Vor 20 Jahren sah die Lage noch ganz anders aus als heute. Nicht
selten erkundigten sich deutsche Residenten und Urlauber auf
Mallorca verunsichert nach der medizinischen Versorgung auf der
Insel, fast so, als sei die Region Entwicklungsland auf diesem
Gebiet. Viele Zugezogene trauten den spanischen Medizinern nicht,
Sprachbarrieren taten ihr übriges. Deutsche Ärzte waren im
Vergleich zu heute rar gesät, Gemeinschaftspraxen gab es gar
nicht.
Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Seit Anfang der 90er
Jahre ist das Angebot an medizinischer Versorgung durch deutsche
Ärzte auf Mallorca stetig gestiegen. Hochqualifizierte „Aussteiger”
kamen auf die Insel, die Neubauten von Privatkliniken wie Juaneda
oder Clínica Palmaplanas entsprechen modernstem europäischen
Standard.
In den letzten Jahren waren Gemeinschaftspraxen der große Trend.
Und er hält offenbar an. Die jüngste Kooperation heißt Alphaclinic
und sitzt seit dem 20. März in der Clínica Palmaplanas. Drei
deutschsprachige Ärzte umfasst die Praxis bisher, die erste, die
ihre Behandlungsräume direkt in einer Klinik eröffnete. Das habe
nicht nur für die Ärzte, sondern vor allem für die Patienten enorme
Vorteile, erklärt Urologe Markus Künkel. Einrichtungen wie
Röntgenabteilungen oder Labore lägen gleich nebenan, nicht alle
privaten Gemeinschaftspraxen könnten dies bieten. Patienten hätten
kurze Wege und dadurch schnellere Untersuchungsergebnisse. Die
Ärzte der Alphaclinic seien außerdem digital mit allen Abteilungen
der Palmaplanas verbunden und hätten so schnellen Zugriff auf
Patientendaten.
Künkel, der seine Praxis aus der Carrer Unión in die Klinik
Palmaplanas verlegt hat, sitzt dort zur Zeit mit zwei Kollegen.
Auch der Orthopäde Fernando Mu- ñoz Gomez war von den Vorteilen der
neuen Gemeinschaft überzeugt und wechselte vom Ärztehaus Palma in
die neuen Räume am Camí dels Reis. Nicht nur Kostenersparnis habe
ihn zu diesem Schritt bewogen, vor allem sei es wichtig, den
Patienten durch die Infrastruktur der Klinik besten Service zu
bieten.
Dritter im Bunde ist der Internist Markus Fisser, der außer in
der Alphaclinic auch weiterhin im Centro Médico Son Caliu
praktizieren wird. Geplant seien außerdem die Aufnahme eines
Gynäkologen, eines HNO-Arztes sowie eines plastischen Chirurgen, so
Fisser, maximal aber sechs bis sieben Kollegen.
Einer der ersten deutschen Ärzte, die auf Mallorca die Idee der
Gemeinschaftspraxis umsetzten, war Rainer Büngeler. Der Internist
eröffnete 1987 zunächst alleine seine Praxis in Peguera. Zu dieser
Zeit ließen sich auf Mallorca nur wenige deutsche Ärzte nieder,
unter ihnen Dieter Uckermann in Palma. Nach fünf Jahren tat sich
Rainer Büngeler, der vor zwei Jahren verstarb, erstmals mit
Kollegen zusammen, und es entstand das Deutsche Facharztzentrum,
das heute seinen Sitz in Santa Ponça und Peguera hat. Büngelers
Idee erwies sich als erfolgreich, heute arbeiten sechs Ärzte
verschiedener Fachrichtungen Hand in Hand, unter ihnen Andreas
Leonhardt. Der Facharzt für innere Medizin kam aus Starnberg nach
Mallorca, und bietet heute zusammen mit seinen Kollegen einen
Komplettservice mit eigenem Labor und einer Röntgenabteilung.
In den 90er Jahren folgten dann immer mehr Mediziner dem
„Mallorca-Ruf”, und zwar, so Johannes Wiesholler, nicht immer aus
wirtschaftlichen Gründen. „Viele Zuwanderer kamen aus gutgehenden
Praxen oder leitenden Positionen auf die Insel, heute fliehen sie
vor Gesundheitsreform und Bürokratie-Flut”, erklärt der Internist.
Er selbst arbeitet seit 2002 im Ärztehaus Palma, das 1996 von
HNO-Arzt Thomas Eigel und zwei weiteren Kollegen gegründet wurde
und ebenfalls noch wachsen soll. Etwa zur gleichen Zeit entstand
auch das internationale Facharztzentrum Porto Pi, das der Internist
Michael Springer zusammen mit drei Kollegen ins Leben rief und in
dem heute ein Dutzend Mediziner arbeitet. Die Clínica Picasso kam
2002 hinzu, nachdem Thomas Eigel sich mit Achim Noack und dem
Internisten Luai Chadid zusammengetan hatte. Heute gehört die
Praxisgemeinschaft um Eigel mit Niederlassungen in Palma und
Portals Nous zu den größten auf der Insel.
Über die Gründe für die Kooperation mit Kollegen sind sich alle
einig: Kostenersparnis bei Miete, Werbung oder Personal sei ein
wichtiger Faktor, aber auch die engere Zusammenarbeit mit Ärzten
anderer Fachrichtungen. Hauptklientel, so erklärt Markus Künkel,
seien deutsche und englische Residenten. Spanier sind rar gesät,
was auch daran liegt, dass die meisten Praxen nur mit privaten
Versicherungen zusammenarbeiten. Medizinisches Entwicklungsland ist
Mallorca jedenfalls keineswegs, und das Angebot an deutschen
Medizinern auf der Insel steigt weiter.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.