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Ein Staatsoberhaupt ist ein Staatsoberhaupt, und man kann nicht ohne weiteres damit angeben wollen, dass man zu seinem Bekanntenkreis zählt. Aber es ist nun mal einer der vielen Vorteile der Demokratie, dass ein Politiker zum Staatsoberhaupt avancieren kann, den man unter ganz anderen Umständen kennen gelernt hat. Die Bekanntschaft mit Johannes Rau habe ich im Jahre 1985 gemacht, als ihm wohl die bitterste Stunde seiner politischen Karriere unmittelbar bevorstand. Er, der erfolgreiche Ministerpräsident von Nordrhein–Westfalen, der seit dem Beginn seiner politischen Tätigkeit vom Erfolg verwöhnt war, wurde 1985 zum Kanzlerkandidaten der SPD für die Bundestagswahl von Januar 1987 nominiert, die er verlieren sollte.

Ich war damals Vorsitzender der spanischen sozialdemokratischen Partei PSOE auf den Balearen, und als solcher wurde ich zum Parteitag der nordrhein–westfälischen SPD, zu der ich gute Kontakte hatte, als Vertreter einer „Bruderpartei” eingeladen, wie das unter Sozialdemokraten üblich ist. Wir hatten 1983 die Wahlen zum ersten Landtag der autonomen Region der Balearen verloren, bei denen wir sicher waren, dass wir den Sieg davon tragen würden. Ich übermittelte dem Genossen Rau die innigen Wünsche der balearischen Sozialdemokraten für einen Sieg bei der Bundestagswahl. Aber es half nicht. Rau verlor, wie wir verloren hatten.

So etwas verbindet, und seitdem habe ich die politische Karriere von Johannes Rau mit großem Interesse, wenn auch aus der Ferne verfolgt. Und das heißt auch, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, als er zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gekürt wurde. Um so mehr freute es mich dann auch, dass er seinen Staatsbesuch in Spanien mit einem Abstecher nach Mallorca abschließen wollte und dass ich in die Vorbereitungen und Durchführung dieses Besuches einbezogen wurde.

Ich habe dadurch einen Politiker näher kennen gelernt, der auch als Inhaber des höchsten Staatsamtes der Bundesrepublik Deutschland ein „normaler” Mensch geblieben ist und weiterhin den Eindruck vermittelt, als sei er immer noch in der Politik mit der gleichen Gesinnung und von den gleichen hehren Idealen beseelt, die ihn im Jahre 1958 beflügelten, als er als Vorsitzender der Jungsozialisten seiner Heimatstadt Wuppertal zum ersten Mal als Abgeordneter in den Landtag von Nordrhein–Westfalen einzog. Dass er auch noch die Sensibilität bewiesen hat, in seiner Rede vor 300 geladenen Gästen aus der mallorquinischen Gesellschaft und Vertretern der deutschen Residenten auf Mallorca genau den richtigen Ton zu treffen und die wichtigsten Anliegen, die uns im Augenblick bewegen, zukunftsweisend zu behandeln, erhöhte nur noch die Hochachtung, die ich für ihn empfinde.

Man wird es mir deshalb sicher verzeihen, dass ich diese Begegnung auch dazu genutzt habe, ihn an unser erstes Zusammentreffen vor 17 Jahren zu erinnern und ihm das Bild zu zeigen, das damals von uns gemacht wurde. „Herr Bundespräsident”, habe ich ihm gesagt, „damals waren wir jung und schön, und jetzt sind wir nur noch schön!” Und er hat mir spontan entgegnet: „Was Sie damals nötig hatten, war ein Friseur!” Recht hatte er.