Mit einer üblen Überraschung hat für das Ehepaar Müller (Name
geändert) der Urlaub begonnen: Hilflos mussten die beiden mit
ansehen, wie die Polizei am vergangenen Mittwochvormittag am
Flughafen Son Sant Joan ihr Auto beschlagnahmte und abschleppen
ließ. Wie dem Ehepaar aus dem rheinischen Dormagen erging es auch
mehr als einem Dutzend anderer deutscher Autofahrer. „Uns kann ja
nichts passieren – wir sind Urlauber und nicht Residenten”, sagt
Herr Müller, ganz in entspannter Ferienlaune. „Und die Beamten sind
auch freundlich. Sehr sogar”, findet seine Frau. Der blaue
Familien-Kombi mit Neusser Kennzeichen steht auf dem
Flughafen-Parkplatz, im Kofferraum das Reisegepäck. Die Müllers
sind guten Mutes, ihre Fahrt in Richtung Costitx bald fortsetzen zu
können. „Alles halb so wild, da haben wir schon viiiel Schlimmeres
erlebt auf dieser Insel”, sagt Herr Müller und nickt wissend.
Ein paar Schritte weiter macht sich eine Gruppe Polizeibeamter
an seinen Fahrzeugpapieren zu schaffen. Mittendrin: Palmas oberster
Zollinspektor. „Es ist keine ganz einfache Arbeit, jemandem zu
beweisen, dass er Resident ist und sein Auto eigentlich ummelden
müsste”, sagt der Mann, der seinen Namen nicht verraten will. Per
Mobiltelefon ist er in Kontakt mit der Zentrale, dort tippt jemand
den Namen „Müller” in die Tastatur.
„Es sind einfach immer mehr Autos mit ausländischen Kennzeichen
auf Mallorcas Straßen unterwegs”, sagt der Zollbeamte. Darum gebe
es nun seit rund drei Monaten Kontrollen. Zum dritten Mal werden in
Palma gezielt Ausländer aus dem Verkehr gezogen. Weitere
Inselgemeinden sollen folgen. „Wer hier lebt oder arbeitet, muss
auch einen Beitrag leisten, wie jeder Spanier auch.” Wer sein Auto
nicht ummeldet, obwohl er müsste, hinterzieht Zulassungs– und
Kfz-Steuer.
Die Müllers warten noch immer geduldig, als sich ihnen einer der
Polizisten nähert: „Wo ist denn das Original des Fahrzeugscheins?”,
fragt der Beamte. Mit der in Deutschland beglaubigten Kopie will er
sich nicht zufriedengeben. „Wo ist das Papier doch gleich?”, fragt
Herr Müller seine Frau. In der Schublade, beim Besteck, antwortet
die. Herr Müller schaut ratlos. „Wenn die Fahrzeugpapiere nicht
vollständig sind, können wir das Auto stilllegen”, sagt der
Polizist mit der Nummer 071 am Revers.
Am anderen Ende des Parkplatzes rollt ein weiteres Auto mit
deutschem Kennzeichen auf den mit bunten Hütchen abgesperrten
Kontroll-Parcours. Auf beiden Seiten prangt von Vorderrad bis
Hinterreifen die Werbung eines offensichtlich auf Mallorca
ansässigen Unternehmens. „Jetzt kuck dir den an”, sagt einer der
Polizisten zu seinem Kollegen: „Wie kann man so blöd sein.” Aus dem
Wagen steigt eine junge Mallorquinerin, der Böses schwant. „Ich
fahre zum ersten Mal mit diesem Wagen”, sagt sie. „Der gehört mir
gar nicht.” Das hilft ihr jedoch nicht. „Klarer Fall”, sagt der
Zollinspektor: „Am Steuer sitzt eine Frau, die auf Mallorca lebt,
das Auto hat aber deutsches Kennzeichen – so geht es nicht.” Der
Wagen wird beschlagnahmt.
Mittlerweile hatte die Suche in der Datenbasis des spanischen
Zolls Erfolg: Herr Müller soll auf Mallorca eine Firma haben und
dürfte also eigentlich nicht mit deutschem Kennzeichen unterwegs
sein. „Stimmt es, dass Sie hier ein Geschäft betreiben?”, fragt der
Zollinspektor und blickt streng. Herr Müller beginnt auf Englisch
zu stottern. „Keinen Schimmer, wie die darauf kommen.” Mallorca –
das ist für ihn die Finca, ein paar Wochen Urlaub im Frühjahr,
vielleicht ein Ferientrip im Sommer, aber arbeiten? „So ein
Schwachsinn. Ich arbeite in Deutschland, nicht auf Mallorca.”
Der Zollinspektor schüttelt mit dem Kopf: Die Entscheidung ist
gefallen, der Wagen kommt erstmal ins Depot. „Wir beschlagnahmen
nur, wenn es Hinweise auf Steuerhinterziehung gibt”, sagt er. „Wir
irren uns selten. Dank unserer Datenbasis.” Was dort von wem
gespeichert wird und woher die Angaben kommen, will er nicht sagen.
Das sei geheim.
Frau Müller startet noch einen letzten Versuch: „Vielleicht
sollten wir ihn bitten, dass er nochmal die Personalausweisnummer
vergleicht. Vielleicht hat er ja was an den Augen.” Aber Herr
Müller hat bereits resigniert und holt die Koffer aus dem Auto. Als
sein Wagen am Abschlepphaken in Richtung Palma davonrollt,
entgleiten ihm die Gesichtszüge. „Also, das ist jetzt schon ein
bisschen heftig”, sagt er. Seine Frau holt einen Gepäckwagen.
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