Der balearische Tourismusminister und Parteichef der kleinen
Regierungspartei Unió Mallorquina (UM), Miquel Nadal, ist ins
Visier der Justiz geraten. Er wird der Untreue im Amt, der
Unterschlagung öffentlicher Mittel sowie der Urkundenfälschung
beschuldigt. Hintergrund sind Ermittlungen zu einem
Immobilienprojekt in Palma, das den Bau von 600 Wohnungen
vorsah.
Damit haben sich seit Wochenbeginn die latenten Spannungen
innerhalb der Regierungskoalition aus Sozialisten, Vereinigter
Linke und der bürgerlich-regionalistischen UM unversehens zu einer
Krise ausgewachsen.
Nadal stellte am Montag seine politischen Ämter zur Disposition
seiner Partei. Er habe gute Lust, dem Rat seiner Familie zu folgen
und sich aus der Politik zurückzuziehen, erklärte Nadal. Der
studierte Jurist, Jahrgang 1960, ist neben seiner Funktion als
Minister und Parteivorsitzender auch Delegierter im Stadtrat von
Palma. Als Bürgermeisterkandidat war er 2007 der sozialistischen
Bewerberin Aina Calvo unterlegen.
Das UM-Präsidium lehnte alle Rücktrittsangebote Nadals ab. Auch
der große Koalitionspartner, die Sozialisten, forderten bislang
nicht seinen Rücktritt. Wie Nadal am Dienstag gegenüber den Medien
erklärte, habe er Ministerpräsident Francesc Antich seinen
Rücktritt angeboten. Dieser habe ihn jedoch gebeten, auf dem Posten
zu bleiben.
Antich selbst äußerte sich am Mittwoch zu den jüngsten
Ereignissen in den Balearenpolitik. Obgleich die Situation
kompliziert sei, ziehe er einen Rücktritt Nadals nicht in Erwägung.
Gleichzeitig schloss der Ministerpräsident vorgezogene Neuwahlen
aus.
Die schärfste Kritik an Nadal brachte der linke
Koalitionspartner vor: Sollten sich die Vorwürfe gegen den
Tourismusminister bestätigen, müsse er seinen Posten räumen. Die
Ermittlungsrichter haben Nadal zum 30. April zu sich bestellt.
Innerhalb weniger Tage hat sich die Situation für den UM-Chef
ins Gegenteil verkehrt: Der seit gut fünf Monaten amtierende
Tourismusminister wurde bislang vor allem als treibende Kraft
wahrgenommen. Vergangene Woche noch hatte Nadal aus einer Position
der Stärke heraus Druck auf seine Koalitionspartner ausgeübt und
konkret die Genehmigung des umstrittenen Golfplatzes Son Baco bei
Campos gefordert. Hinzu kam, dass Nadal Antich drängte, die Mittel
für Tourismuswerbung auf 50 Millionen Euro zu verdoppeln.
Während die beiden Politiker am Donnerstag vergangener Woche in
Berlin Werbung für die Balearen machten, wurde in Palma offen über
einen Bruch des Regierungsbündnisses spekuliert. Eine Einigung
wegen Son Baco schien ferner denn je, insbesondere weil die UM am
Montag dazu einen wichtigen Antrag einbringen wollte.
Just an jenem Montag wurden die Anschuldigungen gegen Nadal
bekannt. Damit geriet er selbst unter Druck. Mehr noch: Zeitgleich
mit den Ermittlungen gegen ihn wurden wegen eines anderen
Korruptionsverdachts in Sachen Autobahnbau hohe Parteifunktionäre
der UM in Untersuchungshaft genommen (siehe nebenstehenden
Artikel).
Bei dem Immobilienprojekt, das nun für Nadal zum Dilemma wurde,
handelt es sich um das Grundstück Can Domenge neben Palmas
Nervenklinik. Nadal hatte 2006 im Auftrag der damaligen
Inselratspräsidentin Maria Antònia Munar (UM) die
Ausschreibungsbedingungen unterzeichnet. (Munar war an jenem Tag
unpässlich.) Der Inselrat verkaufte das Gelände an ein
Bauunternehmen. Ein Konkurrent dieser Firma, der mit 60 Millionen
Euro doppelt so viel Geld für das Gelände geboten hatte, ging leer
aus und klagte. Das Gelände ist heute noch eine Brache.
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