Weniger als eine halbe Legislaturperiode von den kommenden
Wahlen entfernt, wird die konservative Partido Popular gleich in
drei Kommunen von Krisen erschüttert. Was sich unterdessen in den
vergangenen Tagen in Calvià, der zweitbevölkerungsreichsten
Gemeinde der Insel, zutrug, wurde von Politbeobachtern als
„Erdbeben” bezeichnet; so mancher (Oppositions-)Politiker sprach
gar von „Tumult”, „Rebellion” und „Staatsstreich”.
In Mallorcas bettenstärkster Tourismusgemeinde hatte der
konservative Bürgermeister Carlos Delgado in einem bislang nie
dagewesenen Akt der gesamten balearischen Parteileitung die Stirn
geboten, als er sich weigerte, einen Parteiabweichler in seiner
Regierungsmannschaft des Postens zu entheben. Damit drohte dem
Alkalden von Calvià zeitweise ein Disziplinarverfahren der PP. Erst
mit dem Rücktritt des Parteiflüchtlings Joan Thomàs am Montag
entspannte sich die Situation ein wenig.
Aber der Reihe nach: Calvià wird von einer Koalition aus PP
(neun Gemeinderäte) und Unió Mallorquina (UM, zwei Räte) regiert,
ganz so, wie es auch das 2003 geschlossene Regierungsabkommen für
Mallorca und die Balearen vorsieht. Im Juli verstieß jedoch der
UM-Gemeinderat Joan Thomàs – zugleich Dezernent für Straßen,
Umwelt, Technologie – gegen die Parteidisziplin, als er
überraschend zur PP wechselte und mit seiner Stimme eine zwischen
den Koalitionspartnern heftig umstrittenene Transaktion
absegnete.
Hintergrund sind zwei Urbanisationen des Unternehmers Juan
Nigorra in Santa Ponça. Sie sollten in den Kompetenzbereich der
Stadtverwaltung übergehen. Für anstehende Arbeiten an den Straßen,
Kanalisationen und Elektroleitungen sollte Nigorra zudem rund fünf
Millionen Euro entrichten. Auf diese Summe hatten sich der
Bauunternehmer und die Stadtverwaltung im Jahre 2003 geeinigt.
Jetzt konnte die PP jedoch mit der Stimme des Abweichlers Thomàs
einen neuen Deal durchsetzen, nach dem Nigorra lediglich 1'9
Millionen Euro zahlen muss. Die UM, die wie die PSOE-Opposition
gegen das für Nigorra günstigere Angebot votierte, forderte die
Absetzung des „Verräters” Joan Thomàs.
Die Krise in Calvià brachte auch das balearenweit geltende
Bündnis zwischen UM und PP in Gefahr, dem Ministerpräsident Jaume
Matas (PP) seine Mehrheit verdankt. Er wies am Freitag seinen
Parteifreund und Alkalden in Calvià an, Joan Thomàs abzusetzen.
Doch Delgado erklärte unbeeindruckt, er werde an dem Ex-UM-Mitglied
Thomàs festhalten. Auch ein spontan einberufenes Parteitreffen der
PP-Calvià stellte sich hinter Delgado. (Die Matas-treuen Mitglieder
waren gar nicht eingeladen worden.) Der Eklat war perfekt.
Zum Äußersten kam es jedoch nicht: Am Montag trat Joan Thomàs,
früherer Ambulanzfahrer, von seinem Dezernat zurück. Damit war die
tickende Politbombe entschärft, wenn auch nicht gänzlich beseite
geräumt.
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