Morgens um sieben war am 29. Oktober die Welt
noch in Ordnung, aber schon eine Stunde später brach im Hafen von
Andratx die Hölle los. „Gegen 8 Uhr fegten orkanartige Böen aus
Südwest übers Meer und rissen die Schwimmstege, an denen unsere
Boote befestigt waren, aus den Verankerungen”, berichtet Christian
Scharf, der mittendrin war im Geschehen.
„Einige Schiffe wurden mit Teilen der Stege Richtung Hafen
getrieben, bei anderen hatten sich Taue und Eisenbeschläge durch
die Wucht des Sturmes vom Holz der Stege losgerissen und waren
komplett manövrierunfähig. Sie kollidierten mit anderen Booten oder
wurden an die Klippen oder Hafenmauern geschleudert.” Der Schreck
steht dem Eigner der „Freebotter” noch ins Gesicht geschrieben,
obwohl er noch Glück im Unglück hatte: Seine 15'70 Meter lange
Stahlcatch strandete zwar im Hafengelände, schlug aber nicht leck
und wurde nur leicht beschädigt. Vor anderthalb Jahren hatte der
Deutsche die Yacht für 150.000 Euro von einem Freund gekauft,
seitdem wohnt Christian Scharf auf dem Boot, das seit dem Sommer
einen der Liegeplätze an den neu installierten Schwimmstegen in
Port d'Andratx hatte.
„Als der Sturm losbrach, wusste ich sofort, dass es schlimm
werden würde, obwohl wir im Schutz des Hafens lagen.” Nachdem das
Boot vom Steg losgerissen wurde, habe er deshalb versucht, mit
Motorkraft in den Wind zu drehen, um Schlimmeres zu verhindern.
„Weil aber noch ein Teil des Steges an einem der Taue hing, war die
Yacht manövrierunfähig”, beschreibt Scharf das Chaos. Ihm blieb
nichts anderes übrig, als das Schiff vom Wind ans Land treiben zu
lassen.
Ähnlich erging es benachbarten Booten, wie der „Sharivari”,
deren Eigner zum Zeitpunkt des Unglücks nicht an Bord war. „Hier in
Port d'Andratx haben schon im Sommer viele Fischer und
Yachtbesitzer gesagt, dass die neuen Schwimmstege dem ersten
schweren Sturm nicht standhalten werden”, erinnert sich der
Hamburger Dieter Jain-czik, der seit zwei Jahren seine Yacht
„Emely” hier liegen hat. „Früher gab es drüben auf der anderen
Seite des Hafens immer nur ein großes Mooring-Feld. Als die Stege
verankert wurden, habe viele Hafenkenner den Kopf geschüttelt.”
Über den Schaden, der nun entstanden ist, gibt es noch keine
genauen Zahlen. Wie andere Yachtbesitzer muss auch Dieter Scharf
jedenfalls erstmal tief in die Tasche greifen, damit sein Boot nach
dem Sturm von einem riesigen Kran wieder aufgerichtet und zu Wasser
gelassen wird.
Andere Schiffe sind komplett zerstört; wer für die
Schadensregulierung zuständig ist, wird zurzeit geklärt. Die
größten Boote lagen an den umstrittenen 14 Schwimmstegen, an denen
insgesamt 65 Schiffe vertäut waren. Drei der Stege wurden
losgerissen, dabei 14 Boote beschädigt. Das Umweltministerium der
Balearen prüft nun, ob die „Pantalanes” möglicherweise fehlerhaft
verankert wurden.
Zu diesem Zweck wurden auch Gutachter beauftragt, die den
ordnungsgemäßen Zustand der Stege überprüfen sollen. „Wir hatten
hier bestimmt mit Windstärken von mehr als 120 Stundenkilometern zu
tun, da ist es eigentlich ein Wunder, dass nicht noch mehr passiert
ist”, sagt Christian Scharf. Das spanische Meteorologische Institut
AEMAT spricht derweil von einer Wetterkatastrophe. In diesem Fall
wäre das Versicherungskonsortium des Wirtschaftsministeriums für
die Schadensregulierung zuständig.
Heftige Kritik wird an den Hafenverantwortlichen in Andratx
geübt. Weder seien die Hafenmeister am Morgen des Sturmes
rechtzeitig zur Stelle gewesen, noch hätten sie sich gegenüber den
Geschädigten besonders hilfsbereit gezeigt, heißt es in
Seglerkreisen.
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