Der kostenlose Nahverkehr auf Mallorca und den Nachbarinseln geht am 1. Januar in das dritte Gratis-Jahr in Folge. | P. Lozano

TW
0

Die Entscheidung, den Öffentlichen Nahverkehr auf Mallorca und dem Rest der Balearen ein weiteres Jahr – das dritte in Folge – kostenlos anzubieten, sorgt für gemischte Reaktionen auf der Insel. Während die Fahrgäste jubeln, sprechen vor allem die Fahrer der Stadtbusse in Palma (EMT) von einer immer größer werdenden Belastung. "Das ist ein harter Schlag für uns", sagt ein Sprecher des Gewerkschaftsverbands Siteib.

Die Fahrer hatten gehofft, dass mit der eigentlich geplanten Rückkehr zum Bezahlsystem ab 2025 wieder mehr Normalität in den Alltag einziehen würde. Doch der kurzfristig entschiedene erneute Verzicht auf Ticketgebühren bringt Herausforderungen mit sich, die das städtische Verkehrsunternehmen nach Aussagen seiner Fahrer nur schwer stemmen kann.

Überfüllte Busse und knappe Ressourcen

Die Gewerkschaften warnen vor einer Überlastung des Systems. Schon jetzt seien die Busse der EMT oft überfüllt, das Personal arbeite am Limit. "Ein weiteres Jahr so durchzuhalten, ist für viele kaum vorstellbar", erklärt ein Gewerkschaftsvertreter. Die Gratis-Fahrten führten zu einem deutlichen Anstieg der Fahrgastzahlen – oft, so wird kritisiert, auch für kurze Strecken von nur wenigen Haltestellen.

Besonders problematisch sei aber der Mangel an Fahrzeugen. Zwar habe die Stadt den Kauf neuer Elektrobusse für 2025 angekündigt, doch diese könnten frühestens in neun Monaten verfügbar sein, im schlimmsten Fall sogar erst in eineinhalb Jahren. "Kein Hersteller liefert schneller", bestätigt die Gewerkschaft USO.

Mietbusse oder Reparaturen: Lösungen in Sicht?

Als kurzfristige Lösung schlägt die Gewerkschaft vor, zusätzliche Busse zu mieten, um den Engpass zu überbrücken. Doch nicht alle sind von dieser Idee überzeugt. "Wir haben das schon einmal versucht, und es hat nicht funktioniert", sagt ein Sprecher der Autonomen Transportgewerkschaft SATI. Stattdessen fordert SATI, die Reparaturen defekter Busse zu beschleunigen, die derzeit ungenutzt in den Depots stehen.

Unterdessen bemüht sich die EMT, dem Personalmangel entgegenzuwirken. Erst diese Woche haben 24 neue Fahrer ihren Dienst aufgenommen, und weitere Einstellungen sind für das kommende Jahr geplant. Trotzdem bleibt die Lage angespannt, besonders in Hinblick auf die Organisation von Urlaubs- und Freistellungszeiten, die bisher oft nicht wahrgenommen werden konnten.

Pläne durchkreuzt

Die kurzfristige Entscheidung der Regierung hat die ursprünglichen Pläne der EMT über den Haufen geworfen. "Bis vor wenigen Tagen war die Unternehmensleitung davon überzeugt, dass der Nahverkehr ab 2025 wieder kostenpflichtig wird", berichten Gewerkschaftsvertreter. Nun müssen neue Strategien entwickelt werden, um die Belastung von Fahrern und Fahrzeugen zu reduzieren.

Während sich die Bürger über ein weiteres Jahr kostenloser Mobilität freuen können, bleibt die Frage, ob die EMT diesen Sommer ohne gravierende Probleme übersteht. Klar ist: Ohne zusätzliche Ressourcen und eine bessere Organisation wird die Herausforderung nicht kleiner – weder für die Fahrer noch für die Stadt Palma.

Kommentar: "Die richtige Entscheidung"

MM-Chefredakteur Alexander Sepasgosarian kommentierte das Thema Gratis-ÖPNV in der MM Ausgabe 01/2025 wie folgt:

Als ich vor drei Jahren als Tourist erstmals Luxemburg besuchte und vom Flughafen mit dem ÖPNV ins Zentrum wollte, fand ich keinen Kartenautomaten. Auf meine Frage, ob man die Tickets in der Straßenbahn kaufen müsse, beschied man mir, in Luxemburg verkehrten die öffentlichen Transportmittel allesamt gratis. Ich dachte, man scherzt mit mir. Aber wir wissen ja, Reisen erweitert den Horizont.

„Jaaa, in Luxemburg, die können sich das ja auch leisten”, kommentierte man mir nach meiner Rückkehr. Dass der Zwergstaat ein Vorbild für andere Gemeinwesen sein könnte? Jetzt wurde ich als der Scherzbold bezeichnet.

Heute wissen wir in Spanien und auch in Palma: Gratis-ÖPNV, das geht! Und was heißt gratis?! Es ist ganz klar, dass dieser kostenlose Service von unseren Steuergeldern finanziert wird. Und das ist sinnvoll. Denn es ist der einfachste Weg gegen den Klimawandel und die Verstopfung der Zentren mit Autos. Von daher ist es super, dass dieses Angebot auf der Insel nun verlängert wird (S.6). Und die Überfüllung von Bus und Bahn sollte sich mit einer noch besseren Einsatzplanung der Fahrzeuge vermeiden lassen können.