Nach seinen Eindrücken von der Berlinale befragt, von der er
gerade zurückgekehrt ist, antwortet Lou Binder: „Ich habe mich
gewundert, dass achtzig Prozent der Zeit über Hartz IV gesprochen
wurde!” Als künstlerischer Leiter der Mallorca Film Academy in
Palma kann er die Nöte seiner Zunft zwar gut verstehen: „Die
Filmindustrie fällt unter dieses Gesetz. Da wird eine große
Kreativität zerstört.” Andererseits, findet er, sollte es doch
wenigstens bei diesem Anlass um eine Sache gehen: den Film.
Lou Binder selbst hat dieses Thema zu seiner Lebensaufgabe
gemacht. An die 70 Stunden verbringt er in der Woche in der
Filmakademie, plant und organisiert die Veranstaltungen, stellt
Kontakte her und gibt selber Kurse in Regie und Schauspiel. Im März
feiert die Mallorca Film Academy (MFA) ihr einjähriges Bestehen,
der 37jährige ist mit der Startphase mehr als zufrieden: „Wir haben
über 150 überaus positive Rückmeldungen bekommen. Dass unser
Angebot so schnell angenommen wird, hat uns überrascht!”
Schaut man sich das Kursangebot der Akademie an, verwundert die
breite Akzeptanz weniger: Von Regie über Kamera, Schnitt,
Produktion, Drehbuch bis hin zum Schauspiel deckt die Einrichtung
alle entscheidenden Facetten des Mediums Films ab. Und das mit
großer Fachkompetenz.
Zum Gründungsbeirat gehören Film-Profis wie Dieter Wedel, Detlev
Buck und Hannes Jaenicke, auch die Liste der Referenten ist
hochkarätig: Doris Dörrie (Drehbuch), Dominik Graf (Regie) oder
Oliver Schütte, der demnächst (13.–21.4.) einen Drehbuch-Kurs
anbietet. Ein weiteres Highlight winkt im März, wenn der US-Coach
Bernhard Hiller – er unterrichtet Hollywoodgrößen wie Cameron Diaz
und Richard Dreyfuss – einen Workshop in der MFA leitet
(21.–25.3.).
In Lou Binders Kalender stehen noch weitere wichtige Termine. Im
März findet das zweite „MFA Planet Europe Short Film Festival”
statt, zu dessen Sponsoren auch die Akademie gehört (siehe unten).
Was den studierten Politologen besonders freut: Der Film „Wasp”,
der 2004 beim Kurzfilm-Festival in Palma den ersten Preis bekam,
ist jetzt in der Kategorie „Bester Kurzfilm” für den Oscar 2005
nominiert.
Lou Binders Erfolgskonzept scheint aufgegangen zu sein:
„Mallorca bietet nicht nur viele reizvolle Locations für die
Filmarbeit, die Insel hat auch logistisch viele Vorteile und ist
schnell zu erreichen.” Vor allem schätzt er die Distanz der Insel
zu den Alltagssorgen, die die Studenten sonst umgeben. Wie Hartz IV
zum Beispiel. „Dann kann auch die Kreativität besser fließen”,
meint Lou Binder. „Es ist eben etwas anderes, wenn man an einem Ort
lebt, wo abends getanzt statt gejammert wird!”
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