Offiziell beginnt sein Arbeitstag um 5.30
Uhr, aber "Mercapalma"-Direktor Javier Martin Socias ist immer
lieber eine halbe Stunde früher da: "Ab sechs ist der Großmarkt für
die Kunden geöffnet, bis dahin muss alles perfekt sein." Angesichts
der Tatsache, dass sein Arbeitsplatz 35.000 Quadratmeter umfasst,
auf denen rund 1500 Menschen tätig sein, verständlich: "Damit man
nicht den Überblick verliert." Dem Neuling kann das schnell
passieren. Hat man die Schranke am Eingang zum Großmarktgelände in
Coll d'en Rabassa hinter sich gelassen, wähnt man sich in einer
etwas anderen "Mini-Welt" mit eigenen Gebäuden, Menschen, Regeln:
Ein "polígono agro- alimentario" nennt Javier das Gewerbegebiet,
das 1973 seine Pforten für die Groß- und Einzelhändler
landwirtschaftlicher Erzeugnisse der Insel öffnete: "Rund 70
Prozent von Obst und Gemüse, 42 Prozent vom gesamten Fleisch und 28
Prozent vom Fisch, der auf Mallorca konsumiert wird, kommt von
Mercapalma", kann der "Director de Mercat" aus dem Kopf
herunterspulen.
Diese drei Lebensmittelsorten werden von den rund 120
Unternehmen, die sich hier auf dem Gelände einen Standort gesichert
haben, angeboten. Dafür gibt es, so Javier, zwei Arten von
Gebäuden: Einmal große Mehrzweckhallen ("pabellones"), in denen
verschiedene Unternehmen eine Lebensmittelsorte wie Obst oder Fisch
verkaufen. In den "Zacs" ("Zonas de actividades complementarias")
erwerben die Unternehmen einzelne Parzellen, die sie ganz nach
ihren persönlichen Vorstellungen gestalten können. In einer dieser
Zonen, erklärt Javier, gebe es zum Beispiel ausschließlich
mallorquinische Produkte. Ansonsten kommen die Produkte hier - vor
allem Obst und Gemüse - aus aller Welt: "Vom spanischen Festland
genau wie aus Chile, Brasilien, Costa Rica, aber auch Afrika und
Asien." Für einen "Bummel" übers Mercapalma-Gelände braucht man
einen langen Atem - und Orientierungssinn. Die Straßen sind zwar
mit Buchstaben gekennzeichnet, aber in diesem Labyrinth aus großen
und kleinen Lagerhallen aus der "Calle P" zurück zum Parkplatz
finden? Zum Glück ist Javier ja da, und der scheint hier
augenscheinlich fast jeden persönlich zu kennen. Freundlich begrüßt
er das mallorquinische Ehepaar José und Maria Fulland. Die beiden
sind gerade mit ihrem alten Lieferwagen aus Montuïri eingetroffen
und nun dabei, Kartoffeln, Salatköpfe, Porreestangen und anderes
Erntegut aus dem heimischen Betrieb abzuladen. Seit dreißig Jahren
kommen sie her, jetzt noch dreimal die Woche, erzählt Maria, denn
die wirtschaftliche Situation sei schwieriger geworden in den
letzten Jahren: "Vor allem, weil es keinen Nachwuchs gibt für diese
harte Arbeit." Die Krise, sagt der Marktdirektor, habe sich
natürlich auch bei Mercapalma bemerkbar gemacht - weniger stark
indes als in anderen Branchen der Insel, glaubt er und hat dafür
auch eine einfache Theorie parat: "Essen muss der Mensch
schließlich - ob Krise oder nicht." Anfang 2009 sei die Situation
dennoch recht ernst gewesen: Bei den wichtigsten Verkäufern von
Palmas Großmarkt waren die Umsätze um rund 20 Prozent eingebrochen.
Bis in die heutigen Tage kritisch sei weiterhin die schlechte
Zahlungsmoral: Erst rund zwei Monate nach dem Einkauf würden im
Schnitt die gestellten Rechnungen beglichen.
Noch ein interessantes Detail hat Javier bei der Besichtigung
einer der Fischhallen parat, die teils aus der Lonja in Palma,
teils aus vielen anderen Ländern über Barcelona beliefert werden:
Während der Fleischumsatz bei Mercapalma von 2008 auf 2009 um knapp
zwölf Prozent gesunken sei, betrage die Minus-Bilanz beim Fisch nur
ein Prozent: "Obwohl Fisch ja das teurere Produkt ist", so der
Direktor und vermutet: "Vielleicht weil Fisch das gesündere Image
hat. Darauf will der Konsument womöglich einfach nicht verzichten."
Und auf frisches Obst wohl auch nicht: In der "PalmaFruit"-Halle,
wo besonders viele exotische Früchte in Kisten auf ihre Käufer
warten, herrscht jedenfalls gute Stimmung. Es ist kurz vor acht,
der Hauptverkaufsstress fast vorbei: Nur Restaurantbesitzer oder
ihre Köche kommen, nach vorheriger langer Arbeitsnacht, oft erst
später hierher. Viele von ihnen, erklärt Javier, haben allerdings
auch ihre "Händler des Vertrauens", von denen sie sich die frischen
Produkte direkt nach Hause liefern lassen.
Mit Schwung und einem Lied auf den Lippen brettert ein junger
Gabelstaplerfahrer um die Ecke, während sein Chef hier, Emilo Vera,
die Herkunft von Physalis, Kumquat, Chirimoa und Litschi erläutert.
Recht neu im Sortiment sei auch die Yucca-Wurzel aus Costa Rica:
"Solche Exoten gab es früher auf Mallorca nicht - sie werden auch
heute vor allem von zugereisten Residenten gekauft." Auf dem Weg
zum Hauptgebäude von Mercapalma - "Wir sind insgesamt rund 120
Mitarbeiter" -, erklärt Javier, dass es sich dabei teils um ein
Unternehmen der öffentlichen Hand handle. Denn: "51 Prozent der
Aktien gehören dem Rathaus von Palma, 49 Prozent dem
Großmärkte-Verband ,Mercasa', dem spanienweit 23 Großmarkt-Zentren
angehören." Damit das Interesse an Mercapalma-Frische künftig nicht
nachlässt, wurde die "L'Escola al Mercat" gegründet, eine
Komission, die gemeinsam mit der Handelskammer das Thema "Gesunde
Ernährung" bis in die Schulen hineintragen will. "Hola, Nacho",
ruft Javier einem seiner unzähligen Bekannten zu - diesmal vor
einer der Bars, die ebenfalls zum Großmarkt-Gelände gehören. Jetzt
ist erst mal Zeit für einen Plausch - und einen "Café con
leche".
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