Gleich ganze Bündel zerknitterter
50-Euro-Scheine, die unter lautstarken Beifallsrufen und -klatschen
von Hand zu Hand gehen, locken die Beute an: Der Geruch von Gier
liegt in der Luft. Beobachtet man das Spektakel nur wenige Minuten,
ist kaum fassbar, dass noch jemand auf die "Trileros", die
Hütchenspieler, hereinfallen kann.
Zu diesem Team hier gehören acht Mitglieder, wovon fünf die
angetriggerten Mitspieler mimen, die sich vor 50-Euro-Gewinnen kaum
retten können: Kein Wunder, sieht man doch deutlich, unter welchem
der drei Hütchen die kleine, rote Kugel liegt. Zu raten ist da
eher, wann die nächste Polizeipatrouille aufkreuzt. Zwei Männer der
"trilero"-Truppe halten zu beiden Seiten der Straße Ausschau.
Nähert sich ein Wagen der "Policía local" - und das passiert etwa
alle zehn bis zwanzig Minuten - ist der umgestürzte
"Marlboro"-Pappkarton, der als Spieltisch dient, ruckzuck hinter
der Hausecke verschwunden. Nach 90 Sekunden ist er wieder da, das
Spiel geht weiter.
Keine Frage: Die Polizei zeigt Präsenz an der Playa de Palma, um
die wichtige Touristenmeile vom unschönen "Nepper, Schlepper,
Bauernfänger"-Image zu befreien. Und das mit Erfolg, wie Ángel
Garcia, Sprecher der "Policía local" findet: "Seit wir letztes Jahr
Überwachungskameras in der ersten Linie installiert und zudem
intensive Kontroll-Patrouillen eingeführt haben, ist die Häufigkeit
der Hütchenspiele deutlich zurückgegangen." In Zahlen: Habe man
2007 noch 210 Tatbestände mit einer Ausbeute von 11.114 Euro
registriert, seien es 2008 gerade mal 149 Fälle (Schaden: 6123
Euro) gewesen.
Für Helmut Kalenborn, der das Geschehen an der Playa de Palma im
Laufe einer Buchrecherche aus nächster Nähe beobachtet hat, sind
diese Maßnahmen nicht ausreichend: "Das ist doch nur ein
,Katz-und-Maus'-Spiel. Ist die Polizei weg, sind die Betrüger
wieder da." Ángel Garcia betont indes, dass die rechtliche Handhabe
gegen die "Trileros" begrenzt sei: Es handle sich bei ihrem
"Glücksspiel" nicht um eine Straftat ("Delito"), sondern eine
Ordnungswidrigkeit, weil, ginge es mit rechten Dingen zu, dafür
eine behördliche Genehmigung erforderlich sei. Die "Trileros"
werden behördlich erfasst, kriegen eine Anzeige wegen "illegalen
Spiels" und eine Geldstrafe zwischen 300 und 3000 Euro: "Nur
zumeist kann diese Strafe nicht gezahlt werden", so Ángel Garcia.
Eine Straftat liege deshalb nicht vor, weil die Teilnahme am Spiel
ohne Zwang stattfinde - "das Opfer nimmt freiwillig teil" -, und
der Betrug oft nicht eindeutig nachzuweisen sei: "Deshalb warnen
wir die Touristen jedes Jahr erneut in den Hotels und auf
Plakaten."
Nicht wenige fühlen sich zunehmend auch von den zumeist aus
Afrika stammenden Straßenhändlern gestört, die gefälschte
"Marken"-Sonnenbrillen, Gürtel und Schmuck anbieten. Gleich
"133-mal", so MM-Leser Roland Steiner aus Bahia Blava, sei er
kürzlich auf seiner Fünf-Kilometer-Strecke an der Playa
angesprochen und "angemacht" worden. Auch hier setzt die Polizei
nun verstärkt auf Kontrollpatrouillen und Razzien, wie am Freitag
in einer Großaktion im Lonja-Viertel, bei der fünf Straßenhändler
wegen "Verstoßes gegen das Markenschutzgesetz" festgenommen wurden
(sie sind inzwischen wieder frei).
Kein Umsatz, keine Händler: Zu dem Schluss von MM-Leser Steiner
kommt auch Helmut Kalenborn. Am besten sofort die Straßenseite
wechseln, wenn man "Trileros" erspäht hat, rät er: "Total
ignorieren, sich keinesfalls animieren lassen." Auch nicht ein
bisschen. Einem Touristen, der nur 20 Euro einsetzen will,
antwortet der "Trilero": "No socialismo - capitalismo!" Und weiter
geht das Spiel.
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