„Seine außergewöhnliche Technik, seine tiefgründige Musikalität und seine kompromisslose Hingabe an die Kunst des Klavierspiels haben ihn zu einer Legende gemacht. Sokolovs Interpretationsstil ist geprägt von einer einzigartigen Verbindung aus technischer Perfektion, emotionaler Tiefe und einem tiefen Respekt vor der Musik, die er spielt.« Derartiges kann man in jedem zweiten CD-Booklet über den jeweiligen Pianisten lesen. Und es trifft auch meistens zu. Wäre dem nicht so, handelte es sich ja nur um einen gedankenlosen Klimperer, einen „bloßen mechanicus«, wie Mozart es einst nach einem Wettspielen mit Muzio Clementi genannt hat. Was hebt Sokolov über die große Schar exquisiter Pianistinnen und Pianisten hinaus? Mir fallen dazu immer die Worte Schumanns ein, die er einst über den jungen Johannes Brahms verlauten ließ: „Das ist ein Berufener. Am Klavier sitzend fing er an, wunderbare Regionen zu enthüllen. Wir wurden in immer zauberischere Kreise hineingezogen.« Vielleicht lässt sich diese schwärmerische Aussage, auf Sokolov bezogen, mittels eines kleinen Vergleichs nachvollziehen: Hören Sie sich einmal das kurze 7.Prélude aus Chopins op.28 an, erst mit Sokolov, danach mit Martha Argerich, der großen „alten Dame« der pianistischen Zunft. Oder, ein zweiter Vergleich sei gestattet, den Anfang von Prélude Nr.17, wiederum erst mit Sokolov und dann mit Big Martha. Ich glaube, man hört den atmosphärischen Unterschied, auch wenn es sich nur um Konserven handelt. Die ganze Magie von Sokolovs Klavierspiel offenbart sich natürlich nur im Live-Konzert. Er weiß das und steht Schallplatten, ähnlich wie einst Sergio Celibidache, kritisch gegenüber. Einen Eindruck dessen, was uns da am 21.März im Auditorium erwartet, vermittelt dieser kurze Bericht des Musikkritiker Andreas Göbel über ein Konzert in der Berliner Philharmonie.
Der erste Teil des Abends ist dem englischen Renaissance-Komponisten William Byrd (einem Mann mit einer ziemlich abenteuerlichen Vita) gewidmet. Byrds Klaviermusik ist eng mit der Ästhetik und den Möglichkeiten der damaligen Tasteninstrumente verbunden. Stücke wie "The Bells" oder "Pavan and Galliard" wurden speziell für Virginal und Cembalo komponiert, die mit ihrer kürzeren Klangdauer und ihrer spezifischen Anschlagstechnik eine klare Artikulation sowie perlende Läufe begünstigen. Das Spielen von Byrds Klaviermusik auf einem modernen Flügel eröffnet sowohl Herausforderungen als auch neue Interpretationsmöglichkeiten. Der Flügel bietet einen größeren Dynamikumfang, eine längere Klangdauer und eine differenzierte Pedaltechnik, die jedoch vom Interpreten Fingerspitzengefühl verlangt, um Byrds Originalintentionen gerecht zu werden. Kit Armstrong hat das Problem so gelöst. Wir sind gespannt auf Sokolovs Interpretationsansatz.
Nach der Pause gibt’s dann Brahms: seine vier Balladen und zwei Rhapsodien. Die Balladen, Op. 10, entstanden im Jahr 1854, als Brahms gerade erst 21 Jahre alt war. Trotz seines jungen Alters spiegeln diese Werke eine beeindruckende emotionale Tiefe wider. Sie basieren zum Teil auf literarischen Vorlagen, wie der ersten Ballade in d-Moll, die sich von der schottischen Sage "Edward" inspirieren ließ. Brahms verbindet in diesen Stücken die erzählerische Qualität der Balladenform mit seinem charakteristischen Sinn für Struktur, harmonischen Reichtum und emotionalen Ausdruck. Hören Sie als Beispiel den Anfang der Nr.2 mit Daniel Barenboim. – Über die beiden Rhapsodien informiert Sie (wieder einmal) Michael Lohse auf gewohnt lockere Art im Podcast „Meisterstücke«. – Karten wie immer auf der Website des Auditoriums.
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