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Schnurrend rattert die Nähmaschine über das Leder, lässt Stich um Stich darauf ein feines, zart geflochtenes Ornament erblühen. „Das ist Teil einer Lieferung nach Zürich”, erklärt Tolo Cardell geschäftigt, „ – ein eher klassisches Modell.” Tolo Cardells Welt ist die Welt der Stiefel. Er ist der Chef des Schuh-Unternehmens Tony Mora in Alaró. Der Weg zu seinem Glasbüro, von dem aus er von oben die gesamte Produktionshalle überblicken kann, ist gesäumt von Stiefeln – genauer gesagt von Cowboystiefeln.

Die sind das Aushängeschild der Marke. Wenn Cardell über sie spricht, wird seine Stimme so butterweich wie das Leder, aus dem sie gemacht sind: „Unser Produkt ist der Rolls Royce unter den Stiefeln”, sagt er stolz. Und der Paradiesvogel: Ausgefallene Ornament-Applikationen, durchbrochene Muster, knallige Farben wie Pink und Türkis, aufwendige Stickereien – über 1000 Modelle sind derzeit auf dem Markt. Auf den einen pranken gestickte Rosen, Sternchen, Schmetterlinge oder applizierte Geckos, auf den anderen schmiegt sich Leoparden-Muster an schwarz-weiße Kuhflecken.

Der kleinen Fabrikhalle sieht man nicht an, dass hier jährlich 25.000 Paare für den Weltmarkt hergestellt werden. Tony-Mora

Stiefel werden in 22 Ländern verkauft, vier eigene Läden betreibt das Unternehmen in Ibiza, Barcelona und Holland. In Alaró schließt sich der Produktion ein Fabrikverkauf an: ein Schlaraffenland für Menschen mit Schuh-Tick, die nicht nur in Sachen Fashion auf großem Fuß leben wollen. Im Fabrikverkauf sind die Schuhe 15 Prozent günstiger als der Ladenpreis, der liegt zwischen 300 und 400 Euro. „Dafür haben unsere Kunden einen Schuh, der durch und durch aus Leder und mit über hundert Handgriffen gefertigt ist”, sagt Cardell.

Das Label Tony Mora stammt aus dem Jahre 1918. Anfangs war die Familie Mora Bernat eine von vielen gewesen, die auf der Insel Schuhe produzierten. In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts fing sie an, auf Cowboy-Stiefel für den amerikanischen Markt umzustellen. Cardell, der für einen Schuh-Fabrikanten aus Llucmajor ebenfalls Western-Stiefel produzierte, übernahm vor rund 20 Jahren das Unternehmen.

Stärkster Abnehmer sind jetzt nicht mehr die USA, sondern ist Europa: Italien, Holland, Deutschland. 99 Prozent der Schuhe werden exportiert. Im Ausland wird verkauft – produziert wird nur auf der Insel, in Alaró und in Nähereien bei Inca. Nachdem es in den letzten zwei Jahrzehnten mit der hiesigen Schuhproduktion bergab ging, ist die rein mallorquinische Produktion fast ein Kuriosum – sogar Schulklassen kommen, um die Fertigungsstraßen zu sehen.

Bestrebungen der Balearen-Regierung, mit mallorquinischen Qualitäts-Schuhen auf dem asiatischen Markt zu punkten, lehnt Cardell strikt ab. „Da ziehen wir nicht mit. Asien ist kein Markt für uns. Wir sprechen eine anspruchsvolle Gruppe an, die noch weiß, was Qualität bedeutet.” Die liege einerseits darin, dass die Schuhe nicht nur geklebt, sondern genäht sind. Und sie verstecke sich in ihrem Innenleben. „Goodyear-Verfahren” nennt er das Auffüllen der Sohle mit einer weichen Korkmischung. Diese passe sich durch Druck und Wärme beim Tragen der Form des Fußes an: „So wird der Stiefel wie maßgeschneidert.” Gegen 20 Prozent Aufpreis wird der Stiefel auch außen den Wünschen des Kunden angepasst. Cardell schätzt, dass rund ein Drittel Sonderbestellungen sind. Für die kommende Kollektion, durch den Vorlauf im Modebusiness sprechen wir vom Frühjahr 2008, plant Cardell Stiefel mit Swarovski-Emblemen. Je ausgefallener die Schmuck-Details, desto besser. Das gilt auch beim Leder: „Ist das nicht traumhaft weich? Das ist Nubuk von einer Baby-Python”, sagt Cardell schwärmerisch und prüft mit flinken Fingern die lange, anschmiegsame Schlangenhaut. Python, Haifisch, Krokodil – Exotik-Leder steht bei Tony Mora hoch im Kurs. Bezogen werden die edlen Häute aus Züchtungen, die meisten davon in Indonesien.

Für alle, die vorausschauend kaufen möchten, verrät er uns den Stiefel-Trend für den kommenden Winter: viel Schwarz und Braun, kombiniert mit Rot und Weiß, abgerundete Spitze. Und: hohe Absätze!