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Die Betreiber der Künstlerfinca Can Brut bei Cas Concos schlagen mit ihren Konzerten zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen bieten sie einem klavieraffinen Publikum Piano-Recitals vom Feinsten, zum anderen geben sie jungen Pianistinnen und Pianisten ein Forum, um ihre Kunst zu präsentieren. Am vergangenen Pfingstwochenende war der hochbegabte 25-jährige Vladimir Skomorokhov, der am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium studiert hat und heute in Lübeck lebt. mit einem abwechslungsreichen Programm (Chopin, Bach, Schubert, Grieg, Rachmaniniff und Beethoven) zu erleben. Die Werkauswahl gab ihm die Möglichkeit, die ganze Bandbreite seines Könnens vorzuführen: zarte, nuancenreiche Anschlagskultur etwa in einem Chopin-Nocturne, virtuose Brillanz in Schubert-Bearbeitungen von Liszt, orchestrale farbenprächtige Fülle in Bach-Transkriptionen.

Die beiden Nocturnes op.9 von Frédéric Chopin gehören zu den beliebtesten des französischen Klavier-Romantikers. Skomorokhov spielte die Nr.1 daraus zu Beginn, und bereits hier war klar: da sitzt ein Großer am Flügel, der sein Instrument zum Singen bringen kann. Diese delikate Kantabilität zeigte er später auch in der „Morgenstimmung“ aus Peer Gynt von Edvard Grieg. Doch zunächst ging’s mit Prälundium und Fuge in d-moll von Johann Sebastian Bach weiter. Skomorokhov hatte dieses ursprünglich für Orgel komponierte Stück für das Klavier bearbeitet, dem er die ganze Skala von Klangfarben, zu denen ein moderner Konzertflügel fähig ist, entlockte. – Schuberts Impromptu op.90/3 nahm er betont langsam, spielte auch die Nebenstimmen aus und gab so den Schubert’schen Kantilenen einen Rahmen. Die Liszt-Bearbeitung des „Erlkönig“ rückte die dämonischen Züge, die Schubert ja durchaus auch hat, in den Fokus.

Nach der Pause überraschte der Pianist mit Schumann, der eigentlich nicht auf dem Programm stand. Hintergrund dieser „Zugabe“ noch vor Ende des Konzerts ist die Teilnahme Skomorokhovs am Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerb in Zwickau. (Wir wünschen ihm viel Erfolg dabei!) – Danach ging’s mit einem absoluten Highlight weiter: einer eigenen Transkription der berühmten „Toccata und Fuge d-moll“. Bereits Leopold Stokowski hatte das Klangpotenzial dieser Orgelkomposition erkannt und sie für großes Orchester bearbeitet und für den Soundtrack des Disney-Zeichentrickfilms „Fantasia“ dirigiert. Skomorokhov zeigte, dass auch das Klavier zu derartiger Breitwand-Klangfülle fähig ist und machte den Bach-Hit zu ganz großem Kino für die Ohren. – Das „Ständchen“ von Schubert, in der aberwitzig virtuosen Bearbeitung von Franz Liszt stzte einen weiteren Glanzpunkt. Was Liszt da am Ende aufführt, verlangt eigentlich drei Hände. Skomorokhov zauberte mit seinen begnadeten zehn Fingern die Illusion dieser „dritten Hand“. – Auf die überaus klangschön gespielte „Vokalise“ von Rachmaninoff folgte zum krönenden Abschluss die „Ode an die Freude“ aus Beethovens Neunter, nicht nur auf die zur Europa-Hymne erklärte Freudenmelodie beschränkt, sondern in der Langform mit all ihren polyphonen Verflechtungen bis zum gewaltigen D-dur-Schluss. Für den stürmischen Applaus bedankte sich der Pianist mit der Liszt-Version von Schuberts „Lindenbaum“.