Natürlich ist die berühmte Serigrafie „Marilyn” vorhanden; auch
die Campbell's Suppendosen sind da. Dennoch bietet die neue
Ausstellung im Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst Es
Baluard weitaus mehr von und über Andy Warhol, als gemeinhin
bekannt ist. Die Exponate stammen aus den Jahren zwischen 1957 und
1986 – es ist also eine Retrospektive im Kleinformat.
„Wir haben das ,Gold Book' von Warhol aus dem Jahr 1957 an den
Anfang eines möglichen Rundgangs gestellt. Es wurde in New York
gezeigt und war der Beginn des Erfolgs”, erklärt
Ausstellungskurator Gianfranco Rosini. „Hier verwendete er zum
ersten Mal die später berühmt gewordene ,Blotted Line', sogenannt
nach der unterbrochenen gepunkteten Umrisslinie in dieser von
Warhol entwickelten Drucktechnik.”
Gleichzeitig weist Rosini darauf hin, dass alle Arbeiten aus dem
Gold Book Unikate sind, denn sie wurden immer nachbearbeitet. „Im
,Gold Book' sind schon alle Motive enthalten, die er später immer
wieder verwendet hat: Porträts und Selbstporträts, Schuhe, Blüten,
Akte, Blumen, Früchte”, sagt Rosini. Und zum Beweis hängt gleich
daneben die Lithografie „Flowers” (1964).
„Ladies & Gentlemen” heißt eine Reihe von zehn Serigrafien
aus dem Jahr 1975 – schräge, überpointierte Porträts von Frauen:
Janis Joplin etwa oder Liz Taylor. Der einzige Mann in der Reihe
ist Mick Jagger – als Frau verkleidet. „Die Serie ist artverwandt
mit dem Bild ,Drag Queen' aus dem gleichen Jahr und den
Warhol–Fotografien von Christopher Markos, die alle von Warhol
signiert wurden. Hier zeigt sich deutlich, wie feminin er in seinem
Wesen war, völlig unabhängig von seiner Homosexualität”, sagt
Rosini.
Und er weist auf die engen Beziehungen Warhols zur Pop– und
Rockszene der 60er und 70er Jahre hin: die Plattencover für „Velvet
Underground” und „Sticky Fingers” der Rolling Stones mit dem
Originalreißverschluss sind auch im Original vorhanden.
Bezeichnenderweise stammt der Druck „Double Elvis” aus dem
Privatbesitz des italienischen DJs Red Ronnie.
Die zehn unterschiedlichen Campbell's Suppendosen wurden, so die
Ausstellungskoordinatorin Charo Sanjuán, genauso gehängt, wie
Warhol es immer gewollt hatte: eng beieinander, so dass der Effekt,
den Werbung auf die Psyche des Menschen hat, nachvollzogen werden
kann. Ergänzt wird die Serie durch Campbell's Suppen auf Kleidern
und Einkaufstüten.
„Serielle Produktion und beliebige Vervielfältigung waren
Warhols Markenzeichen”, sagt Rosini. „Bei lebenden Personen
allerdings fertigte er stets Unikate, wie bei den Porträts von
Vincente Minnelli und Liza Minnelli. Außer die Dargestellten gaben
ihm die ausdrückliche Genehmigung zur Serie, wie Jane Fonda.” Auch
das Porträt von Mildred Scheel ging in Serie. Warhol fertigte es
ohne jedes Honorar, um die Ehefrau des deutschen
Ex–Bundespräsidenten bei der Gründung der Deutschen Krebshilfe zu
unterstützen.
Besonders eindrucksvoll sind die Schwarz–Weiß– Fotos des 1950 in
Rom geborenen Fotografen Dino Pedriali. Sie zeigen Warhol in vielen
verschiedenen Facetten und Lebenssituationen – mit Freunden, beim
Bad in der Menge, beim Rasieren, im Schlaf. Die schrillen,
glänzenden, provokanten Aspekte des Andy Warhol treten dabei völlig
in den Hintergrund.
„Er war eben auch ein verletzlicher Mensch”, sagt Charo Sanjuán.
„Vor allem deswegen, weil seine kontinuierliche Selbstinszenierung
Teil seines Lebenswerkes war.”
Andy Warhol im Museum
Es Baluard, Palma, Plaça
Porta Santa Catalina.
Geöffnet bis zum 14. Januar täglich von Dienstag bis
Samstag von 9 bis 20 Uhr.
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