MM: Wie kommt's?
Rubí: Nun, vielleicht fehlte mir die Bereitschaft, ein solches
Wagnis einzugehen. Andererseits stand uns als kleines
Familienunternehmen auch nie so viel Kapital zum Investieren zur
Verfügung.
MM: Gesetzt den Fall, Sie hätten so viele Gewinne wie andere
große Unternehmen auf Mallorca - hätten auch Sie dann Ihr Geld im
Ausland investiert?
Rubí: (schüttelt nachdenklich den Kopf) Nein, vermutlich nicht.
MM: Wie kam es, dass Sie Hotelier wurden? Folgten Sie einer
Familientradition?
Rubí: Nein, ganz und gar nicht. Das entstand aus einer Zwangslage
heraus. Und das kam so: Ich hatte etwa 20 Jahre als
Bankangestellter gearbeitet und mich dann nach ersten Erfahrungen
im Immobilienbereich mit einem Projekt in El Arenal selbstständig
gemacht; mit einer eigenen Baufirma. Bald darauf sollten wir im
Norden der Insel das Hotel Alcúdia Pins bauen, und ich dachte, das
ist der Auftrag meines Lebens. Doch es kam alles anders...
MM: Was passierte?
Rubí: Der Bauträger ging pleite. Da standen wir, als Baufirma, ohne
Geldgeber, mit einem halbvollendeten Bau und zahlreichen
Zulieferern, die bezahlt sein wollten. Das war um 1983. Dann tat
sich zwei Jahre nichts, bis ein Insolvenzgericht uns die Bauruine
zusprach. Schließlich fanden wir neue Partner, bauten das Hotel in
Eigenregie zu Ende und eröffneten es 1987 am 22. Mai, dem Tag der
Heiligen Rita, der "Helferin in aussichtslosen Nöten".
MM: War es nicht eine große Umstellung, vom Bankangestellten
und Chef einer Baufirma plötzlich zum Hoteldirektor zu
werden?
Rubí: Ich hatte Glück, denn ich hatte gute Freunde. Einer von ihnen
war ein sehr erfahrener Hotelier, der mir mit Rat und Tat zur Seite
stand. So konnte ich vom ersten Tag an unser Hotel als Direktor
führen.
MM: Wie waren Ihre Erlebnisse als
Tourismusunternehmer?
Rubí: Damals war das Hotelgewerbe auf Mallorca das große Geschäft.
Die jährliche Abwertung der Peseta um mitunter zehn Prozent
eröffnete der Branche große Spielräume beim Aushandeln der Verträge
mit den Reiseveranstaltern, zum Vorteil für beide Seiten. Diese
Devisengewinne hörten mit der Einführung des Euro vollständig auf.
Heute geht es um Preisanpassungen von ein bis zwei Prozent. Aber
was im Gegensatz zu früher enorm gestiegen ist, sind die
Nebenkosten für Energie, Verpflegung, Gehälter.
MM: Wie gestaltet sich die anstehende Saison?
Rubí: Wir haben in den vergangenen 24 Jahren stets zum 1. April
geöffnet. Dieses Jahr startet der Betrieb erstmals am 24. April,
drei Wochen später, um kein Geld in der Anfangszeit zu verlieren.
Das vergangene Jahr war das schlechteste in unserer
Firmengeschichte. Allerdings gehen wir davon aus, dass 2010 besser
läuft. Und noch besser 2011 und 2012.
MM: Was macht Sie da so zuversichtlich?
Rubí: Wir haben die Verträge mit den Reiseveranstaltern für diese
und die kommenden beiden Saisons bereits abgeschlossen, und zwar
mit Abnahmegarantien für unsere Zimmer.
MM: Wie steht es mit all-inclusive? Bieten Sie diese
Verpflegungsart in Ihrem 2200-Betten-Hotel an?
Rubí: Wir haben bisher kein all-inclusive angeboten, das wird es
auch 2010 nicht geben. Es ist aber sehr wohl möglich, dass wir
einen Teil unserer Plätze ab 2011 für dieses Bewirtungsgeschäft
öffnen müssen, bei einem Anteil von vielleicht 20 bis 30 Prozent.
Das haben die Reiseveranstalter durchgesetzt. Verträge mit
Abnahmegarantien gibt es für Hotels nur noch, wenn sie sich
all-inclusive öffnen.
MM: Ist Ihnen das recht?
Rubí: Für uns wäre es ideal, wenn die Reiseveranstalter nicht auf
diese Forderung bestehen würden, aber das Thema ist von großer
Bedeutung. Es bleibt kein Ausweg.
MM: Derzeit ist viel von Modernisierung veralteter Hotels die
Rede. Die Playa de Palma soll mit einem großen Integralplan saniert
und verschönert werden. Fühlen sich die Hoteliers in Norden
Mallorcas da nicht links liegen gelassen?
Rubí: Die Modernisierung ist an der Playa de Palma viel notwendiger
als bei uns im Norden. Hier sind die Hotels viel später errichtet
worden, als die Bauauflagen deutlich strenger waren. Die Gebäude
durften nicht so hoch ausfallen und mussten viel mehr Gartenfläche
pro Gast ausweisen als in Arenal.
MM: Man braucht im Norden also kein Geld für Investitionen
und neue Infrastrukturen?
Rubí: Doch, das auf jeden Fall. Und es ist eine Unding, eine
Lächerlichkeit, dass der Golfplatz, der bei Muro entstehen sollte,
nun wieder blockiert wird. Noch dazu, da die Projektentwickler alle
Baugenehmigungen beisammen hatten.
MM: Sie sind ein Verfechter des Golfplatzes.
Rubí: Ich bin, was den Umweltschutz betrifft, selbst der größte
Aktivist. Aber wir müssen realistisch bleiben. Der Golfplatz ist
eine gute Lösung, um die geklärten Abwasser sinnvoll
wiederzuverwenden. Durch den Platz entsteht darüber hinaus kein
einziges zusätzliches Hotel. Dafür aber schafft der Golfplatz
Arbeitsplätze und lockt neue Besucher in den Inselnorden, auch im
Winter. Wir haben den Golfplatz bitter nötig. Ebenso ein neues
Sportgelände, auf das wir schon seit Jahren vergeblich warten.
MM: Sie sagten, Sie haben Ihre Einnahmen auf Mallorca
investiert. Sie besitzen seit 2003 das Weingut Macià Batle in Santa
Maria. Sind Sie lieber Hotelier oder Winzer?
Rubí: Das Kuriose ist, dass ich erst als Weingutbesitzer in der
Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Aber Winzer konnte ich nur
werden, weil ich Hotelier bin.
MM: Wie kam es zum Kauf von Macià Batle?
Rubí: Ich spielte damals mit dem Gedanken, ein eigenes Weingut zu
gründen. Als Macià Batle zum Verkauf stand, machte mich ein Cousin
darauf aufmerksam. Ich traf mich mit Ramon Servalls, dem
Gutsdirektor, und war rasch überzeugt, das Richtige gefunden zu
haben. Da ich aber gar keine Ahnung vom Weinbau habe, bestand ich
darauf, dass er als Direktor und Teilhaber bleiben müsse. Die Sache
hat sich prächtig entwickelt. Damals füllten wir im Jahr 300.000
Flaschen ab. Heute sind es rund eine Million.
MM: Und Sie und Servalls scheinen einen guten Draht zu den
Künstlern zu haben, die die Etiketten der Weine gestalten.
Rubí: Ja, das hatte bereits Ramon gestartet. Wir kooperieren mit
den Künstlern, indem wir jeweils das Original für den Jahrgang
behalten und ihnen vier, fünf weitere Werke abkaufen. Mittlerweile
haben wir 80, 90 Arbeiten von teils sehr guten Malern zusammen.
Eine kleine Sammlung, die irgendwann ihr eigenes Renommee haben
wird.
MM: Apropos Renommee, neulich stand Ihr Name in den Medien
als Besitzer des erstens Zesels auf Mallorca, ein extrem seltener
Mischling aus Zebra und Esel.
Rubí: Schon als Kind träumte ich von einem großen Bauernhof. Diesen
Wunsch haben ich mir 1988 mit der Finca Son Sastre verwirklicht.
Dort halte ich Hirsche, Mufflons, Pferde, Ponys, Esel und Zebras.
Offenbar hatte sich das Zebra in die Eselin verliebt, oder
andersherum. Wir bekommen Briefe aus aller Welt, von
Wissenschaftlern, die die Tiere sehen wollen.
MM: Was werden Sie mit dem jungen Zesel machen?
Rubí: Er soll zu unserem Maskottchen werden, für ein neues
Landhotel, das wir mit Partnern zwischen Petra und Felanitx
betreiben wollen: Sa Franquesa Nova. Die Eröffnung ist jetzt für
Mai vorgesehen.
MM: Was ist Mallorca? Die Insel des Weins, der Kunst, des
Tourismus?
Rubí: Machen wir uns nichts vor: Der Tourismus ist die Grundlage
unserer Wirtschaft. Und die Konkurrenz ist hart. Nicht weil wir
schlechter geworden sind. Sondern weil die anderen besser geworden
sind.
MM: Was ist also zu tun?
Rubí: Ich habe da auch kein Patentrezept. Da sind auch unsere
Politiker gefordert. Uns bleibt nichts anderes übrig, als sie
weiterhin zu ertragen. Wir müssen einfach weiter arbeiten, weiter
kämpfen - um uns zu behaupten.
Mit Sebastià Rubí sprach Alexander
Sepasgosarian
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