Von der Landstraße Palma-Manacor aus ist der Metallbau deutlich
zu sehen. Auch nachts – wenn an dem 50 Meter hohen Doppelturm in
Sekundenschnelle vier weiße Lichter aufblitzen, wie dies seit
einigen Wochen der Fall ist. Hier draußen am ausgefransten
Stadtrand zwischen Ikea und dem Flughafen Son Sant Joan errichtet
der Energieversorger Gesa-Endesa ein Kraftwerk, das von seiner
technischen Ausstattung her zu den fortschrittlichsten in ganz
Europa zählt. Es kombiniert zur Stromerzeugung einen
konventionellen Kreislauf, bei dem fossile Brennstoffe zum Einsatz
kommen, mit einem zweiten Wärmekreislauf per Wasserdampf. Dadurch
fällt die Energieausbeute deutlich höher aus. „Cas Tresorer”, wie
die Anlage heißt, ist ein wichtiges Standbein für die künftige
Energieversorgung der Insel.
Cas Tersorer bedeutet so viel wie das Haus des Schatzmeisters.
Offenbar hatte auf dem einst fruchtbaren Bauernland ein reicher
Finanzbeamter sein Landgut. Mittlerweile sieht es dort längst nicht
mehr idyllisch aus. Palma wächst, die gesamte Insel hat einen
unstillbaren Hunger nach Energie. Auch aus diesem Grund soll von
2011 an ein Meereskabel Strom vom Festland nach Mallorca
befördern.
Zurück zum Cas Tresorer: Seit August vergangenen Jahres rotieren
dort zwei gigantische Turbinen aus dem Hause General Electric mit
einer Leistung von jeweils 70 Megawatt. Angetrieben werden sie von
Diesel-Heizöl. Wenn die geplante Gaspipeline Mallorca ab 2008 mit
dem Festland verbindet, werden die Turbinen auf Erdgas umgestellt.
Das hat zwei Vorteile: Zum einen ist natürliches Erdgas deutlich
kostengünstiger, zum anderen entstehen beim Verbrennen weniger
Rückstände, sagt Enrique Álvarez, Technischer Leiter in Cas
Tresorer. „Es verbrennt sauberer.”
Für den Hinterkopf: Damit die gewaltige Turbine zur
Stromerzeugung volle Leistung erbringt (2500 Umdrehungen in der
Minute), müssen pro Sekunde fünf Liter Dieselöl verfeuert werden.
Zwei riesige Öltanks mit je sechs Millionen Liter Fassungsvermögen
sorgen dafür, dass genug Treibstoff vorhanden ist.
Die Energieausbeute aus dem Verfeuern des Dieselöls (ab 2008
Gas) liegt den Angaben zufolge bei 36 Prozent. Dabei entsteht
reichlich Hitze, die man künftig in einem nachgeschalteten
Wasserkreislauf nutzen will. Mit der Abwärme soll eine Dampfturbine
aus dem Hause Siemens angetrieben werden. Dadurch erhöht sich die
Energieausnutzung des fossilen Energieträgers auf 70 Prozent.
Vielmehr sei derzeit kaum zu erreichen.
Noch laufen in Cas Tresorer nur die beiden konventionellen
Turbinen. An allen Ecken und Enden sind jedoch Bauarbeiter am
Werkeln. Die Wasserdampfturbine wird derzeit installiert. Sie soll
erstmals im Juli rotieren.
Die kombinierte Stromerzeugung mit Gas– und Wasserdampfturbinen
wird nach Angaben der Gesa auch im Kraftwerk Son Reus die Zukunft
sein. Dort sollen zwei Dampfturbinen zum Einsatz kommen. Derzeit
wird dort wie in Cas Tresorer Dieselöl verfeuert. Son Reus ist von
der erzeugten Strommenge her das größte Kraftwerk der Insel, es hat
das 1960 errichte Kohlekraftwerk Es Murterar in Alcúdia
überflügelt. Im Klartext: Nahezu jede Glühlampe auf der Insel wird
mit Öl oder Kohle zum Leuchten gebracht.
Dieser Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist sich die
Balearen-Regierung durchaus bewusst. Der verabschiedete Plan zur
Förderungen der erneuerbaren Energien (PIER) sieht einen deutlichen
Ausbau der Nutzung von Sonnenlicht und Windkraft bis 2015 vor. Als
der PIER im Jahre 2004 verabschiedet wurde, lag der Anteil der
erneuerbaren Energien bei 3'2 Prozent. Das Ziel für 2015 lautet 7'8
Prozent. „Wir wollen vor allem verwahrloste Flächen wie aufgegebene
Steinbrüche oder Deponien sowie etwa die Dächer von Industrie– und
Gewerbehallen nutzen, um dort Fotovoltaik-Zellen zur Stromgewinnung
aus Sonnenlicht zu installieren”, heißt es im Energieministerium.
Allein im vergangenen Jahr hat sich die installierte
Fotovoltaik-Kapazität auf den Inseln von 3'5 auf 6'5 Millionen Watt
nahezu verdoppelt.
Laut Gesa wurden 2006 auf Mallorca eine Million Kilowattstunden
Sonnenstrom produziert, 2005 waren es 0'6 Millionen. Es gab 46
Einspeiser.
In der Nutzung der Sonnenwärme für Heißwasser sind die Balearen
spanienweit pro Kopf ohnehin Spitzenreiter. Das liegt vor allem an
den vielen Hotels. Wer dort heiß duscht, wäscht sich mit
„sonnenerwärmten Trinkwasser.
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