Für einen Ökonomie-Professor und Zahlen-Experten spricht Antonio
Riera eine ungewohnt bildhafte Sprache. "Der Sturm ist mehr als
sicher. Jetzt gilt es, die Möbel zu retten", sagte der Direktor des
Wirtschafts-Forschungszentrums CRE - das gemeinsam von der
Balearen-Sparkasse und der Universität getragen wird - am
Donnerstag vergangener Woche bei der Präsentation der jüngsten
Konjunkturdaten für das 3. Quartal.
Nach seinen Worten muss sich die Wirtschaft 2009 "warm
anziehen", denn die Krise sei langwierig und "habe noch einen
weiten Weg vor sich". Die Arbeitslosigkeit auf den Inseln werde im
Winter auf über 80.000 Erwerbslose steigen (2007: rund 50.000). Die
Bauwirtschaft, die in den vergangenen Jahren überdimensional
gewachsen war, werde stagnieren oder gar schrumpfen.
Gleichwohl trifft es die Inseln nicht so hart wie das spanische
Festland, sagt Riera. Während es als ausgemacht gilt, dass das
Königreich 2009 in die Rezession schlittert, werden die Balearen
auch im kommenden Jahr Wachstum verzeichnen. Der Wirtschaftsguru
der Inseln prognostiziert für die Balearen eine Zunahme des
Bruttoinlandsprodukts 2008 um 1'4 Prozent (2007: 2'7 Prozent). Im
kommenden Jahr schwäche sich das Wachstum weiter ab; es werde
jedoch bei einem Wert unter einem Prozent weiterhin positiv
sein.
Der Hauptgrund dafür ist nach Rieras Worten einmal mehr der
solide Dienstleistungsbereich, der auf den Inseln vor allem vom
Tourismus profitiert. "Service und Tourismus sind unser Ross, um in
die Schlacht zu ziehen."
Hoffnungen setzt Riera dabei vor allem auf die deutschen
Touristen. "Die Dynamik des deutschen Marktes war die wichtigste
Stütze für unsere Sommer-Saison", bilanziert Riera rückblickend und
geht davon aus, dass sich daran 2009 wenig ändern werde. Im
Vergleich dazu seien der britische und der spanische Quellmarkt
deutlich stärker am Schwächeln.
Was ist aber, wenn die internationale Finanz- und
Wirtschaftskrise auch in Deutschland massiv durchschlägt? "Dann
sind die Aussichten noch viel gravierender für die Balearen." Riera
verweist allerdings auf ökonomische Erfahrungswerte: In
Krisenzeiten - so haben Ökonomen beobachtet - griffen Konsumenten
bevorzugt zu bestimmten Produkten, die sie als günstig erachteten.
Bei den Lebensmitteln seien dies etwa Brot und Hühnerfleisch. In
Sachen Tourismus seien die Balearen für die Bundesbürger, so Riera,
"pan y pollo".
Die Einschätzung Rieras, dass auf die deutschen Touristen auch
im kommenden Jahr Verlass ist, wird von den großen
Reiseveranstaltern geteilt. Für die TUI AG bleibt Mallorca das
wichtigste Reiseziel der Deutschen. Der Tourismus werde auch im
kommenden Jahr zulegen. Mitbewerber Thomas Cook (Neckermann)
verweist seinerseits darauf, dass "Urlaub für die Menschen höchste
Konsumpriorität" habe. Mallorca als Ziel im Flugnahbereich sei auch
2009 beliebt, schrieb Peter Fankhauser, Vorstandsvorsitzender der
Thomas Cook AG vergangene Woche in MM. Alltours, die
Nummer vier der Branche, rechnet im kommenden Jahr mit 3'5 Prozent
mehr Gästen und 8'5 Prozent mehr Umsatz auf den Balearen.
"Jetzt kommt es vor allem darauf an, der Krise zu widerstehen
und auszuhalten", sagte Riera. Die Rückanpassung im Baugewerbe sei
kaum abwendbar. Es gebe aber auch positive Entwicklungen: Die
Inflation sinkt, der Ölpreis befindet sich nach seinem Höhenflug
auf Tiefstand. Auch der Anstieg der Immobilienpreise auf den Inseln
sei nahezu gestoppt. Im 3. Quartal war der Zuwachs mit 1'7 Prozent
auf 2411'9 Euro pro Quadratmeter gegenüber dem Vorjahr so niedrig
wie seit Jahren nicht mehr.
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