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Schaumig umspült die erste Welle die noch trockenen Zehen und die Entschlossenheit im Gesicht macht einem Zögern Platz – ein Bad im Mittelmeer ist noch eine recht frische Angelegenheit. So herrlich einladend und klar, stellenweise karibisch türkisfarben das Wasser in diesen Monaten ist, das wechselhafte Wetter der vergangenen Wochen hat die Wassertemperatur nicht gerade in die Höhe schnellen lassen. 17 Grad warm sind die Fluten vor der balearischen Küste in diesen Tagen – nichts für „Warmduscher“.

„Ach, das ist nur, bis man einmal drin ist – dann ist es einfach herrlich!“, sagt Jacqueline König und rubbelt sich mit einem dicken Handtuch die Wassertropfen vom Körper. Mallorcaurlaub ohne Baden im Meer könne sie sich nicht vorstellen – auch im Hotelpool habe sie die letzten Tage morgens stramm ihre Runden gedreht, „aber am schönsten war ein Ausflug in eine Höhle bei Calas de Mallorca, da bin ich im unterirdischen Elfensee geschwommen, der war bislang am wärmsten, wahrscheinlich, weil es windgeschützt war“.

„Als Kind und Jugendliche bin ich im Osterurlaub in Spanien immer schon schwimmen gegangen“, erzählt Annabelle Pfister, „aber seitdem ich auf der Insel lebe, gehe ich meist erst im Juni das erste Mal ins Meer.“ Zwei Monate zeitiger als viele Einheimische: „Mancher der Spanier geht erst im August ins Wasser – und auch nur im August“, weiß Eva Marin Ortiz, deutsche Ärztin aus Port d'Alcúdia, „das hat irgendwie so Tradition. Dagegen sind es meist die nordeuropäischen Residenten, die ich selbst in den ausgesprochenen Wintermonaten regelmäßig ihre Runden im Wasser drehen sehe.“ Die Ersten im Jahr, die sich an der Playa de Palma ins Wasser stürzen, sind traditionell die Urlauber von „Partyreisen 24“. Nachdem sie eigens zur Silvesterparty im Bierkönig anreisen, steht am Neujahrsmorgen das sogenannte „Anbaden“ auf dem Programm: Das neue Jahr wird mit einem Sprung in die Wogen begrüßt, sogenanntes „Silvesterschwimmen“, mittlerweile vielerorts ein beliebter Brauch. Steht hier der Spaßfaktor im Vordergrund, geht es regelmäßigen Winterbadern eher um den positiven Effekt für Gesundheit und Immunstärkung.

Jana Ditter aus Augsburg, seit zehn Jahren auf der Insel, ging in ihrem ersten Winter auf Mallorca jeden Tag ins Meer. „Meistens im Anschluss an den Sport – lange drin war ich nie und auch nicht mit dem Kopf unter Wasser, aber die paar Züge im Kalten waren immer super belebend und sehr erfrischend. Ich hatte damals den Strand vor der Haustür, so habe ich mich leichter überwunden.“ Der Kneippsche Warm-Kalt-Wechsel-Effekt sei ein wunderbar simples Mittel zur Vitalisierung, erklärt Eva Marin Ortiz, „das Abwehrsystem wird gestärkt, der ganze Körper stark durchblutet“. Allerdings mit Vorsicht zu genießen für chronisch Kranke, da sich der Kälteschock auf den Stoffwechsel niederschlage. Auch Menschen mit Herzproblemen, Atembeschwerden oder untrainiertem Kreislauf rate sie davon ab. „Wichtig ist, sich selbst zu beobachten. Tritt trotz kräftigem Schwimmen ein inneres Fröstelgefühl auf, fühlen sich die Extremitäten eisig an oder der Kopf, werden die Fingerspitzen weiß, dann ist es zu kalt.“

Es sei ratsam, sich langsam ins Wasser vorzutasten, und sich so erst mal daran gewöhnen zu können, „ein guter Tipp ist auch, davor kalt zu duschen, dann empfindet man das Wasser wärmer – auch das kräftige Abrubbeln mit einem Luffa-Handschuh steigert diesen Effekt“. Im Wasser ziehen sich die Gefäße zusammen, an Land erweitern sie sich wieder, eine Überwärmung wird erzielt. „Dann heißt es raus aus den Badesachen und rein in warme Kleidung, am besten führt man sich auch mit einem heißen Tee oder einem warmen Fußbad zusätzlich noch Energie zu“, sagt Marin Ortiz.

Aufpassen sollten Badegäste, die sich jetzt das erste Mal in diesem Jahr ins Meer wagen, bei dem stellenweise noch kühlen Wind – „selbst wenn es sonst ein sehr sonniger Tag ist, sollten immer die nassen Sachen ausgezogen werden, sonst kann es zu einer Unterkühlung der Organe kommen, wie einer Bauchunterkühlung, die kann schnell eine Darmgrippe nach sich ziehen“.