Es kann kein Zufall sein, dass auf dem Stadtwappen von Porreres
zwei zwitschernde Vögel zu sehen sind. Porreres, mit etwa 5000
Einwohnern im Inselinneren gelegen, ist eine sehr musikalische
Stadt. Sie hat die älteste, bis heute bestehende Stadtkapelle
Mallorcas, die „Filharmònica Porrerenca”, die in diesen Tagen ihren
150. Geburtstag feiert.
„Es gab doch damals in den Dörfern der Insel nicht viel
Abwechslung. Die Leute arbeiteten, spielten am Abend manchmal
Karten in der Dorfbar, gingen am Sonntag in die Kirche, feierten
ihre Fiestas und arbeiteten wieder. Das war alles”, erzählt Tofol
Font, Präsident der Kapelle. „So wurden in jener Zeit in vielen
Dörfern und Kleinstädten Musikorchester gegründet. Unser Orchester
aber hat sich durchgehend bis heute gehalten, auch während
politischer Krisenzeiten wie die Weltkriege oder dem spanischen
Bürgerkrieg.”
Man ist mächtig stolz in Porreres auf die „Filharmònica” und
begeht das Jubiläum entsprechend aufwendig. Am Samstag, 3. Juni,
gastiert der katalanische Liedermacher Lluís Llach in Porreres und
wird von der Stadtkapelle begleitet. Und das, obwohl er erst
kürzlich seinen Rückzug von der Bühne mit einer Spanien–Tournee
zelebriert hat. „Die Mutter von Lluís Llach stammt aus dem Dorf
Porrera in der Provinz Tarragona, der Partnerstadt von
Porreres.”
Es wurde eine vielseitige Festschrift herausgegeben; ein
Kalender für dieses Jahr enthält viele historische Fotos aus dem
Archiv. Man hat eine CD mit den populärsten Musikstücken
aufgenommen, ein DVD ist in Arbeit.
Der erste „große Auftritt” der 1856 von dem Dorfpriester Jaume
Mulet i Escarrer gegründeten Kapelle war im Jahr 1858 anlässlich
der Fiesta Puríssima Concepció. Jaume Mulet dirigierte selbst. „Es
hat sich alles nach und nach entwickelt”, sagt Tofol Font. „Die
Geschichte der Kapelle ist auch die Geschichte unseres Dorfes. Nur
einige wenige unserer Musiker sind nicht in Porreres geboren. Die
meisten Familien leben seit Generationen hier.”
Es ist ein Leben zwischen Arbeit und Musik; immerhin probt das
Orchester mindestens zweimal pro Woche. Zur Zeit, in der
Vorbereitung für das große Konzert auch viermal. „Früher haben wir
zu vielen Gelegenheiten gespielt: Marschmusik, wenn der
Bürgermeister zur Kirche ging, oder wenn es einen offiziellen
Besuch gab; zu den Fußballspielen, zum Stierkampf, zu Karneval, zu
den Osterprozessionen und zu Weihnachten in der Kirche. Außerdem
zum Tanz bei den Fiestas.” Entsprechend groß ist bis heute das
Repertoire, obwohl zu den Fiestas längst Rockgruppen oder
Tanzorchester engagiert werden. Aber mindestens ein Konzert zur
Fiesta de San Roque im August gibt es immer noch. „Dann wird jedes
Haus, in dem ein Musiker wohnt, mit einer der Orchesterfahne
beflaggt. Alleine in meiner Straße gibt es drei dieser
Flaggen.”
45 Mitglieder hat die „Filharmònica” heute. Es werden
fast ausschließlich Blasinstrumente gespielt: „Die Klarinette
ersetzt uns die Geigen sehr gut. Seit einiger Zeit haben wir
allerdings einen Cellisten.” Gut die Hälfte der Orchestermitglieder
sind Frauen. „Die ersten Frauen begannen vor gut 20 Jahren im
Orchester zu spielen. Damals waren gar nicht alle damit
einverstanden, denn Musik war zuvor ausschließlich Männersache.
Aber heute wissen wir: Ohne die Frauen ginge gar nichts.”
Die Musiker kommen aus allen Berufen, sind Schüler und
Studenten, Elektriker, Maler, Rentner, Lehrer; es gibt auch einige
Profis, die am Konservatorium unterrichten. Und sie kommen aus
allen Altersklassen. „Mein Sohn”, sagt Tofol Font, der Schlagzeug
spielt, „wird schon bald dabei sein, er ist ja schon zehn.” Klar,
die „Filharmònica Porrerenca” hat nicht nur eine stolze
Vergangenheit, sie hat auch Zukunft.
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