In einem Laden ist die Hose zu weit, im nächsten viel zu eng,
obwohl sie doch beide Größe 38 sind. Das Shoppen wird bei solchen
Unterschieden leicht zum Ärgernis. Nicht nur, weil bei der Suche
nach dem begehrten Kleidungsstück viel Zeit verloren geht: Oft
kommt obendrein Frust auf, wenn in einem anderen Geschäft selbst
mit Luftanhalten auch bei Größe 40 nichts zu machen ist. Vor allem
Frauen beschleicht da das Gefühl, sie seien zu dick.
In Spanien soll damit nun Schluss sein. Gesundheitsministerium,
Modeketten und die Textilindustrie haben sich auf die Einführung
einheitlicher Damen– Konfektionsgrößen geeinigt. Die Vereinbarung
dient auch dem Kampf gegen Magersucht und Bulimie. Eine Konsequenz:
Magere Schaufensterpuppen werden aus den Läden verbannt. „Es darf
nicht sein, dass Schönheitsideale wie extreme Schlankheit und ewige
Jugend verbreitet werden, die nicht nur von der Wirklichkeit weit
entfernt sind, sondern auch noch krank machen können”, sagt
Gesundheitsministerin Elena Salgado.
Die Initiative sieht deshalb auch vor, dass Schaufensterpuppen
künftig mindestens der Größe 38 entsprechen müssen. Außerdem werden
Kleidungsstü cke der Größe 46 nicht länger als „Sondergrößen” oder
„Mode für Mollige” ausgezeichnet, was manche als diskriminierend
empfanden.
Der Initiative haben sich große Modeketten wie Zara und Mango,
die auch in Deutschland vertreten sind, angeschlossen. Auch
Cortefiel, der Kaufhauskonzern El Corte Inglés, die
Modedesigner-Vereinigung und der Textilverband machen mit. Sie
repräsentieren etwa 80 Prozent der Mode– und Bekleidungsbranche
Spaniens.
Ärzte und Ernährungsexperten begrüßten die Vereinbarung. „Frauen
werden von dem psychologischen Druck befreit, den die Werbung mit
Magermodels und irrealen Schönheitsidealen bringt”, sagt Jesús
Román Martínez, Präsident der Gesellschaft für Endokrinologie. Die
Verbraucherverbände kritisieren schon lange, dass einige Hersteller
ihre Ware absichtlich falsch auszeichneten, um Kasse zu machen. In
einigen Läden würden Kleidungsstücke mit der Größe 36 verkauft, die
eigentlich der Größe 34 oder gar 32 entsprechen. Magersüchtigen
Mädchen werde so der Eindruck vermittelt, mit ihnen sei alles in
Ordnung.
Manchen Verbraucherschützern geht die Initiative allerdings
nicht weit genug, denn sie basiert auf einer freiwilligen
Selbstkontrolle. Strafen für Verstöße gibt es nicht. Nachdem im
vergangenen Jahr bereits Hungermodels von spanischen Laufstegen
verbannt worden waren, sei dies ein weiterer wichtiger Schritt,
heißt es beim Selbsthilfeverband gegen Magersucht und Bulimie
(Adaner). „Aber auch in der Werbung muss mehr getan werden, damit
Frauen, die wegen ihrer extremen Schlankheit krank aussehen, nicht
als das Ideal von Gesundheit und Schönheit angepriesen werden.”
Bevor die Vereinbarung im nächsten Jahr umgesetzt werden kann,
gilt es zunächst, die Konfektionsgröße der
„Durchschnitts-Spanierin” zu bestimmen. Dazu sollen in den
kommenden Wochen 8500 Freiwillige zwischen zwölf und 70 Jahren im
ganzen Land in speziellen Laserkabinen vermessen werden.
Auch für Männer soll es diese einheitlichen Größen irgendwann
geben, kündigte das Ministerium an. Dem Schaufensterpuppen-Vorbild
mit Waschbrettbauch und kräftigem Bizeps entsprechen die meisten
Herren der Schöpfung schließlich auch nicht.
Bei Deutschlands traditionellem Puppenhersteller, der Moch
Figuren GmbH in Köln, hält man den Schlag gegen die Mager-Puppen
für überflüssig. Man produziere sowieso keine extrem dünnen
Schaufensterpuppen, sagt Chef Josef Moch. „Eine Schaufensterfigur
ist ein überzogenes Kunstobjekt. Und ich glaube, letztlich will
niemand so aussehen wie eine Schaufensterpuppe.”(dpa)
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