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Señor Puig ist nicht da, ruft seine Haushälterin vom Balkon seines Domizils in der Calle de Mar herunter: „Er macht gerade seinen Mittagsspaziergang.” Eine gute Chance also, den mit 104 Jahren ältesten Einwohner von Sóller auf „seiner” Bank anzutreffen, die das Ayuntamiento seinem Ehrenbürger vor Kurzem geschenkt hat.

Und tatsächlich: In der hübschen Fußgängerstraße Calle de Bonany, gleich neben der Plaça de la Constitució, sitzt Josep Puig gerade bei einem Plausch mit Isabel Esteva, der Inhaberin des Spielzeugladens gleich gegenüber. Schick, fast wie ein „Dandy” sieht er aus, in seinem grauen Anzug, mit der passend lila-grau gestreiften Krawatte, und – Ton in Ton – dem lila-grau gepunkteten Schal, den er schwungvoll nach hinten geworfen hat. „Buenos días”, strahlt der alte Herr, und seine blauen Augen verengen sich dabei zu Schlitzen. „Nehmen Sie doch Platz.”

Herr Puig und seine Bank sind dieser Tage eine kleine Mediensensation in Sóller. TV-Sender wie IB3 waren schon da, einige Zeitungen auch. Der Rummel um seine Person ist ihm etwas unangenehm: „Sollen doch die Jungen jetzt in die Öffentlichkeit treten.” Aber wer weiß, ob sie so viel zu erzählen haben wie dieser alte Mann, der auf mehr als ein Jahrhundert zurückblickt. Ein erfolgreiches Textilunternehmen hat er gehabt, bei seinen Angestellten sei er sehr beliebt gewesen, bestätigt Isabel. Als Bürgermeister von Sóller hat er sich in jungen Jahren auch für seine Stadt eingesetzt, als Fußballfan war er maßgeblich am Bau des Stadions beteiligt.

Stets interessiert und engagiert – Eigenschaften, die zu seiner Fitness heute einiges beigetragen haben dürften. Immer noch verfolgt der 104-Jährige das Tagesgeschehen mit wachem Blick. Die fast tägliche Rast auf „seiner” Bank – die demnächst noch offiziell ein Schild vom Ayuntamiento mit persönlicher Widmung und seinem Namen bekommen soll – sorgt dafür, dass er am „Puls der Zeit” bleibt. Um auch den Körper fit zu halten – da ist Herr Puig nicht weniger entschlossen – steht jeden Tag ein Spaziergang von einem Kilometer auf dem Programm: „500 Meter hin, 500 Meter zurück.”

Nach der Hälfte der Strecke hat er sich eine kleine Verschnaufpause verdient, und auf seiner Bank bleibt er nie lange allein. Oben, am Ende der Straße, berichtet Isabel, gäbe es eine Seniorenresidenz, und viele der Bewohner kämen hier vorbei: „Man kennt sich in Sóller, und Herrn Puig besonders.” Mit Blick auf das Schaufenster von Isabels „Cavalle Verd” („Grünes Schaukelpferd”) – Puppen, Teddys – findet sich auf der Bank immer Platz und Zeit für ein kleines Schwätzchen.

Die Aussicht auf die Kinderwelt in Isabels Schaufenster scheint Herrn Puig dabei besonders gut zu gefallen. „Ich bin vier Jahre alt”, sagt er und zwinkert vergnügt mit den Augen. „Vier Jahre im zweiten Jahrhundert.”