Es gibt sie noch, die Wachstumssparten in der von
Wirtschaftskrise und Kriegsangst gebeutelten Tourismus-Branche. Das
Passagieraufkommen der auf dem deutschen Markt aktiven
Kreuzfahrtunternehmen ist im Jahr 2002 im Bereich Hochsee um 9'2
Prozent auf 428.412 gewachsen, bei der Flussschifffahrt stieg die
Zahl der Kunden um 2'2 Prozent auf 221.038. Das ist das Ergebnis
der Studie „Der Kreuzfahrtenmarkt Deutschland”, die Alf Pollak und
Gaby Pollak-Lenke für den Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter
Verband DRV erstellt haben.
Danach ist das Aufkommen des Marktes insgesamt um 6'7 Prozent
auf 649.450 kreuzfahrende Kunden gewachsen. Auch der Umsatz stieg
kräftig: und zwar um 13'8 Prozent auf 1'14 Milliarden Euro, wobei
mit 878'8 Millionen Euro (plus 12'6 Prozent) der Löwenanteil auf
die Hochseeschifffahrt entfällt.
Von den guten Ergebnissen des deutschen Cruise-Marktes dürfte
auch Mallorca etwas abbekommen haben. Nach den Zahlen der
Hafenverwaltung Autoridad Portuaria ging zwar die Zahl der
Aufenthalte von Schiffen mit Basishafen Palma um 3'8 Prozent auf
231 zurück, dafür stieg die Zahl der durchfahrenden Cruiser um 21'7
Prozent auf 230. Stark nach oben gegangen sind die Passagierzahlen
auf Mallorca. Mit 178.798 stiegen 22 Prozent mehr Gäste einem
Schiff mit Basishafen Palma zu; die Zahl der Passagiere, die in
Palma Station machten, wuchs um 28'9 Prozent auf gut 300.000.
Wie Richard Vogel, Vorsitzender des DRV-Ausschusses Schifffahrt,
bei der Vorstellung der Studie in Berlin erklärte, ist das Wachstum
durch eine massive Kapazitätszunahme um 30 Prozent zustande
gekommen. Freilich war 2002 auch für die deutsche
Kreuzfahrtindustrie „ein schwieriges Jahr, das unter dem Einfluss
einer Reihe negativer Faktoren stand”.
Dazu zählen die stagnierende Entwicklung der Wirtschaft und
steigende Arbeitslosigkeit, die Nachwirkungen des 11. September,
anhaltende Kriegsgefahr im Nahen und Mittleren Osten, Terror
(Djerba, Bali, Kenia) und die Steuerdiskussion. So musste die
erhöhte Kapazität auch mit „Aktionspreis-Maßnahmen in bisher
unbekanntem Umfang” in den Markt gedrückt werden.
Der Hochsee-Kreuzfahrer ist laut Studie im Schnitt 49'6 Jahre
alt. Die durchschnittliche Reisedauer beträgt zehn Tage, drei
Viertel aller Kreuzfahrten werden im Reisebüro gebucht. Der
durchschnittliche Tagespreis liegt bei 203 Euro. Dabei ist bei
Paketreisen der Anreisepreis eingerechnet. Laut Vogel wird die
Kreuzfahrt „immer pauschaler”, und ähnlich wie bei der
Veranstalterreise buchen die Kunden auch Seereisen immer
kurzfristiger. Mittlerweile machen die Reedereien etwa 30 Prozent
ihres Umsatzes bis zu drei Monate vor der Abreise.
Der Anteil der Gäste, die im Luxus– (über 250 Euro pro Tag) oder
Premium-Segment (176 bis 250 Euro) reisen, ist von 11'3 auf 15'6
beziehungsweise von 23'4 auf 33'6 Prozent gestiegen. Demgegenüber
ist der Markt für den Budget-Bereich (75 bis 125 Euro) leicht von
20'1 auf 18'7 Prozent gesunken, der Anteil der Standard-Klasse (126
bis 175 Euro) von 45'2 auf 32'1 Prozent.
Mit Abstand am beliebtesten sind Kreuzfahrten im Mittelmeer. Die
Zahl der Passagiere stieg 2002 von 136.000 auf fast 178.000. An
zweiter Stelle folgen nordische Länder mit 70.000 (2001: 59.000)
Kunden, die die Karibik/USA mit 69.500 (94.400) knapp überholt
haben. Der Rückgang der Fernreise ist laut Vogel ein Effekt der
politischen Weltlage.
So schwierig diese Lage Prognosen macht, der
DRV-Ausschussvorsitzende Vogel, der bei Seetours („Aida”-Flotte,
„Arosa-Blu”) als Vicepresident für Marketing zuständig ist, gibt
sich für dieses Jahr „vorsichtig optimistisch”. Diese Einschätzung
teilt er mit der Mehrheit der von den Autoren der Studie befragten
Kreuzfahrtunternehmen.
Für 2003 erwarten neun von elf nationalen Anbietern eine Zunahme
bei Umsatz und Passagieraufkommen, zwei rechnen mit Stagnation. Von
den 20 internationalen Anbietern sehen 16 ein Plus, drei keine
Veränderung und ein einziger ein Minus voraus.
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