So viel Presse gab es auf Mallorca selten. Die offizielle
Präsentation der durch Miquel Barceló neu gestalteten
Sankt-Peters-Kapelle La Santisima in der Kathedrale von Palma
geriet zum Medienereignis. Was kein Wunder ist, denn die Kapelle
ist ein Jahrhundertwerk, gedacht für die Ewigkeit, genauso wie die
nun 700 Jahre alte Kathedrale selbst. An diesem Freitag, 2.
Februar, wird das Werk im Beisein des spanischen Königs eingeweiht,
ebenso wie die Calatrava-Ausstellung im Museum Es Baluard
(S.46).
Die Arbeit in der Kapelle besteht aus drei Teilen, wenn auch
Barceló selbst sagt, alles sei eine Einheit: fünf rund 15 Meter
hohe Glasfenster, drei rechts, eines in der Mitte und eines links.
Die Wände wurden mit rund 300 Quadratmeter Keramik – insgesamt mehr
als 2000 Einzelmodule – ausgekleidet. Dazu kommt das Mobiliar, je
eine lange Bank rechts und links in der Kapelle, ein Altar, ein
Lesepult, ein Stuhl. Schlicht, einfach, gerade, aus glattem Marmor,
ohne jeden Schnörkel und bestechend in ihrer Klarheit.
Die zwölf Meter hohen Glasfenster erstaunen auf den ersten
Blick. Barceló hat mattes, schlichtes Grau gewählt, bewusst
gewählt, um das diffuse Licht des Meeres unter der Wasseroberfläche
zu symbolisieren. „Graues Licht ist perfekt, um die Natur zu sehen.
Das hat schon Cézanne gesagt”, erklärt Barceló. „Es ist ein Licht,
wie es in gotischen Kathedralen in Frankreich oder Deutschland
durchaus üblich ist.”
Im Übrigen ist das kühle Licht ein bemerkenswerter Kontrast zu
den übrigen Farben der Keramiken. Das Motiv im Hauptfenster ist der
Baum der Erkenntnis; in den Seitenfenstern wiederholt es sich, wenn
auch nur sparsam angedeutet. Barceló macht darauf aufmerksam, dass
in der Form des Baumes auch die Form der Rückengräte eines Fisches
versteckt ist. Womit er beim Thema seiner Keramiken ist: Christi
wundersame Vermehrung von Brot und Fisch, wie im Evangelium des
Matthäus geschildert. Die in der Bibel erwähnten 5000 Gläubigen,
die kamen, um Jesus predigen zu hören, kommen bei Miquel Barceló
nicht vor, sind aber immer präsent. Wirklich zu sehen ist
fruchtbare Fülle von Fisch und Brot. Und von allem, was die Erde
den Menschen beschert. Angefangen von Plankton und Algen auf dem
Meeresgrund über Fische und andere Meerestiere bis zu Brot und
Feldfrüchten. Der Meeresfisch wird zur Speise, das Brot zu Nahrung
und Fruchtbarkeit. Darüber ein strahlender Himmel.
Hier ist der ganze Kosmos versammelt; hier ist mediterranes
Lebensgefühl eingefangen. Alles symbolisiert auch Mallorca, ist in
den Farben der Insel gehalten – Ocker, Rot, Gelb, Blau, Grün –,
Farben, wie Miró sie malte.
Die Christusfigur in der Mitte unter dem Hauptfenster ist kein
über dem Kosmos thronender Herrscher, sondern eine schmale, nur
angedeutete Figur: Gottes Sohn, der zu den Menschen gesandt wurde,
um sie zu erlösen. Die hellen, klaren Farben stehen für Reinheit.
Ein Kreuz gibt es nicht. Aber alles atmet Hoffnung und
Lebenswillen. Wie es die christliche Botschaft will.
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