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Für manche ist es die gefährlichste Zeit des Jahres, sagt Lese-Expertin Elke Heidenreich. Der Urlaub, auf den man sich so gefreut hat, und dann geht er komplett daneben. Das kann am Hotel liegen, am Wetter, am dreckigen Wasser, am schlechten Essen, am Stress mit dem Partner – oder am falschen Buch. Denn wer im Urlaub Martin Walser oder Günther Grass einpackt, sich an Robert Musil versuchen will oder gar an Marcel Proust, der ist selber schuld.

Sommerzeit ist Lesezeit – auch für diejenigen, die sonst höchst selten ein Buch in die Hand nehmen. Und weil man entspannen will im Urlaub, packen die Deutschen – und sicher nicht nur sie – am liebsten Romane und Krimis in die Reisekoffer. Leichte Kost? Nicht unbedingt, denn ein guter Kriminalroman kann durchaus auch anspruchsvolle Literatur sein.

Ein Blick auf die Bestsellerlisten der Buchhändler zeigt: Die Deutschen sind Weltmeister im Krimi lesen. Besonders die skandinavischen Autoren – Stieg Larsson, Henning Mankell, Hakan Nesser, Asa Larsson, um nur einige zu nennen - gehören seit Jahren zur liebsten Lektüre der Deutschen. Auch die Eiffelkrimis von Jaques Berndorf stehen regelmäßig auf den Top-Ten-Listen der Händler, ebenso übrigens wie Fantasy-Romane à la „Herr der Ringe“ in allen Facetten oder die beliebten Vampir-Geschichten der Amerikanerin Stephenie Meyer.

Spannend, lustig, erbaulich, Hauptsache unterhaltsam und nicht zu anstrengend – so muss Umfragen zu Folge Ferienlektüre sein. Die restliche Zeit des Jahres verbringen die Deutschen laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit Literatur quer Beet.

Trotz Hörbüchern, zunehmender Digitalisierung der Werke samt „E-Readern“, wie dem iPad und Co., sowie Online-Handel sind die Umsätze der deutschen Buchhändler auch 2009 weiter gestiegen. Der deutsche Buchmarkt erwirtschaftete im Vorjahr einen Umsatz von rund 9'7 Milliarden Euro (Endverbraucherpreise) – gegenüber 2008 waren das 0'8 Prozent mehr.

Von stetem Wachstum geprägt ist allerdings auch der Online-Buchhandel. So lag 2009 der geschätzte Internet-Umsatz bei mehr als 1'2 Milliarden Euro. Das entspricht einem Umsatzanteil von 12'2 Prozent am Buchmarkt und einer Steigerung von 16 Prozent. Die Dynamik im Netz ist also offensichtlich  ungebrochen.

Eine Gefahr für die Zukunft des gedruckten Buches, die Verlage oder den Buchhändler um die Ecke bedeuten die Online-Angebote oder die Digitalisierung von Büchern aber laut Annabella Weisl nicht. „Vor 15 Jahren haben wir erlebt, wie mit Amazon der erste Online-Auftritt eines großen Buchanbieters entstand“, sagte die Chefin von Google Books in Deutschland kürzlich in einem Interview. „Es entstand ein völlig neuer Vertriebskanal, der von den Lesern schnell akzeptiert wurde.“ Die Buchhändler würden dadurch trotzdem nicht in Gefahr geraten, besonders auf lokaler Ebene hätten sie nach wie vor ihre Berechtigung.

Für die Deutschen im Ausland, wie hier auf Mallorca, wo deutsche Buchläden rar sind, ist die Möglichkeit der Online-Bestellung ein Segen. Zwar bieten auch große Kaufhäuser auf der Insel mittlerweile einige Taschenbuchbestseller in Deutsch oder Englisch an, aber die Auswahl ist äußerst begrenzt. Mühelos lässt sich dagegen bei Amazon, libri.de, buch.de und anderen digitalen Anbietern jeder am Markt erhältliche Buchtitel bestellen. In der Regel trudelt das Paket schon nach drei Werktagen mit dem Postboten ein, wer größere Bestellungen aufgibt, muss die Buchlieferung eventuell bei der zuständigen Poststelle abholen.

Mangel am Lese-Angebot kann also keine Ausrede sein für Lesemuffel. Meist wird ohnehin Mangel an Zeit als Grund für überwiegende Bücherabstinenz angegeben. Manch einer, der abends kaputt von der Arbeit kommt, schafft es gerade noch auf die Couch und vor die „Glotze“. In diesem Zusammenhang gibt es übrigens ein schönes Zitat, es stammt von Groucho Marx: „Fernsehen bildet! Immer, wenn der Fernseher an ist, gehe ich in ein anderes Zimmer und lese!“