Mallorca. Es scheint fast so, als würden die
Flughafen-Angestellten absichtlich ungenaue Auskünfte geben: Es
geht dabei jedoch nicht um Informationen zu Ankunfts- und
Abflugzeiten, sondern um die Frage nach der "Mujer del Gato"
("Katzenfrau"), einer Deutschen, die in den letzten Tagen
unfreiwillig für einen großen Medienrummel am Flughafen von Palma
gesorgt hat. "Was wollt ihr denn plötzlich alle von ihr", fragt
lachend und kopfschüttelnd die junge Dame am Informationsschalter.
"Was ihr für eine Sensation haltet, ist für uns ein alter Hut. Seit
knapp sechs Jahren lebt sie schon hier", erzählt der Kellner eines
Bistros.
Ob Schuhputzer, Reinigungspersonal oder Security-Leute:
Sämtliche Flughafen-Mitarbeiter kennen die Deutsche, nur heute will
sie niemand gesehen haben.
Spanische und deutsche Medien hatten in den vergangenen Tagen
regelrecht Jagd auf die Geschichte von Bettina alias Biggie oder
Vicky gemacht, dabei gab es unterschiedlichste Versionen: Seit vier
Monaten lebe sie am Flughafen, berichtete der deutsche Boulevard.
Sieben Jahre seien es inzwischen, heißt es in spanischen Zeitungen.
Sie warte dort auf eine verlorene Liebe; einen Mann, der sie suchen
und wieder mitnehmen würde, beruft sich die spanische Presse auf
Informationen einer Flughafen-Angestellten. Ihre Geschichte wurde
auch schon mit dem Hollywoodfilm "Terminal" verglichen, dort spielt
Tom Hanks einen Staatenlosen, der mehrere Jahre in einem Flughafen
lebte.
Die meist ungenauen Auskünfte der Aeropuerto-Mitarbeiter über
den momentanen Aufenthaltsort der "Katzenfrau" haben einen Grund:
Sie wollen ihre Flughafen-Berühmtheit vor weiteren aufdringlichen
Medienbesuchen schützen.
Doch wer lange genug sucht, findet sie: Der große grauweiße
Perserkater, der auf einem vollgepackten Gepäckwagen sitzt und sich
putzt, ist nicht zu übersehen. Daneben sitzt die 48-Jährige mit
einem Bekannten.
Wie eine typische Obdachlose sieht sie nicht aus, doch der
Stress der letzten Tage hat seine Spuren hinterlassen. "Es ist
nicht schön, berühmt zu sein", sagt die ehemalige
Zoll-Sachbearbeiterin, die schlicht "Bettina" genannt werden
möchte. "Am aufdringlichsten waren die spanischen Fernsehteams, das
war abartig", so Bettina.
Um sie vor dem Rummel in Sicherheit zu bringen, ist nun ihr
"langjähriger Bekannter Ludwig" gekommen. "Hilfe, ich werde
verfolgt. Ich bin ein Star, hol mich hier raus!" So lautete die
verzweifelte Nachricht, die er erhalten habe, berichtet Ludwig.
Da ihre Papiere gestohlen worden seien, kann Bettina jedoch
nicht sofort die Insel verlassen, "erst muss ich beim deutschen
Konsulat nachweisen, dass ich lebe und wer ich bin". Doch in ihrem
vorerst letzten Kontakt mit Medienvertretern wolle sie ein paar
Gerüchte klarstellen: "Erst einmal heißt der Kater Mumus und nicht
Mumu, wie alle berichtet haben."
Außerdem habe sie die letzten sechs Jahre nicht konstant im
Flughafen gelebt, "sondern nur sporadisch. Zwischendurch habe ich
in Peguera oder Cala Rajada immer wieder gearbeitet. Doch
irgendwann gab es keine Jobs mehr." So kehrte sie jedes Mal wieder
an den Flughafen zurück, wo sie "bisher unbehelligt" lebte. "Die
Flughafenleitung ist sehr nett und duldet mich hier. Eine
Mitarbeiterin hat mir zweimal in der Woche etwas zu Essen
mitgebracht." Außerdem unterstützte sie Ludwig finanziell.
Ein lokaler Polizeichef habe es auf den zehnjährigen Kater
abgesehen, "doch die Polizisten von der Guardia Civil am Flughafen
beschützen mich, für sie ist Mumus das Flughafen-Maskottchen",
erzählt Bettina.
Ihren Job als Zoll-Sachbearbeiterin hatte sie verloren, nachdem
im Rahmen des Schengener Abkommens die Grenzkontrollen wegfielen.
Nach privaten Schicksalsschlägen wanderte sie nach Mallorca aus.
Nachdem sie hier keine Jobs mehr bekam, wollte sie nicht nach
Deutschland zurückkehren. So fand sie den Flughafen als
sporadischen Zufluchtsort. Doch auch diese Episode wird wohl vorbei
sein, denn dieser ist zu ihrem persönlichen Horror-Dschungelcamp
geworden.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.