Auf Mallorca scheinen die Uhren oftmals anders zu gehen, das ist
auch beim Thema Müll so. Zur Verteidigung der Politiker muss vorab
aber fairerweise gesagt werden, dass sie um das Abfall-Management
von jährlich etwa zehn Millonen Touristen plus Bevölkerung wahrlich
nicht zu beneiden sind. Urlauber hinterlassen nicht nur bunte
Euro-Scheine, auch wenn sich das so manch einer wünscht.
Mit dem neuen 90 Millionen Euro teuren Umwelttechnologie-Park
glauben die Inselpolitiker in die europäischen
Entsorgungs-Avantgarde aufgestiegen zu sein. Man klopft sich
gegenseitig auf die Schulter. Die Anlage strotzt derart vor
modernem Gerät, dass das Volk daran teilhaben soll. Angesichts der
bislang mageren Recyclingquoten bleibt die Hoffnung, dass es
zumindest eine Investion in die Zukunft ist. Denn momentan liegen
die Kapazitäten bei der Trennung weit über dem angelieferten
Nachschub aus den Recyclingtonnen. Ganz anders verhält es sich mit
den beiden Brennöfen. Die sind seit Jahren derart ausgelastet, dass
in Kürze der Bau eines dritten beschlossen wird.
Da liegt der Verdacht nahe, dass es so mancher Politiker mit der
Mülltrennung und dem Recyceln trotz schöner Worte nicht ganz so
ernst nimmt. Wie soll man sonst verstehen, dass in 22 Stadtviertel
in Palma noch immer die gelbe Tonne fehlt? Noch erschreckender ist
das jahrelange Wegschauen der Politiker in der Baubranche. Dabei
hinterlässt dieser Sektor dreimal so viel Abfallvolumen wie der
Rest der Insel. Statt umweltgerecht entsorgt zu werden, landen
Holz, Beton, Lacke und vieles mehr noch immer in stillgelegten
Steinbrüchen. Es grenzt schon an Dreistigkeit, jetzt mit
geschwellter Brust zu verkünden, sechs Trennungsanlagen seien
derzeit im Bau. Vor giftigen Gasen strotzende Steinbrüche wie Can
Set hinter der Playa de Palma hätten man mit einem Mindestmaß an
Voraussicht vermeiden können.
So sehr der neue Umwelttechnologie-Park auch geprießen wird,
schon bald könnte das moderne Abfall-Management völlig andere Wege
gehen. In Nordeuropa sehen Experten die klassische Mülltrennung,
die beim Verbraucher mit manueller Vorselektion beginnt, vor dem
technischem KO. Vieles deutet darauf hin, dass der Fortschritt
wieder zurück zur Einheitstonne führen wird. Somit hat man auf
Mallorca vielleicht nicht lange genug gezögert. Welch Ironie!
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