Tausende von Menschen auf Mallorca haben sich am Donnerstag den
weltweiten Protesten gegen den Ausbruch des Krieges im Irak
angeschlossen. Zwischen 1000 und 2500 Oberschüler sind um 12.30 Uhr
in einem Protestzug durch Palma marschiert. Dabei kam es zu
Verkehrsbehinderungen. Beim Vorbeimarsch an der Parteizentrale der
PP warf ein junger Mann zwei Scheiben ein. Bereits vor der
Schüler-Demo hatten 1500 Studenten der Balearen-Universität fünf
Schweigeminuten als stummen Protest eingelegt.
Für 19 Uhr, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, hatte die
Plattform gegen den Krieg zu einer Demonstration in Palma
aufgerufen. Beim letzten Protestzug dieser Art, der am Sonntag
stattfand, hatten 20.000 Menschen teilgenommen. Vier Wochen zuvor
demonstrierten 40.000 Teilnehmer gegen einen Krieg im Irak, die
größte Demo aller Zeiten auf den Balearen.
Eine überwältigende Mehrheit der Spanier lehnt den Krieb ab.
Nach einer Gallup-Umfrage vom Januar sind 74 Prozent total dagegen,
einen von der UNO sanktionierten Angriff würden lediglich 13
Prozent der Befragten unterstützen, nur vier Prozent stehen hinter
einem US-Alleingang.
Der Vertreter der spanischen Zentralregierung auf den Balearen,
Miquel Ramis, erklärte, dass es auf dem Archipel „keine
unmittelbare Bedrohung” durch Terrorakte gebe. Gleichwohl sind auch
hier die Sicherheitsvorkehrungen erhöht worden, Details wollte
Ramis nicht bekanntgeben. Er sprach lediglich davon, dass die
Maßnahmen eines speziellen Sicherheitsplans „dem Inselcharakter
entsprechen”. Man kann davon ausgehen, dass Nationalpolizei und
Guardia Civil verstärkt auf die Infrastrukturen achten werden, die
für die Insel und ihre Versorgung lebenswichtig sind, also
Flughafen, Hafen und E-Werke.
Vorsorglich hat das spanische Innenministerium für alle
Nationalpolizisten und Zivilgardisten eine Urlaubssperre verhängt,
wie die Tageszeitung „El Mundo” meldet. Danach müssen alle Beamten
24 Stunden am Tag erreichbar sein.
Die Bewachung der US-Konsular-Agentur in Palma ist gleichfalls
verstärkt worden. Bis auf weiteres müssen sich die Polizisten
jedoch nicht um die Sicherheit von US-Militärs kümmern. Laut Miquel
Ramis gibt es zurzeit keine Pläne, dass die USA Einrichtungen auf
den Balearen für ihre Truppen nutzen will. Beim Golfkrieg 1991 sind
sowohl Kriegsschiffe als auch Flugzeuge der Air Force auf Mallorca
versorgt worden.
Angesichts der totalen Unterstützung der US-Politik durch den
spanischen Ministerpräsidenten Aznar ist zu erwarten, dass eine
Genehmigung für die Nutzung balearischer Einrichtungen durch die
Madrider Regierung nur Formsache wäre. Ramis will nicht
ausschließen, dass nach dem Ende der Kampfhandlungen
US-Kriegsschiffe auf Mallorca haltmachen, um den Besatzungen ein
paar Urlaubstage zu gönnen; auch das ein bereits nach dem '91er
Golfkrieg übliches Vorgehen.
Die balearische Regionalregierung hat ihre ablehnende Haltung
zum Irak-Krieg bestärkt. Die sozialdemokratische Partei auf den
Balearen, der auch Ministerpräsident Francesc Antich angehört, hat
am Donnerstag angekündigt, in allen Gemeinden der Inselgruppe
Eilanträge gegen den Krieg einzubringen. Darin soll die spanische
Zentralregierung aufgefordert werden, den US-Streitkräften die
Nutzung militärischer Einrichtungen, Flughäfen und Hafenanlagen in
Spanien zu untersagen.
Antich hat ein Krisenkabinett einberufen, das am Donnerstag
erstmals zusammentrat. Es soll die Situation im Irak und mögliche
Auswirkungen auf die Balearen analysieren. Zu dem Gremium gehören
neben dem Kabinettschef der Staatskanzleichef im Ministerrang
Antoni Garcías, Vizepräsident und Wirtschaftsminister Pere Sampol,
Innenminister Josep Maria Costa, Tourismusminister Celestí Alomar
und Arbeitsminister Miquel Rosselló.
Die spanische Beteiligung an dem Krieg hält sich unterdessen in
engen Grenzen. Der spanische Ministerpräsident José María Aznar hat
angekündigt, das insgesamt 900 Soldaten „in humanitärer Mission” an
den Golf verlegt werden. Eine Flottille aus drei Schiffen hat den
Marschbefehl erhalten und soll in 14 Tagen im Einsatzgebiet
ankommen. Ein 14-köpfiges Vorauskommando des 11. Pionierregiments
aus Salamanca ist bereits abgeflogen, insgesamt sollen 50 Soldaten
an den Golf.
In Bagdad halten sich immer noch sechs Spanier freiwillig als
„menschliche Schutzschilde” auf, darunter aber keiner der
Mallorquiner, die an den Golf gereist waren.
Der Deutschlandbesuch des spanischen Kronprinzen Felipe ist
wegen des Kriegsausbruches um einen Tag verkürzt worden. Der
Thronfolger sagte eine für Donnerstag geplante Stippvisite nach
Dresden ab und kehrte nach Spanien zurück.
Kein Kommentar
Um einen Kommentar schreiben zu können, müssen Sie sich registrieren lassenund eingeloggt sein.
Noch kein Kommentar vorhanden.