Wer nicht vergessen will, dass er sein Gehirn benutzen soll, der darf sich gerne einen Erinnerungszettel machen ... Gedächtnistrainer Oliver Geisselhart zu Besuch an der Playa de Palma.

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Der Mann gilt als einer der besten Gedächtnistrainer Deutschlands. Führt Oliver Geisselhart eigentlich einen Terminkalender? "Natürlich", lautet die prompte Antwort. Und wie sieht's im Supermarkt aus? Einkaufszettel oder hat der 49-Jährige alles im Kopf? "Das ist unterschiedlich. Manchmal merke ich mir die Sachen, an anderen Tagen schreibt meine Freundin etwas auf. Im Vortrag sage ich ab und zu, dass ich immer ohne Zettel einkaufe, aber das stimmt so nicht ganz", räumt Geisselhart, der gerade für einen Workshop ein paar Tage an der Playa de Palma war, ein. Der Wahl-Dortmunder betont: "Ich bin kein Gedächtnissportler. So gut wie ich kann jeder werden, wenn er zwei oder drei Monate Gedächtnistraining macht."

Wichtig sei, so Geisselhart, dass er weiß, wie es geht und anderen seine Trainingsmethodik für "die Birne" vermitteln kann. "Ein guter Fußballtrainer muss kein guter Spieler gewesen sein – siehe Kloppo."

Das Anliegen von Geisselhart ist, dass seine Zuhörer von "Gedächtnisbesitzern zu Gedächtnisbenutzern" werden. Das Wichtigste sei Training. "Wenn man ständig den Aufzug benutzt oder mit dem Auto fährt, dann ist das nicht gut. Für den Körper ist es besser, zu Fuß zu gehen und die Treppe zu nehmen. Genauso sieht das beim Gehirn aus. Es wird nur fit gehalten, wenn es ständig neue Aufgaben lösen muss, und nicht, wenn es immer nur das wiederholt, was es sowieso schon kann."

Bei seiner Geisselhart-Technik fürs Gedächtnis setzt er auf Bilder, die miteinander verknüpft werden. "So funktioniert unser Gehirn." Wenn einem beispielsweise der Geburtstag eines lieben Kollegen nicht erst nach dem dritten Tagesgespräch einfallen soll, dann stelle man sich am Vortag vor, wie man ihm eine Geburtstagstorte ins Gesicht drückt. Wenn einem dann der Kollege im Büro über den Weg läuft, wird das Bild abgerufen und man denkt an den Geburtstag. Um sich Namen oder Vokabeln besser merken zu können, setzt Geisselhart auf Eselsbrücken. So könne man sich zum Beispiel bei dem Namen Müller einen Mann mit einem großen Müllsack vorstellen.

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Schon im Alter von 16 Jahren begann der spätere Diplom-Betriebswirt damit, als Gedächtnistrainer aufzutreten. Das Talent scheint in der Familie zu liegen. Sein Onkel Roland war einer der ersten Gedächtnistrainer in Deutschland.

In der jüngeren Generation ist in der Zeit von Internet und Smartphone häufig die Auffassung zu hören "Ich muss mir Dinge nicht merken. Ich muss nur wissen, wo ich die Information finde" – wie sieht Geisselhart das? "Im Prinzip stimmt das. Aber Unterhaltungen sind dann nicht mehr so richtig möglich, wenn man immer sagen muss ,Warte mal kurz, das muss ich erst googeln' ..."

Oliver Geisselhart weiß, dass für seinen Erfolg als Mentaltrainer und Speaker nicht nur Fachwissen wichtig ist, sondern auch die Art, wie er sich verkauft. "Du kannst das beste Produkt haben. Wenn es keiner weiß, dann wird es nicht verkauft. Aber wenn ich gebucht werde, dann muss ich liefern. Sonst geht das nicht lange gut." Seit einiger Zeit hält der Referent auch immer öfter Vorträge, in denen es gar nicht schwerpunktmäßig um das Gedächtnis geht, sondern um die Frage, wie man sich richtig präsentiert. Wobei eine frei gehaltene Rede ohne gutes Gedächtnis kaum möglich ist.

Oliver Geisselhart hat mehrere Bücher geschrieben. Eines heißt "Kopf oder Zettel?". Im Alltag hat der Experte allerdings nichts gegen "Kopf und Zettel". "Warum soll sich jemand eine Einkaufsliste merken? Lobt einen denn die Kassiererin, wenn man ohne Zettel einkauft?"

(aus MM 41/2017)