Man stelle sich mal vor, die bayerischen Abwanderer würde man in
Berlin als Immigranten bezeichnen. Ministerpräsident Stoiber würde
wohl das weiß-blaue Kriegsbeil ausgraben.
Nichts anderes passiert aber auf den Balearen, wo der
Gleichheitsgrundsatz anscheindend etwas missverstanden wird. In
einer neuen Studie heißt es, in sieben Jahren sei jeder zweite
Einwohner ein „Inmigrante”, Einwanderer also. Da mag so mancher
alteingesessene Inselbewohner vor Schreck zusammenzucken. Noch mehr
Ausländer. Das Befremdliche an der Handhabung solcher Zahlen ist,
dass die etwa 250.000 vom Festland zugezogenen Spanier auch als
„Inmigrantes” gelten. Wie Marokkaner, Argentinier und Deutsche –
alle schön in einen Topf. Noch brauchen sie zumindest keine
Aufenthaltsgenehmigung. Da fragt man sich, ob diese Einstellung von
der Angst herrührt, seine Identität zu verlieren, oder schlicht
Folge eines begrenzten Horizonts ist.
Apropos Aufenthaltsgenehmigung. Inzwischen längst ein Reizwort,
das es eigentlich nicht mehr geben sollte. So schnell Spanien die
Subventionsanträge für Brüssel auszufüllen versteht, bei der
Umsetzung der Freizügigkeitsregelung hinkt es jahrelang hinterher.
Zum großen Ärgernis Tausender EU-Bürger.
Manchmal möchte man den Menschen hier einfach laut ins Ohr
brüllen: Wacht auf, das ist Europa! Mit der Einwanderung eröffnen
sich neue Kulturen, Sichtweisen, Freundschaften zwischen Völkern.
Allerdings wird man den Eindruck nicht los, dass entscheidende
Teile der hiesigen Bevölkerung das Phänomen Einwanderung noch immer
als Gefahr sehen. Als Antwort fällt ihnen nichts Besseres ein, als
per Dekret die katalanische Sprache hochleben zu lassen. Wo bleibt
das Recht, sich der Sprache zu bemächtigen, die man wünscht? Auch
scheint man zu vergessen, dass der Sprung aus der wirtschaftlichen
Steinzeit in die Moderne innerhalb von drei Jahrzehnten ohne fremde
Investionen und Arbeitskräfte nicht möglich gewesen wäre.
Bald sind Wahlen, und damit hat jeder angemeldete EU-Bürger das
Recht, seine Meinung zur Integrationspolitik auszudrücken. Macht er
sein Kreuz bei einer der zahlreichen Regionalparteien, muss der
damit rechnen, dass der Kreuzzug gegen alles Nichtmallorquinische
weitergeht. Jetzt hat also jeder Einzelne von uns das Wort!
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