Eine Momentaufnahme vom borne, wie er sich diese Woche bot. Sie
dokumentiert die aktuellle Problematik der Hauptflaniermeile von
Palma: eine Straße im Belagerungszustand, eine Straße im Umbruch in
eine ungewisse Zukunft.
Zunächst die Fakten. Sei dem 17. September lässt die
Stadtverwaltung die ,, gute Stube" Palmas renovieren. Bis Ende
dieser Woche pflastern Bauarbeiter die stadteinwärts führende
rechte Spur neu. Sie ist derzeit für den Verkehr gesperrt und soll
das auch in Zukunft überwiegend bleiben. Nur Anwohner und
Lieferanten sollen sie benutzen dürfen. Daher lässt die Verwaltung
Poller instalieren, die man mit einer Berechtigungskarte im Boden
versenken kann. Damit nicht genug. Gleichzeitig wurde die Mauer
zwischen der Fußgängerzone in der Mitte und der rechten Fahrbahn an
fünf Punkten durchbrochen, um dem Borne mehr Großzügigkeit zu
verleihen.
Ab Januar gehen die Bauarbeiten dann auf der linken Straßenseite
weiter. Alller Wahrscheinlichkeit nach wird die Fahrbahn dort
weiterhin zweispurig verlaufen. Ganz im Sinne der Geschäftsleute am
Borne.
,,Das bedeutet eine große Aufwertung fur das Gebiet", sagt Frank
Reich, Vizedirektor der Immobilienagentur ,,Engel & Völkers".
Überhaupt stünden die Geschäftsleute hinter den Plänen der
Stadtverwaltung. ,,Wir haben ein Interesse daran, das der Borne
eine Schönheit erlangt, die er verdient."
In dasselbe Horn bläst Carolina Domingo, Mitinhaberin des
Schmuckladens ,,Tous" und Präsidentin der Vereinigung der
Geschäftsleute am Borne. ,,Wir sind zufrieden, weil endlich etwas
passiert," sagt sie. ,,Wir kämpfen seit Jahren darum." In die
Genugtuung mischt sich die Hoffnung, dass die Renovierung des Borne
nicht das Ende des Liedes sein wird. ,,Der Borne sollte auch vom
Angebot her attraktiver werden", wünscht sich etwa Mario Mazola,
Mitinhaber von ,,Tous" und Ehemann von Carolina. Vorstellbar seien
etwa mehr Bestuhlungsmöglichkeiten im Freien für Cafés und
Bars.
Auch Pedro Sampol, Betreiber des Café Solleric, kann sich
weitere Maßnahmen vorstellen, um den Borne aufzuwerten. ,,In den
vergangenen Jahren ist die Kundschaft weniger geworden", beklagt
er. ,,Gut wäre es, wenn es hier //mehr Bars und Cafés gäbe, um
Leute anzulocken.” Er hätte es sich auch vorstellen können, den
Borne in eine reine Fußgängerzone zu verwandeln. Marisol Sanabria,
Präsidentin der Anwohnervereinigung, sieht das genauso. „Die
Mehrheit der Anwohner wäre dafür.” Man sei aber zufrieden, dass der
Verkehr reduziert wird. Vorher habe man den Paseo gar nicht mehr
genießen können. „Aber eigentlich reicht das nicht, um dem Borne
seinen alten Charakter wiederzugeben.”
Die Anregungen sind nur die Spitze eines Eisberges aus Wünschen,
Hoffnungen, Unzufriedenheit und Sorgen um die einstige
Prachtstraße, die sich während der vergangenen Jahre angesammelt
haben. Denn Fakt ist, dass der Borne schon mal bessere Zeiten
gesehen hat als heute. Viel bessere.
Wirft man einen Blick auf die Geschichte dieser Hauptschlagader
Palmas, bietet sich einem das Bild von einer Prachtstraße, auf der
sich ganz Palma oft und gerne aufhielt. Der Borne war ein
Treffpunkt für Literaten, Maler und Honoratioren der Stadt, die die
zahlreichen Kaffeehäuser bevölkerten. „Abends nach sechs war dort
immer ein unglaubliches Gedränge”, erinnert sich etwa der Fotograf
Josep Planas Montanyà, als er 1945 nach Palma kam. „In den 50ern
und 60ern war auf dem Borne ein einziges Flanieren angesagt”, kann
sich auch Tabakhändler Toni Roig Novell an die Hochzeit des
Boulevards erinnern.
Es folgte eine Phase des Niedergangs, als sich in der einstigen
Prachtstraße Souvenirgeschäfte und Billigläden breitmachten. Ende
der 90er Jahre wandelte sich der Borne erneut. Viele Fassaden der
ehrwürdigen Altstadtpaläste wurden renoviert, elegante Geschäfte
eröffneten. Es war wieder in, am Borne präsent zu sein.
In den vergangenen Jahren allerdings verlor die Entwicklung am
Borne an Schwung. Positiv ausgedrückt. Kritiker sprechen gar von
einem schleichenden Niedergang, dass viele Palmesaner die Straße
heute links liegen ließen und dass diese Entwicklung, so sie nicht
aufgehalten wird, den Borne in die Bedeutungslosigkeit führe.
Mag sein, dass diese Sicht zu pessimistisch ist. Die
Geschäftsleute und Anwohner des Borne vermitteln auf jeden Fall ein
anderes Bild. Frank Reich von „Engel & Völkers” etwa spricht
höchstens von einer gewissen „Stagnation”, allerdings auf hohem
Niveau, das sich an einem stetigen Anstieg der Immobilienpreise in
der Zone bemerkbar mache. Reich nennt die Zahl von jährlich 8 bis
15 Prozent auf derzeit 3000 bis 4000 Euro pro Quadratmeter
Geschäftsfläche, im Ausnahmefall bis 4500 Euro.
Auch Carolina Domingo sieht bereits eine Besserung am Horizont.
Zum Beispiel in Gestalt der schwedischen Bekleidungskette
„H&M”, die aller Wahrscheinlichkeit nach in etwa einem halben
Jahr am Borne eine Filiale eröffnet und von der man eine Aufwertung
der Straße erwartet.
Ob das allerdings genügt, um die Gegend zwischen der Plaza de la
Reina und der Plaza Joan Carles I aus ihrem Dornröschenschlaf zu
reißen? Wer dieser Tage über den Borne bummelt, gewinnt den
Eindruck, dass hier die Zeit teilweise stehen geblieben ist.
Sichtbarstes Beispiel ist „Can Alomar”, ein alter Stadtpalast an
der Ecke Sant Feliu, der seit Jahren leersteht und vor sich
hinvegetiert.
Er befindet sich im Besitz der Deutschen Susanne Kaiser, die vor
ein paar Jahren hier ein Kasino unterbringen wollte. Der Plan
scheiterte jedoch damals. Neuesten Gerüchten zufolge ist jetzt
geplant, eine Galerie zu er- öffnen. Näheres war nicht zu
erfahren.
Dem Borne wäre zu wünschen, dass dies nicht nur ein Hirngespinst
ist. Denn während in der benachbarten Straße Jaime III das pralle
städtische Leben herrscht, tobt auf dem Borne nicht gerade der Bär.
Ob allerdings die Renovierungsmaßnahmen der Stadtverwaltung für
eine Kehrtwende sorgen, mag bezweifelt werden. Irgendwie wirkt das
Ganze auf den Betrachter wie Oberflächenkosmetik.
Kritiker sprechen von „Flickwerk” und befürchten in den
kommenden Jahren einen Reigen von kleineren Renovierungsarbeiten,
anstelle eines großen Wurfs. Wie es anders geht, zeigt ein
Ideenwettbewerb der Architektenkammer von Palma, dessen Ergebnisse
unter dem Titel „Del Borne al mar” noch bis zum 12. Dezember im
Ausstellungspalast Casal Solleric zu sehen sind.
In den 29 Projekten zeigen die Architekten, wie sie sich einen
Borne der Zukunft vorstellen: als Fenster zum Meer und als
lebendige Stätte der Begegnung. Einziges Manko des Wettbewerbs: Die
Verwaltung zeigte sich beratungsresistent und machte keinen Hehl
daraus, dass sie an ihren Plänen festhalten möchte. Die Diskussion
um den Borne wird das nicht beenden.
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