Mallorca. Das schönste Geschenk zum 80. Geburtstag machte
ihm seine Tochter Paula: Gerade rechtzeitig brachte sie ihren
zweiten Sohn zur Welt – Pedro Serras siebten Enkel, der zur Freude
des Großvaters ebenfalls auf den Namen Pedro getauft wird.
Mallorcas Medienmogul und wichtigster Kunstsammler hat sein
Haus, den Medienkonzern Grupo Serra, wohlbestellt. Paula leitet die
Funk- und Fernsehabteilung des Familienkonzerns (fünf
Rundfunksender, zwei TV-Programme, eine TV-Produktion), Sohn Miguel
ist als ,,director general de publicaciones” verantwortlich für die
Druck-erzeugnisse des Hauses (drei Tages- und vier Wochenzeitungen,
darunter das Mallorca Magazin), und die älteste Tochter Carmen ist
als De-facto-Chefin des Unternehmens in die Fußstapfen des Vaters
getreten.
Zeitungen waren und sind das Leben von Pedro Serra. Die erste
(,,Baleares”) gründete der Journalist vor 62 Jahren; heute
erscheint das Blatt in katalanischer Sprache und wurde in
,,dbalears” umgetauft. 1962 folgte die englischsprachige
Tageszeitung ,,Mallorca Daily Bulletin”, als Serra erkannte, dass
die immer zahlreicher anreisenden Briten nach lokaler Information
verlangten.
Neun Jahre später, vor 37 Jahren, folgte das Mallorca
Magazin für die deutschsprachigen Inselgäste: Die Zahl der
deutschen Urlauber nahm mit dem Massentourismus immer mehr zu.
Zwischendurch übernahm er ,,Sóller”, die mit inzwischen 128
Jahren älteste Publikation Spaniens, und ,,Ultima Hora”, das
Flaggschiff des Hauses, das er zur mit Abstand auflagenstärksten
Zeitung des Archipels machte. Danach widmete er sich, zusammen mit
Frau und Kindern, auch Rundfunk und Fernsehen.
Margarita, die Mutter seiner Kinder, lernte Serra übrigens 1950
in Hamburg kennen – auf St. Pauli. Schmunzelnd erzählt er gern,
dass man sich dort in einem Hotel kennengelernt habe - er war als
Reporter in der Hansestadt, sie als Mitglied einer mallorquinischen
Folkloregruppe. Auf Mallorca waren sich die beiden, die kurz darauf
heirateten, nie begegnet.
Seine Kraft zieht Pedro Serra aus der Familie, der Arbeit und
aus seinen Wurzeln. Das wird auch deutlich, wenn er die drei
emotionalsten Momente seines Lebens nennt: n die Geburt seiner
ersten Tochter Carmen, n die Ernennung zum Ehrenbürger seiner
Heimatstadt Sóller im Jahr 2000 sowie n den Tag, an dem seine
,,Ultima Hora” erstmals 65.000 verkaufte Exemplare und damit jeden
vierten Bürger der Insel erreichte. Auch der Mallorca-Urlauber und
erste Mann im Staate, König Juan Carlos, gehört zu den Lesern; er
lässt sich die Zeitung in seinen Sommersitz Marivent in Palma, aber
auch nach Madrid liefern. Der Verleger und der Monarch kennen sich
seit 1954, als Serra zusammen mit anderen Würdenträgern aus Palma
zum Essen mit dem damaligen Prinzen von Asturien nach Marivent
eingeladen war.
Seither verbindet eine tiefe Sympathie die beiden Männer; Juan
Carlos war mit seiner Familie häufig zu Gast bei Familie Serra in
Sóller. Und dem König war es auch eine Freude, im März 2002 das
neue Druckzentrum von Grupo Serra in Palmas Gewerbegebiet Son
Valenti einzuweihen.
Auf Serras Finca Ses Tanques de Can Serra in Sóller wird am 18.
August Geburtstag gefeiert. Wer eingeladen ist, weiß Serra nicht;
das große Fest organisieren die Kinder. Dass Juan Carlos zu den
Eingeladenen gehört, darf als sicher gelten.
Damals in Marivent äußerte der Prinz den Wunsch, Joan Miró
kennenzulernen. Serra brachte die beiden zusammen. Der Journalist
und der Künstler waren schon damals gute Freunde. Die Freundschaft
währte mehr als 40 Jahre; Miró starb Weihnachten 1983.
Auch Picasso gehörte zu den Freunden Serras, der immer mehr zum
Kunstsammler und -mäzen wurde (siehe auch nächste Seite). Er
besitzt etliche Werke von Picasso; 24 Keramiken aus der Sammlung
Serra sind während der Olympischen Spiele im spanischen
Cervantes-Institut in Peking zu sehen.
Pedro Serra hat im Laufe seines langen Lebens zahlreiche
Persönlichkeiten zu Freunden gehabt oder kennengelernt:
Literaturnobelpreisträger Camilo José Cela, den Schriftsteller
Robert Graves, Größen aus Politik, Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft
und Sport und alle Päpste seit Pius XII. außer Benedikt XVI.
Die Macht war ihm immer nahe, und er selbst übt(e) auch
publizistische Macht aus, obwohl er das bestreitet: Er habe
lediglich dazu beigetragen, dass auf Mallorca heute die besten
Lebensbedingungen in Spanien herrschten und dass die kulturelle
Szene beispielhaft sei. Eins sei ihm allerdings nicht gelungen,
sagt Pedro Serra bedauernd: die Insel vor der Zerstörung durch die
anhaltende Bebauung zu bewahren. Als besonders grässliches Beispiel
nennt er die Küste von Andratx. ,,Hier wird deutlich”, sagt er,
,,dass Geld viel mehr zählt als die Macht der Presse.” Deren
Aufgabe sieht er – neben der wahrheitsgetreuen Information – vor
allem darin, Anwalt der Menschen zu sein, sie vor Missbrauch
staatlicher Gewalt oder vor Günstlingswirtschaft zu bewahren und
die Verschwendung von Steuergeldern zu verhindern.
Serra gibt ,,dbalears” in katalanischer Sprache heraus – um die
Nachfrage zu befriedigen, sagt er, nicht um dem Katalanismus den
Weg zu bereiten. Er ist strikt gegen Unabhängigkeitsbestrebungen,
wie sie in Katalonien und auf den Balearen aufkeimen: Mallorca sei
und bleibe Teil Spaniens. Unter einer Voraussetzung könne er sich
allerdings Unabhängigkeit vorstellen, meint er grienend: wenn das
1349 untergangene Königreich Mallorca wieder auferstehe.
Pedro Serras Horizont ist ungleich weiter als der der meisten
seiner Landsleute. Vor allem wegen der Kunst hat er die ganze Welt
bereist und er kennt auch Deutschland gut. Das erste Mal war er im
Jahr 1949 in der Bundesrepublik (,,in Köln stand eigentlich nur
noch der Dom und Frankfurt lag auch noch in Trümmern”).
Was ihn damals in Deutschland am meisten beeindruckt habe? ,,Die
Frauen”, sagt der damals 21-Jährige, ,,damals hatte Deutschland die
schönsten Frauen der Welt.” Immer wieder reiste Serra nach
Deutschland. An den Deutschen schätzt er die Klarheit der Gedanken,
die Zielstrebigkeit, die Ernsthaftigkeit, den Fleiß. Und dass sie,
nicht nur bei Besuchen in Spanien, die spanische Kultur hochhalten:
,,In keinem Land Europas mit Ausnahme Spaniens ist so viel
spanische Kultur zu finden wie in Deutschland.” Seine Liebe zu
Deutschland und den Deutschen spielte auch eine Rolle, als er 1971
das Mallorca Magazin aus der Taufe hob. Das Blatt sollte
eine Brücke zum Lieblings-Urlaubsziel der Deutschen und später auch
zur zweiten Heimat vieler Deutscher schlagen. Es wurde rasch zum
Leitfaden all derer, die sich hier niederließen.
Dieses Engagement hat ihm Deutschland gedankt. 2002 verlieh der
damalige Bundespräsident Johannes Rau Pedro Serra das
Bundesverdienstkreuz.
In den 80 Jahren seines Lebens hat Pedro Serra, einer der letzten
Patriarchen, viel geschaffen und viel erreicht. Was würde er anders
machen, wenn er noch einmal auf die Welt käme: ,,Nichts. Es war gut
so.”
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