 0'8 bis
2'5 Millionen). Als vor drei Wochen die Baracken-Siedlung „ca
n'Angelí” in Palma geräumt wird, berichtet die Lokalpresse von 30
„personas”, deren Rückreise nach Rumänien die rumänische Botschaft
finanziert: Über ihre genaue Identität fällt kein Wort.
Von den über 171.000 Ausländern mit Residencia auf den Balearen
– ihre Gesamtzahl stieg damit um 11'45 Prozent, was 17.500 Menschen
mehr sind als 2007 – liegen die Rumänen mit 10.096 auf Platz 6 (zum
Vergleich: Mit 24.098 belegen die Marokkaner Platz 1, gefolgt von
den Deutschen mit 19.412 und den Engländern mit 15.906 auf Platz 3;
Quelle: Observatorio Permanente de la Inmigración 09/08).
Spanienweit hat sich die Zahl der hier lebenden Rumänen mit 728.967
im Vergleich zu 2003 verfünffacht. Damit machen sie, noch vor den
Marokkanern, die größte Ausländergruppe des Landes aus. Vergangenen
Sonntag, am Tag vor ihrem Nationalfeiertag, konnten rumänische
Emigranten erstmals vom Ausland aus auch an Parlamentswahlen
teilnehmen.
Umso wichtiger scheint es der rumänischen Regierung nun, das
Image ihrer Bevölkerung im Ausland aufzupolieren. „Die kriminellen
Delikte einiger haben den Ruf von Tausenden geschädigt”, so ein
Sprecher der zuständigen Regierungsbehörde. „Hola, soy rumano”
heißt die spanische Kampagne, die im September dieses Jahres
anlief. Mit unterschiedlichen Aktivitäten, unter anderem TV-Spots,
die Rumänen in ihrem Alltagsleben vorstellen, soll Einblick in die
Kultur des Landes gegeben werden – jenseits der immer wieder von
den Medien kolportierten Fälle von Rechtsbruch, die allein für das
schlechte Ansehen des ganzen Landes verantwortlich seien.
Denn, so ein Sprecher: „Wo es Interaktion zwischen Spaniern und
Rumänen gibt, ist die Wahrnehmung positiv.” Die Ursachen für die
überdurchschnittliche Häufigkeit, mit der die Verknüpfung Rumänen
und Delinquenz in den Medien auftaucht, sind vielschichtig. Eine
davon mag der erschwerte Integrationsweg für Rumänen sein:
Grundätzlich unterliegen Unionsbürger keinen Einschränkungen auf
dem Arbeitsmarkt im Ausland. Ausnahmen sind die neuen
Mitgliedsländer, zu denen neben Bulgarien auch Rumänien gehört, das
der Europäischen Union am 1. Januar 2007 beigetreten ist. Deren
Bürger dürfen zwar einreisen, arbeiten aber dürfen sie erst einmal
nicht.
Dafür brauchen sie eine „EU-Arbeitsgenehmigung”. Die (überhaupt)
zu kriegen, ist ein aufwendiges Unterfangen, wie auch der
rumänische Handwerker Marius Dabuleanu (37) weiß, der seit sechs
Jahren auf Mallorca lebt: „Der künftige Arbeitgeber muss den
Arbeitsvertrag unterschreiben; der ist dann in Rumänien bei der
Botschaft vorzulegen.” Ein Verfahren, das viel Zeit kostet – und
Geld. Das Moratorium läuft am 1. Januar 2009 aus, mit einer
Verlängerung wird jedoch gerechnet.
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