Die drei Opfer des Verbrechens – Claudia Leisten (l.), Manfred Meisel (M.) und sein Sohn Patrick (r.). | S. Amengual

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Der 12. November 1997 ist ein schwarzer Tag in den Annalen Mallorcas, der für Einheimische und Zugewanderte wohl für immer mit dem "Bierkönig-Mord" in Verbindung gebracht werden wird. Das Mallorca Magazin schrieb damals in seiner Ausgabe "Nummer 46" dazu: "Ein entsetzliches Verbrechen erschüttert ganz Mallorca. Der Inhaber des berühmten 'Bierkönig' in der Schinkenstraße an der Playa de Palma, Manfred Meisel, wurde auf seiner Finca erschossen. Mit ihm mussten auch sein achtjähriger Sohn Patrick und eine Tierpflegerin sterben." Bis zum Redaktionsschluss gab es in dieser Ausgabe vom 15. November 1997 keine Anhaltspunkte zum Motiv und den Tätern.

An diesem Samstag jährt sich der Todestag Meisels zum 25. Mal. Doch die Erkenntnisse zu den Mordfällen waren trotz intensiver jahrelanger Ermittlungen der Polizei so wenig aufschlussreich, als dass die Täter jemals hätten gefasst werden können. Raum für Spekulationen zu dem Verbrechen gab es damals wie heute. Klar ist, dass die grausame Tat bis ins letzte Detail geplant gewesen sein musste. Der damals 49-jährige Meisel war mit seiner Mitarbeiterin Claudia Leisten auf seiner Finca "Barracas" in S’Aranjassa regelrecht nach Mafia-Methode hingerichtet worden. Im Büro-Trakt neben dem Wohnhaus lagen beide Opfer am Boden. Sie waren jeweils mit zwei Schüssen in den Hinterkopf ermordet worden. Meisels Sohn Patrick fand seinen Tod im Schlafzimmer der Eltern. Auf den Jungen wurden Ermittlungen zufolge zwei Schüsse aus nächster Nähe in die Schläfe abgegeben. Die 30-jährige Claudia Leisten war die Tierpflegerin des Gastronomen Meisels und kümmerte sich zusammen mit Ilse K. um die Papageienzucht des Unternehmers. Ilse K. war letztendlich diejenige, die am Morgen des 12. November zu Schichtbeginn den toten Manfred Meisel sowie ihre Arbeitskollegin aufgefunden hatte.

ASESINATO DE EMPRESARIO ALEMAN, SU HIJO Y SU SECRETARIA EN SU CASA DE S'ARANJASSA
In den Tagen nach der Schreckenstat wurden über ein Dutzend Trauerkränze vor dem „Bierkönig” niedergelegt.

In den Wochen nach der verregneten Novembernacht kamen viele Theorien über die Schreckenstat auf. Einer Annahme zufolge wurde Claudia Leisten getötet, da sie mit Meisels Lebensgefährtin Daiana Ritter, der Mutter des achtjährigen Patrick, angeblich verwechselt worden war. Die zu dem Zeitpunkt schwangere Ritter war in der Mordnacht nicht auf Mallorca, sondern hielt sich zu medizinischen Untersuchungen in Deutschland auf. Im April 1998 brachte sie Florian, den zweiten Sohn des "Bierkönigs", zur Welt.

Eine Erklärung hinsichtlich der Morde wurde im Konkurrenzkampf an der Playa de Palma vermutet, da Meisel mit dem Erfolg seines Lokals zahlreiche Neider hatte. Andere Spekulationen gingen von einer internationalen "Papageienmafia" aus, einem Mord aus Rachemotiven, Schutzgelderpressungen oder gar von einer Beziehungstat. Doch endgültig bewiesen wurde bis heute nichts.

Der deutsche Rechtsanwalt Hans von Rotenhan hatte damals beruflich in dem Fall zu tun. Er war von dem damaligen deutschen Konsul auf Mallorca, Michael Göllner, beauftragt worden, die Interessen des ungeborenen Kindes der Lebensgefährtin des Opfers, Daiana Ritter, zu vertreten. Es galt herauszufinden, ob das Kind, falls es lebend zur Welt kommen sollte, Erbe des Vaters werden würde. Bezüglich der Aufklärung der Fälle sagt Rotenhan: "Falls die Täter tatsächlich noch gefasst werden würden, droht ihnen in Spanien keine Strafe mehr, da die Tat nach 20 Jahren verjährt ist."

Dem Juristen zufolge hätten die Täter geschickt und strategisch gehandelt: "Bevor der Mord aufgedeckt worden war, saßen die Mörder bereits im Flugzeug", glaubt Rotenhan. Nach seinen Worten hätte mehr zu den Details über die verhängnisvolle Novembernacht ans Licht kommen können. Doch die spanische Nationalpolizei habe seinerzeit einen „enden wollenden” Ermittlungseifer gezeigt.

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Selbst Rotenhan kann lediglich über die Motive des Dreifachmordes spekulieren. „Nach dem Fall war ich bei der Hausdurchsuchung dabei. Hierbei wurden in dem Kinderzimmer in Meisels Anwesen eine Million Deutsche Mark – in Bündeln von Tausend-DM-Scheinen – und einhunderttausend Schweizer Franken gefunden. Eigentlich ist klar, dass in einem Gastronomiebetrieb nicht mit so großen Scheinen bezahlt wird." Meisel müsste demzufolge in andere Geschäfte verwickelt worden sein, mutmaßt der Anwalt. Letztendlich gäbe es nach seiner Auffassung Parallelen zum "Betonmord" im Jahr 1989 auf Ibiza. Dort hatten die Täter eine kleine Familie mit zwei Kindern getötet. Die Killer sollen Drogenbosse gewesen sein, die mit dem Mord ein Signal setzen wollten: "Es werden keine Unterschlagungen geduldet!" Rotenhan betrachtet die Aufklärung der Vorkommnisse um den "Bierkönig" mittlerweile nüchtern: "Ein organisierter Mord wird oft nicht aufgeklärt."

Bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft ist die Akte zu dem Fall nach wie vor offen. Oberstaatsanwältin Nadja Niesen sagte gegenüber MM: "Das Verfahren ist bei uns noch nicht abgeschlossen. In Deutschland verjährt Mord nicht." Jedoch, so räumte Niesen ein, gebe es nach wie vor keinen dringenden Tatverdacht gegen bestimmte Personen und es seien bereits alle Mittel ausgeschöpft worden. "Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es, den Fall aufzuklären", resümiert eine Pressesprecherin. Im Fall Meisel sei in Deutschland ein Parallelverfahren geführt worden, wobei in der Vergangenheit auch Zeugen vernommen wurden. Da sich der Tatort in Spanien befunden hat, sei dort das Hauptverfahren geleitet worden. Für die Ermittlungen seien deutsche Beamte von Polizei und Staatsanwaltschaft nach Mallorca gereist. Sollten tatsächlich noch Hinweise eingehen, die den Ermittlungen zum Durchbruch verhelfen könnten, gäbe es eine letzte Hoffnung. "Wenn ein mutmaßlicher Täter im Ausland festgenommen werden würde, kann seitens der deutschen Behörden die Auslieferung beantragt werden. Ob die zugrundeliegende Straftat im Ausland bereits verjährt ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist, dass die Tat in Deutschland noch verfolgbar ist."

Die Polizei vor Meisels Finca.

2022 haben die Mordfälle erneut ein starkes mediales Interesse aufkommen lassen. Gleich mehrere Produktionen orientierten sich an der dramatischen Geschichte des erfolgreichen Geschäftsmanns und Papageienzüchters Meisel. Auch die Doku "Mythos Ballermann – Die wahre Geschichte" thematisiert unter anderem den "Bierkönig"-Mord. Die Film-Doku ist in einer Zusammenarbeit zwischen dem größtenteils auf Mallorca lebenden Journalisten Ingo Wohlfeil und RTL News entstanden. Hierfür wurde Meisels Geschichte mit neuem Material aufgearbeitet, wobei Wohlfeil Interviews mit zahlreichen Größen der Playa de Palma und Beteiligten führte – unter ihnen Gastronomen, Künstler, Unternehmer und auch Touristen.

Auch der Podcast „The Real Bierkönig – Mord auf Mallorca” , der in sechs Folgen ab April 2022 auf Spotify zu hören war, beschäftigte sich mit dem ungelösten Kriminalfall. Zwei Jahre haben die beiden Investigativ-Journalisten Marcus Engert und Phil Jahner für ihren True Crime Podcast recherchiert. Auf ihrer Spurensuche lassen sie Akteure zu Wort kommen, die damals mit, für und gegen Manfred Meisel gearbeitet hatten, sowie Leute, mit denen der Gastronom nach der Arbeit ausgegangen war, als auch seine damaligen Konkurrenten.

Das tragische Schicksal des Gastronomen Manfred Meisel diente auch als Inspiration für eine fiktive TV-Serie – den "König von Palma". Die erste Staffel der sechsteiligen Serie wurde im Frühjahr 2021 im Auftrag von RTL+ produziert und feierte ihre Premiere am 24. Februar 2022 im deutschen Fernsehen. Die Produzenten Johannes Kinkel und Veronica Priefer erzählen die Geschichte von Matti Adler, der von Henning Baum gespielt wird, am „Ballermann” der 1990er Jahre. Der Mallorca-Auswanderer Adler eröffnet mit seiner Familie ein Bierlokal an der Playa de Palma. Doch um seinen gastronomischen Erfolg zu sichern, muss Adler Grenzen überschreiten und gerät letztendlich in dem Mikrokosmos von Mallorca in einen Strudel aus Gewalt. Die Dreharbeiten zur zweiten Staffel haben im Oktober 2022 begonnen und werden sich mit Unterbrechungen bis Januar 2023 hinziehen.

Doch ob der reale, historische, aufsehenerregende Dreifachmord von 1997 trotz des medialen Wiederauflebens noch aufgeklärt und gesühnt werden kann, indem sich Zeugen zu Wort melden, bleibt offen.