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Sabine L. versteht die Welt nicht mehr. In ihrem unüberhörbaren Berliner Dialekt versuchte die 42-Jährige am Freitag die Sicherheitsmitarbeiter an Palmas Flughafen davon zu überzeugen, dass sie unmöglich ohne ihr Neccessaire in die Maschine nach Schönefeld steigen könne. Aber alle Überredungsversuche scheiterten. Nicht nur aus sprachlichen Gründen.

Seit 6. November gilt europaweit ein neues Sicherheitsgesetz, das die Mitnahme von Flüssigkeiten und Cremes jedweder Art nur bis zu einem Volumen von 100 Milliliter pro Tube oder Fläschchen erlaubt. Außerdem müssen die Utensilien in einen verschließbaren Plastikbeutel passen, der lediglich ein Fassungsvermögen von einem Liter hat. Sabine L. blieb nur die Wahl, ihre teuren Parfums wegzuwerfen oder die Beine unter den Arm zu klemmen, um das kleine Köfferchen noch aufzugeben. Fluchend entschied sie sich für einen Sprint.

Sabine L. ist nicht die Einzige, die von den neuen Paragraphen immer noch überrascht wird. Aber sie befindet sich in der absoluten Minderheit. Die allermeisten Passagiere am Airport Son Sant Joan wissen längst um die neue Gesetzeslage und haben Zahnpasta, Rasierwasser und Deoroller bereits separat eingetütet oder erst gar nicht im Handgepäck verstaut.

„Keine nennenswerten Probleme” ließ die spanische Flughafenbehörde über ihre Pressereferentin in Palma sieben Wochen nach dem Inkrafttreten der neuen Regelung auf Anfrage verlauten. Selbst an den „Großkampftagen” im Rahmen der Weihnachtsfeiertage habe es wenig Aufregung gegeben.

Auch die Mallorca anfliegenden deutschen Fluggesellschaften geben Entwarnung. Das zunächst befürchtete Chaos ist ausgeblieben. „Alles normal und ohne Probleme, keine Verspätungen aufgrund der veränderten Lage”, so der Tenor. „Wir haben nicht mehr Beschwerden als vorher”, sagt LTU-Sprecher Marco Dadomo. Und es würden auch nicht mehr Passagiere als sonst ihre Flüge verpassen. „Außerdem wissen die Fluggäste, dass weder die Reiseveranstalter noch die Airlines etwas für die verschärften Kontrollen können.”

„Alles reibungslos”, heißt es bei Hapag Lloyd Express, und auch bei Thomas Cook (Condor) registriert man die geänderten Bedingungen mit Gelassenheit. „Die Menschen sind überwiegend gut informiert und erfahren in der Regel nicht erst bei der Sicherheitskontrolle von der neuen Gesetzeslage”, so Unternehmensprecherin Nina Dumbert.

„Im Prinzip verlief bisher alles recht unproblematisch”, sagt auch der Air-Berlin-Chef für Spanien und Portugal, Alvaro Middelmann. Vor allem Geschäftsleute, die meist ausschließlich mit Handgepäck fliegen, hätten sich schnell auf die neue Situation eingestellt.

Natürlich gebe es hinsichtlich der strikten Sicherheitsmaßnahmen gespaltene Meinungen. Und mancher finde das neue Gesetz übertrieben und unangemessen, zumal es ja auch haarklein angewendt werde. „Ich kann schon verstehen, dass jemandem, der eine halbvolle 125-Milliliter-Tube wegwerfen muss oder eine originalverpackte Wasserflasche nicht mitnehmen darf, dasselbe Fläschchen aber zehn Meter weiter für teures Geld wieder kaufen kann, die Maßnahmen nicht logisch erscheinen.” Aber generell sei natürlich alles zu befürworten, was die Sparte Transportwesen sicherer mache. „Wenngleich in diesem Zusammenhang erwähnt werden muss, dass vor allem der Flugverkehr von der globalen Terrorangst wie kein anderes Transportmittel betroffen ist.” Die meisten Passagiere zeigten Verständnis und beschwerten sich nicht bei den Kontrolleuren. „Die tun schließlich nur ihren Job, und das wissen unsere Fluggäste auch.”

Das Ende der Spirale in Sachen Flugsicherheit ist mit den seit November angewandten Paragraphen jedoch noch lange nicht erreicht. Schon für 2008 sieht ein neues Gesetz die Trennung von „guten” EU-Passagieren und „verdächtigen” Nicht-EU-Reisenden auf den europäischen Flughäfen vor. Kurioserweise werden davon ausgerechnet auch diejenigen betroffen sein, die in Sachen Sicherheit weltweit als Vorreiter gelten. Selbst US-Bürger werden dann in Europa genauer durchleuchtet.