Die Stadt Palma ist auf dem besten Weg, das Babylon des
Mittelmeerraums zu werden. Wem diese Entwicklung beim täglichen
Streifzug durch die Balearenmetropole noch nicht auffiel, bekam es
vor wenigen Tagen schwarz auf weiß: „Die Zahl der Ausländer stieg
innerhalb eines Jahres um 20 Prozent”, titelten die regionalen
Tageszeitungen. Das Einwohnermeldeamt hatte seine Zahlen
veröffentlicht und am 1. Januar des Jahres insgesamt 52.455
gemeldete Nicht-Spanier gezählt. Damit ist etwa jeder Siebte von
den 380.000 Einwohnern Palmas Ausländer.
Spanienweit wird der Zustrom aus dem Ausland weiter anhalten,
glauben die Verfasser einer Einwanderungsstudie, die der spanische
Sparkassenverband FUNCAS kürzlich veröffentlichte. Danach werden 15
Prozent der Bevölkerung im Jahre 2010 einen ausländischen Pass
haben, gut doppelt so viele wie derzeit. Auf den Balearen ist
dieser Wert vermutlich schon erreicht, wenn auch nicht durch
offizielle Zahlen bestätigt. Nach der Erhebung des spanischen
Statistikamts INE betrug der ausländische Bevölkerungsanteil zum 1.
Januar 2003 13'37 Prozent. Über die Dunkelziffer schweigen sich die
Statistiker freilich aus.
Nicht so Marlen Perea und auch nicht Catalina Terrassa. Erstere
ist Präsidentin des balearischen Verbands diverser
Immigrantenvereinigungen (FAIB) und glaubt, dass bürokratische
Hürden so manchen Zuwanderer vom Gang zum Einwohnermeldeamt
abhalten. „Ohne Mietvertrag ist oft nichts zu machen”, erklärt die
47-jährige peruanische Sozialarbeiterin, „aber den hat nur der
Hauptmieter.” Vor allem Zuwanderer aus Entwicklungsländern teilten
sich die hohen Mietkosten in Palma aber mit mehreren Mitbewohnern.
„Und die bleiben dann auf der Strecke.”
Catalina Terrassa sieht das anders. Sie ist Stadträtin für
Infrastruktur und nach ihrer Version ist das Gros der Einwanderer
im Rathaus gemeldet, „schon deshalb, weil sie damit Zugang zu
Gesundheitssystem und Schulwesen haben”. Die Zahl der
Nichtgemeldeten hält sie daher für sehr gering.
Einig sind sich die beiden Frauen, dass insbesondere in den
vergangenen drei Jahren „der Zuzug spektakuläre Ausmaße annahm”.
Terrassa erkennt in dem für Spanien noch jungen Phänomen in erster
Linie eine Gefahr für die Haushaltskasse. So lange es für alle
Neuankömmlinge Arbeit gibt, sei alles kein Problem, ja, dann
erführe die Gesellschaft gar eine „kulturelle Bereicherung”.
Fehlten aber Jobs, dann „fallen sie der Gesellschaft zur Last”.
Noch sei das nur bedingt der Fall. Allerdings, so die
Kommunalpolitikerin, stehe die Stadtverwaltung vor allem bei
Wohnraum, Schule und Gesundheitswesen vor großen Herausforderungen.
Für April hat Palma eine Mietoffensive für Einkommensschwache
angekündigt. „Dabei übernehmen wir gegenüber dem Vermieter die
Garantie des Mietzinses”, sagt Terrassa.
Nach Auffassung von Sozialarbeiterin Perea beginnen Politik und
Gesellschaft erst jetzt allmählich, sich mit dem Phänomen
Zuwanderung zu befassen. „Dabei zeichnete sich diese Entwicklung
seit Jahren ab.” Was noch immer fehle, sagt die FAIB-Präsidentin,
seien Antworten. Beispielsweise auf die triviale Frage, wo die
Ausländer ihre Freizeit verbringen sollen. „Den Spanier zieht es in
die Bar, der Südamerikaner lädt seine Freunde gerne nach Hause
ein”, gibt Perea einen Einblick in das unterschiedliche
Sozialverhalten, „doch da gibt es wegen der Wohnungsnot kaum
Platz.” Mit der Folge, dass sich ganze Kollektive auf öffentlichen
Plätzen versammeln. „Und das führt wiederum zu Spannungen mit den
Anwohnern.”
Bei der Integration von Ausländern „gibt es keine großen
Probleme”, sagt die Infrastruktur-Beauftragte Terrassa, und will
dafür ein untrügliches Zeichen erkannt haben: „Die Zahl der
Mischehen nimmt ständig zu.” Nur mit der Eingliederung von Menschen
aus islamischen Ländern gebe es bisweilen Schwierigkeiten. Die
Peruanerin Perea glaubt bei nicht wenigen Einheimischen eine
ablehnende Haltung ausgemacht zu haben. Da werde um Schulplätze und
Jobs gebangt. „Doch ohne Immigrantinnen bei der privaten
Altenbetreuung wären die spanischen Frauen heute nicht im Job,
sondern zu Hause bei der kranken Mutter”.
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